Wir trauern um Prof. Dr. sc. jur. Rolf Ackermann
27.02.2024
Offiziersschule des Ministeriums des Innern „Wilhelm Pieck“ Aschersleben irgendwann zwischen 1985 und 1987: Das Ende der DDR ist nicht in Sicht und doch so nah. In der Offiziersschule ist die Welt scheinbar in Ordnung, alles ist militärisch durchorganisiert. Heute steht für die Offiziersschüler der Ausbildungsbildungsrichtung Kriminalpolizei eine Kriminalistik-Vorlesung auf dem Plan.
Der diensthabende Zugführer wartet an der Eingangstür nervös auf den Dozenten. Als dieser sich nähert, brüllt er „Achtung!“ Die Offiziersschüler springen auf. Ein großer stattlicher Mann im Anzug, Anfang 50, betritt den Hörsaal. Der Zugführer macht Meldung. Dem Dozenten ist das Getue erkennbar unangenehm. Er winkt verlegen-freundlich ab, tut dann aber doch der Form Genüge und erwidert: „Danke, Genosse Offiziersschüler. Lassen Sie Platz nehmen.“ Er geht zum Pult. Es ist kein anderer als Dr. jur. Rolf Ackermann vom Kriminalistischen Institut (KI) der DDR.
Rolf Ackermann geboren am 31.12.1934, ausgebildeter Feinmechaniker und seit 1952 Kriminalist mit Herz und Seele. Sachbearbeiter, Kommissariats-
leiter, Leiter der Kriminalpolizei und nach seinem Studium am Kriminalistischen Institut der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin wissenschaftlicher Mitarbeiter und später Leiter des Fachbreichs Taktik und Methodik am Kriminalistischen Institut in Berlin.
Im Zuge der einschneidenden wendebedingten Veränderungen bei Struktur und Personal - erinnert sei an den erheblichen personellen und damit auch fachlichen Aderlass bei der Polizei - wurde Rolf Ackermann 1992 Dozent für Kriminalistik an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung (FHöV) des Landes Brandenburg in Bernau, wobei er für den Fachbereich Polizeivollzugsdienst zuständig war.
Bald nahm er auch hier exponierte Führungsaufgaben wahr, wurde zum stellvertretenden Direktor der Fachhochschule und der Landespolizeischule berufen. In dieser Zeit begegnete ich ihm wieder.
Uns verband die Sorge um die fachliche und personelle Zukunft der Kriminalpolizei.
Fassungslos hatten wir zusehen müssen, wie die Sektion Kriminalistik der Humboldt-Universität zu Berlin nach der Wende politisch abgewickelt wurde. Auch an die spezialisierte Ausbildung an der Fachschule des DDR-Innenministeriums wurde nicht angeknüpft.
Stattdessen wurde und wird im Land Brandenburg bis heute auf eine Generalistenausbildung für den Polizeidienst gesetzt. Jeder von uns versuchte im Rahmen seiner Möglichkeiten und Rahmenbedingungen für eine Umkehr dieses Irrweges zu werben. Rolf Ackermann als Akademiker und Führungskraft mit der gebotenen öffentlichen Zurückhaltung, der BDK durch oft harte Kritik in den Medien.
Den Stellenwert der Kriminalistik zu erhöhen – besser wohl der Geringschätzung der Verbrechensbekämpfung entgegenzuwirken – war Rolf Ackermann ein besonderes Anliegen. Folgerichtig gehörte er im Jahr 2003 zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Kriminalistik e.V. (DGfK) und brachte sich über viele Jahre in deren Projekte ein.
2011 ehrte der BDK Brandenburg Prof. Dr. Rolf Ackermann mit dem Hans-Gross-Preis für herausragende Verdienste um die Kriminalistik. Anlässlich seines 80. Geburtstages wurde ihm die Ehrenmitgliedschaft im BDK Brandenburg verliehen.
Rolf Ackermann hat bis ins hohe Alter für die Kriminalistik gebrannt
Er hat rastlos gearbeitet, publiziert und fachbezogene Anfragen beantwortet. Nach seinen letzten Publikationen im Jahr 2022 schrieb mir Rolf Ackermann in einer E-Mail: „Ab jetzt gönne ich mir erst einmal innere Ruhe.“ Dafür blieb ihm leider nicht mehr viel Zeit. Am 24.02.2024 ist Rolf Ackermann im Alter von 89 Jahren verstorben.
Das Leben eines Streiters für die Kriminalistik und die Kriminalpolizei hat sich vollendet
Von der Pike auf Kriminalist, Wissenschaftler in zwei Systemen, Lehrtätigkeit und Publikationen bis ins hohe Alter, Anerkennung in Lehre und Kriminalpraxis in Ost wie West. Wenn es heute im Land Brandenburg seit einigen Jahren einen - wenn auch mikroskopischen - Masterstudiengang Kriminalistik an der Hochschule der Polizei in Oranienburg gibt, so ist dies auch seinem unermüdlichen Wirken und Mahnen zu verdanken. Dem zweiten Schritt in der Kriminalistenausbildung muss der erste noch folgen, die Spezialisierung des Bachelorstudienganges. Dieser Dauerbrenner bleibt eine Herausforderung für die ehemaligen Schüler und Studenten von Rolf Ackermann.
Lieber Rolf, ich werde dich, den Austausch mit dir und deinen Rat schmerzlich vermissen. Der BDK und mit ihm die Kriminalpolizei wird dich voll Dankbarkeit in bester Erinnerung behalten.
Wolfgang Bauch
Ehrenvorsitzender BDK Brandenburg
Den ungekürzten Nachruf auf Prof. Dr. sc. jur. Rolf Ackermann finden Sie in der nächsten Ausgabe unserer Verbandszeitschrift "DER KRIMINALIST".