Zukunftsoffensive der Kriminalpolizei

20.02.2024

Projekt KriBe 5.0 – Bewertung des BDK
Kriminalpolizei

Der BDK Rheinland-Pfalz hatte die Gedanken einer sich zunehmend verändernden Kriminalität bereits im Papier „Zukunftsoffensive Kriminalpolizei Rheinland-Pfalz“ 2021 zusammengefasst (https://www.bdk.de/der-bdk/landesverbaende/rheinland-pfalz/grundsatzdokumente ).

Das Ministerium griff diese Grundüberlegungen damals auf, da auch dort erkannt wurde, dass sich Kriminalität und damit auch die Kriminalpolizei in einem Wandel befindet. Die Folge dieser Entwicklung war die Einrichtung der AG Kriminalitätsbekämpfung (AG KriBe) mit dem Ziel, Befunde zu erheben, die aufgrund der dynamischen Veränderungen entstehen und Empfehlungen zur Fortentwicklung und Stärkung der Kriminalpolizei zu entwickeln. Ein erster Schritt dieser AG bestand somit in der Erhebung der bestehenden und zukünftigen Problemfelder.

Es ist wenig erstaunlich, dass die meisten Problemfelder, die der BDK im Zukunftspapier skizziert hat, auch in der AG erkannt und abgearbeitet wurden. Auch wurde bestätigt, dass sich viele dieser Problemfelder überschneiden bzw. eng miteinander verbunden sind.

Die AG KriBe beendete ihre Arbeit Ende 2023. Die Umsetzung der erarbeiteten Vorschläge erfolgt aktuell durch das Projekt KriBe 5.0. Im Folgenden möchten wir den aktuellen Stand der vom BDK erkannten Themen und ihrer möglichen Entwicklung darstellen.

Organisationsentwicklung
Sowohl der BDK als auch die AG KriBe stellten fest, dass die Organisation verändert werden muss. Die Organisationsreformen aus den Jahren 1993/97 waren kriminalgeografisch geprägt. Durch die rasante Zunahme digitaler Straftaten können kriminalgeografische Aspekte alleine nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium sein.

Das aktuell diskutierte Organisationsmodell ist ein Kompromiss unterschiedlicher, teilweise sehr intensiver Diskussionen. Allen Überlegungen kann bescheinigt werden, dass diese auf fundierten Überprüfungen und Fakten basieren.

Allein die Tatsache, dass man sich intensiv mit der Kriminalpolizei beschäftigt, war mehr als überfällig und ist schlussendlich ein Erfolg des BDK.

Im Gegensatz zu den Sparbemühungen im Jahr 2012, bei denen ausschließlich die Kriminalpolizei Veränderungen über sich ergehen lassen musste, war die Einrichtung der AG KriBe nicht hiervon gelenkt. Von Beginn an wurde zugesagt, dass es nicht um Stelleneinsparungen geht. Hier wurde Wort gehalten. Die Stellen im Bereich A 13 K bleiben landesweit gleich, im Bereich A 12 K ist ein minimaler Zuwachs vorgesehen.

Leider hat das Ministerium die Chance der „Einlinienkriminalpolizei“ verpasst. Sowohl der BDK als auch die AG KriBe hatten diesen Vorschlag unterbreitet. Zu Beginn war der Widerstand hierzu zu groß. Im Nachhinein stellten eine Vielzahl von Verantwortlichen in der Polizei fest, dass dies der richtige Weg gewesen wäre. Das Organisationsmodell hätte auf diesem Weg durchaus eine andere Form einnehmen können. Eine solche Kurskorrektur ist überfällig. Wir hoffen, dass dieses Thema im Rahmen der Evaluation nochmal ernsthaft aufgegriffen wird.

Personal bei der Kriminalpolizei
Die Forderung nach mehr Personal für die Kriminalpolizei wurde in der AG aufgegriffen. Dort stellte man fest, dass sich das Personal bei S seit 2013 um 254 Beamte erhöht hat, wogegen bei K das Personal nicht angewachsen ist.

Hierzu ist anzumerken, dass dieses vom BDK formulierte Problem zügig durch das Ministerium aufgegriffen wurde und im Rahmen eines Sonderprogramms ab 2021 Personal zugewiesen wurde. In diesem Zusammenhang kommt auch der AG PVM Bedeutung zu. Die AG PVM kam zu dem Fazit, dass der Personalbestand der Kriminalpolizei am Zuwachs der Gesamtorganisation teilhaben muss. Aktuell wird der Personalbestand der Kriminalpolizei aufgrund des Votums der AG KriBe um weitere 50 Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen erhöht.
Unabhängig davon müssen die regionalen Polizeipräsidien in Zukunft dafür Sorge tragen, dass eine homogene Personalausstattung bei K sichergestellt wird.

Dabei wird insbesondere das Personal der neu eingerichteten ZAb mindestens hälftig von „S“ zu stellen sein und darf nicht dem Personal „K“ angerechnet werden. Aus Sicht des BDK ist nur so eine spartenübergreifende und moderne Aufgabenerledigung zukunftsorientiert möglich.

Aus- und Fortbildung/Direkteinstieg in die Kriminalpolizei
In diesem Punkt legte sich die AG sehr frühzeitig fest und bestätigte die Position des BDK, der seit Jahren die Abkehr der Einheitsausbildung forderte.  Es wurde seitens der Landesregierung beschlossen, die Ausbildung umzustellen. Ziel ist es gerade in Zeiten rückläufiger Bewerberzahlen auch damit zu werben, dass Rheinland-Pfalz die Kriminalpolizei direkt ausbildet. Wie der Minister in seinem Mitarbeiterbrief von Dez. 2023 mitteilte, erwartet er den Direkteinstieg zu K über das Studium ab Oktober 2024.
Nach diesen positiven Entwicklungen spricht sich der BDK ausdrücklich gegen die Entwicklung aus, dass Studierende künftig mit gleichem Dienstgrad in Uniform ihr Studium absolvieren sollen. Vielfalt muss sich auch bei der Polizei wiederfinden.

Belastungen bei der Kriminalpolizei erkennen und  honorieren/  Zulagenwesen
Tatort ist nicht nur sonntags – ein passender Slogan, mit dem der BDK seit geraumer Zeit auf die Situation der Entwicklung der Kriminalität und den Rahmenbedingungen der Kriminalpolizei aufmerksam macht.
Die kriminalpolizeiliche Arbeit ist in den vergangenen Jahren auf allen relevanten Ebenen einem enormen Wandel ausgesetzt. Die rechtsstaatliche Beweisführung und Verurteilung ermittelter Tatverdächtiger bindet Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaften zunehmend.
Es gilt die kriminalpolizeilichen Herausforderungen und Entwicklungen sehr viel besser transparent und mit den notwendigen Rahmenbedingungen im personellen, technischen und strategischen Bereich auszustatten, damit man für die Zukunft der Kriminalitätsbekämpfung aufgestellt ist.

Die AG hat hierzu folgendes festgestellt:

Die unterschiedlichen Aufgabenbereiche der Kriminalpolizei, „Ermittlungen“ und “Ermittlungs- und Einsatzunterstützung“ führen zu spezifischen physischen bzw. psychischen Belastungen. Die Arbeitsgruppe spricht sich als Ausgleich erlebter Erschwernisse für den Ausbau der bestehenden Supervisionsangebote und Etablierung als standardisierter Prozess sowie die Gewährung aufgabenspezifischer Sonderurlaubsansprüche für besonders belastende Tätigkeiten, vorrangig für die Bekämpfung der Kinderpornographie aus.

Ausgleiche für spezielle Belastungen können auch die Attraktivität der Kriminalpolizei steigern.

Das im Schichtdienst vorhandene Zulagenwesen sowie die kostenfreie Nutzung des Bahnverkehrs sind u.a. Gründe, warum es weiterhin schwer ist Personal zu einem Wechsel zur Kriminalpolizei zu bewegen.
Mit der Politik werden von Seiten des Projektes diese attraktivitätssteigernden Maßnahmen diskutiert. Wesentliche Prüffelder sind die Gewährung von Kleidergeld, kostenlose Nutzung ÖPNV, Supervision im Bereich KiPo sowie Gewährung von Sonderurlaub in bestimmten Bereichen sowie die Vergütung anfallender Bereitschaftszeiten.  Ergebnisse hierzu stehen aus. Der BDK fordert die Umsetzung dieser Aspekte.

Beförderungsmöglichkeiten/ Fachkarriere
„Ein Mehr an Belastung, ein Mehr an Spezialisierung und ein Mehr an Flexibilität erfordert bessere Beförderungsmöglichkeiten bei der Kriminalpolizei“, so die klar formulierte Position des BDK im Hinblick auf die Beförderungsmöglichkeiten im Land.
Der Forderung des BDK nach einer Anhebung der Sachbearbeiterstellen der Kriminalpolizei auf ein Beförderungsamt nach A 12 bzw. eine Anhebung bestimmter K-Leiter- und Vertreterstellen wurde von Seiten des Ministeriums eine klare Absage erteilt.

Aufgrund der Organisationsveränderung wurden nun mehr Fachbereichsleitungen abgebildet. Dadurch wurde der Forderung nach Fachkarrieremöglichkeiten ein erster vorsichtiger Weg geebnet. Weitere Schritte hierzu sind jedoch notwendig.
Im Zuge der Umorganisation werden im ersten Schritt Inspektionsleiterstellen am Standort der Kriminaldirektionen auch mit gehobenem Dienst besetzt werden müssen. Die dauerhafte Übernahme von A 15'er Stellen durch A 13'er aus dem gehobenen Dienst ist nicht hinnehmbar. Hierzu fordert der BDK seit Jahren mehr Kolleginnen und Kollegen von K für den höheren Dienst auszubilden. In der Zwischenzeit bleibt der BDK bei seiner Forderung nach dem Bewährungsaufstieg in den höheren Dienst, bei Übernahme von Leitungen aller Kriminalinspektionen durch bewährte Beamte des gehobenen Dienstes.

Stellenbewertungen
Der Kern der Forderungen des BDK zur Stellenbewirtschaftung ist eine klare Abkehr von der „Topfwirtschaft“. Diese verursacht die teilweise lange Wartezeiten von Beförderungen im Bereich der Funktionsstellen A12/A13. Es ist den Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern schwer vermittelbar, warum in der Polizei, diese Praxis zur Anwendung kommt, wenn gleich diese weder für Lehrer noch für Beamte der Kommunalverwaltung in Betracht kommt.
Diese Thematik war in den Diskussionen der AG KriBe leider ausgeblendet. Der BDK fordert nach wie vor eine Veränderung unseres antiquierten Beförderungssystems.

Tarif und Wissenschaft
Im Bereich Tarif und Wissenschaft hat der BDK verschiedene Ideen und Verbesserungsvorschläge vorgetragen, die zwischenzeitlich teilweise durch das Ministerium aufgegriffen wurden, insbesondere im Bereich IT und der Wirtschaftsfachkräfte.
Aufgrund der Einrichtung der von der AG vorgeschlagenen ZAb-Dienststellen (Zentrale Anzeigenbearbeitung) sollen im Doppelaushalt 2025/26 zusätzlich Tarifstellen, insbesondere in der EG 6 und EG 9, eingestellt werden. Die Umsetzung dieser Planung ist zwingend notwendig und darf keinen Sparplänen anheimfallen.
Um Personal zu binden sind Identifikation zum Arbeitgeber wie auch persönliche Entwicklungsmöglichkeiten wichtige Themen. In Hamburg wird aktuell die Forderung des BDK nach Einführung eines Berufsbildes „Kriminalfachangestellter“ umgesetzt; das fordern wir auch für Rheinland-Pfalz.

Die bisherigen Erfahrungen mit IT-Spezialisten, die an der HdP der Polizei RP zum IT-Kriminalisten ausgebildet wurden, sind positiv. Es gilt diese Erfahrungen zu nutzen, das Projekt weiterzuentwickeln und auf Wirtschaftsfachkräfte auszuweiten. Hierfür gibt es bislang im Projekt KriBe 5.0 noch wenig Aussagen.

Zukunftsorientierte Arbeitsbedingungen auch bei der Kripo
Dynamische Veränderungen von Kriminalitätsphänomenen führen zu sich stetig wandelnden qualitativen Anforderungen an die polizeiliche Sachbearbeitung mit zunehmenden Spezialisierungsbedarfen – so die Feststellungen der AG KriBe. Dies korrespondiert mit den Feststellungen des BDK, dass es zunehmend schwieriger wird, aufgrund der heterogenen Arbeitsweisen innerhalb der Kriminalpolizei, die dafür notwendige Ausstattung zu erhalten. Das Teilprojekt 4 des Projektes KriBe befasst sich aktuell u.a. mit dem Standart-IT-Arbeitsplatz bei K als auch dem Thema Innovationswerkstatt- bzw. Innovationsmanagement, bei dem es im Kern auch um zukünftige schnellere Beschaffungswege geht. Erste Ergebnisse scheinen geeignet, um Schritte nach vorne zu machen und bestätigen die Forderungen des BDK.

Polizeizulage muss wieder ruhegehaltsfähig werden
Die Polizeizulage wurde in Rheinland-Pfalz seit Jahren nicht verändert, in anderen Ländern bzw. im Bund dagegen deutlich angehoben. Mit Datum vom 16. Jan. 2024 verkündete der Minister, dass die Polizeizulage zum 1. Juli 2024 von 130 Euro auf 180 Euro angehoben wird.
Der BDK hatte, wie alle anderen Gewerkschaften auch, darauf hingewiesen, dass die besonderen Belastungen des Polizeiberufs die Mitarbeiter bis über die Pensionierung hinaus prägen. Aus diesem Grunde muss die Polizeizulage, wie in anderen Ländern üblich, auch in Rheinland-Pfalz wieder ruhegehaltsfähig werden.

Kriminalpolizei als moderner Arbeitgeber
Die aktuellen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere der zunehmende Fachkräftemangel, prägen die Diskussion über die Zukunft der Arbeitswelt. Der öffentliche Dienst und im speziellen die Kriminalpolizei bedarf einer Fortentwicklung zu einem modernen und attraktiven Arbeitgeber.

Um dieses Ziel zu erreichen, fordert der BDK bereits seit Jahren zeitgemäße Strukturen und Technologien zu implementieren, um die Effizienz und Wirksamkeit der kriminalpolizeilichen Arbeit zu steigern und damit einhergehend verstärkt die Bedürfnisse der Bediensteten nach Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege berücksichtigen zu können. Ermittler/Ermittlerinnen von heute aber erst recht von morgen fordern moderne Rahmenbedingungen bei flexibler Arbeitsgestaltung.
Die AG KriBe sieht in ihren Befunden und Empfehlungen ebenfalls die Möglichkeit durch modernisierende Maßnahmen die Attraktivität der Kriminalpolizei zu steigern.
Aktuell erfolgte zum 01.01.2024 die Anpassung der Rahmendienstanweisung. Diese eröffnet die Möglichkeit einer Dienstverrichtung im Homeoffice von bis zu 50 Prozent der regelmäßigen individuellen monatlichen Arbeitszeit bzw. an bis zu drei (ganzen) Tagen pro Woche, soweit dies dienstlich möglich erscheint. Nicht jeder Einsatzbereich lässt sich von zuhause aus bewältigen. Der strategische Einsatz von Homeoffice und die Möglichkeit der flexiblen Arbeitszeitgestaltung sollte dazu beitragen, die Ressourcen optimal zu nutzen und gleichzeitig eine verbesserte Work-Life-Balance für die Bediensteten der Kriminalpolizei zu ermöglichen.

Der Bereich technische Ausstattung und Beschaffung ist aktuell noch in Arbeit des Projektes KriBe 5.0. Bezüglich Kinderbetreuung soll ein erster Versuch an der HdP demnächst starten.