Wir sind keine Polizei
17.08.2004
Es überträgt der bereits zum 01. Januar 2004 eingerichteten Abteilung "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" (FKS) des Zolls die Zuständigkeit für die Bekämpfung der nunmehr erstmals in § 1 SchwarzArbG legal definierten, bisher eher volkstümlich als solche bezeichneten "Schwarzarbeit".
Demnach (§ 1 II SchwarzArbG) leistet Schwarzarbeit, wer
Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei
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als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbstständiger seine sich auf Grund der Dienst oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt,
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als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt,
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als Empfänger von Sozialleistungen seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Mitteilungspflichten gegenüber dem Sozialleistungsträger nicht erfüllt,
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als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen seiner sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Anzeige vom Beginn des selbständigen Betriebes eines stehenden Gewerbes ( § 14 der Gewerbeordnung ) nicht nachgekommen ist oder die erforderliche Reisegewerbekarte ( § 55 der Gewerbeordnung ) nicht erworben hat,
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als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betreibt, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein ( § 1 der Handwerksordnung ).
Die Behörden der Zollverwaltung prüfen gem. § 2 I des Gesetzes, ob
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die sich aus den Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Pflichten nach § 28a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch erfüllt werden oder wurden,
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auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen Sozialleistungen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch oder Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz zu Unrecht bezogen werden oder wurden,
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die Angaben des Arbeitgebers, die für die Sozialleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch erheblich sind, zutreffend bescheinigt wurden,
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Ausländer mit einer erforderlichen Genehmigung und nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen beschäftigt werden oder wurden und
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Arbeitsbedingungen nach Maßgabe des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes eingehalten werden oder wurden.
und haben gem. § 14 I bei der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die mit einem dieser Prüfgegenstände unmittelbar zusammenhängen, die gleichen Befugnisse wie die Polizeivollzugsbehörden nach der Strafprozessordnung und dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten . Ihre Beamten und überführten Mitarbeiter der ehemaligen Bundesanstalt für Arbeit sind insoweit Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft.
Das Gesetzgebungsverfahren hatte sich für die Öffentlichkeit sichtbar seit Herbst 2003 durch die parlamentarischen Gremien erstreckt und war auch in breiter Öffentlichkeit diskutiert worden. Erinnert sein nur an die unsägliche ?Putzfrauendebatte", die über längere Zeit die eigentlichen Problemfelder bei der Bekämpfung dieses besonders sozialschädlichen Deliktfeldes überlagerte.
Schon früh hatte sich der BUND DEUTSCHER KRIMINALBEAMTER in die kriminalpolitische Diskussion eingeschaltet. Eben die kriminalpolitische Dimension des Themas war von den federführend verantwortlichen Politikern, die naturgemäß dem finanz- und nicht dem innenpolitischen Ressort entstammten, zunächst ganz offenkundig verkannt worden. Sa war denn der BDK als einzige polizeiliche Institution anlässlich einer Expertenanhörung von Finanz- und Innenausschuß am 24. März 2004 durch den stellv. Bundesvorsitzenden Holger Bernsee vertreten, der insbesondere kritisierte, dass das Deliktsfeld ?Schwarzarbeit" offensichtlich als völlig isolierte Materie betrachtet wurde, ohne dem Umstand Rechnung zu tragen, dass vielfältigste Verflechtungen zu anderen Kriminalitätsbereichen mit weiterhin polizeilicher Zuständigkeit bestehen, wie z. B.
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Schleppen und Schleusen , AuslG
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Urkundenfälschung Ø Subventionsbetrug / Ausschreibungsbetrug / Kartellabsprachen
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Korruption
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Lohnbetrug
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Geldwäsche
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Gründungsschwindel gem. § 82 GmbH - Gesetz
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Bankrott.
Insbesondere war die Frage des Datenaustausches zwischen Zoll und Polizei sowie diverse weitere wichtige Details im Gesetzentwurf der Bundesregierung völlig unzureichend geregelt (*hierzu ausführlich: "Der Tiger hat Parandontose", dk. 5/2004) . Nicht zuletzt aufgrund der von einer Vielzahl von Gesprächen im parlamentarischen Raum begleiteten Initiative des BDK, die insbesondere von Parlamentariern des CDU / CSU - Bundestagsfraktion aufgenommen wurde, konnten etliche wesentliche Verbesserungen erzielt werden.
So regelt das nunmehr in Kraft getretene Gesetz jetzt - jeweils entgegen dem zunächst durch die Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf - beispielsweise, dass
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die Zollverwaltung die "jeweils zuständigen Stellen" also z. B. die Polizei unterrichten , wenn sich bei der Durchführung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz Anhaltspunkte auch für Verstöße gegen "sonstige Strafgesetze " ergeben (§ 6 III Nr. 8). Ursprünglich waren Auskünfte auf einen abschließenden Katalog beschränkt.
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durch den Zoll bei Überprüfungen von Ausländern in Verwahrung genommene Urkunden mit Fälschungsanzeichen an die zuständige Polizeivollzugsbehörde übermittelt werden (§6 IV). Ursprünglich war nur eine Übersendung an die Ausländerbehörde vorgesehen.
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die Behörden der Zollverwaltung, die Polizeibehörden und die Finanzbehörden in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft gemeinsame Ermittlungsgruppen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung bilden können (§ 14 II)
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die Datenübermittlung aus der gem. § 16 einzurichtenden zentralen Prüfungs- und Ermittlungsdatenbank der FKS u. a. an Staatsanwaltschaft und Polizeibehörden der Länder in automatisierter Form erfolgt (§ 17 II)
Vor dem Hintergrund des gerade durch den Deutschen Bundestag abschließend verabschiedeten Gesetzes trafen der BUND DEUTSCHER KRIMINALBEAMTER und Vertreter des Bundesfinanzministeriums am 14. Juli im BMF (Außenstelle Bonn) zu einem Fachgespräch zusammen. Teilnehmer waren der Abteilungsleiter der zuständigen Abteilung III im BMF, Herr Hans-Joachim Stähr mit mehreren Mitarbeitern und der Abteilungsleiter FKS, Eberhard Haake sowie als BDK -Delegation der Bundesvorsitzende Klaus Jansen und die beiden stellv. Bundesvorsitzenden Rolf Jaeger und Holger Bernsee.
Von Seiten des BMF wurde zunächst Aufgabenstellung und Selbstverständnis der FKS erläutert. Hierbei wurde deutlich gemacht, dass man sich keineswegs als eine "Finanzpolizei" verstehe, sondern als "Finanzverwaltung mit polizeilichen Befugnissen". Ziel sei weniger die Strafverfolgung als vielmehr das Aufzeigen von Wegen in die Legalität und das Abschöpfen von durch Schwarzarbeit erzielten Gewinnen, also entgangener Steuern. Inwieweit der Status der Mitarbeiter der FKS als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft mit den daraus resultierenden Verfolgungspflichten diese Schwerpunktsetzung in der Praxis diese Schwerpunktsetzung möglicherweise auf Dauer erschweren könnte, wurde durch den BDK problematisiert. Seitens der BMFVertreter wurden darin jedoch zunächst keine Probleme gesehen.
Durch Herrn Stähr wurde weiterhin verdeutlicht, dass die Außenprüfungen auf Baustellen pp. keine Schwerpunktsetzung der FKS darstellen. Diese würden zwar weiterhin, auch bundesweit, durchgeführt, hätten jedoch insbesondere präventiven Charakter. Aus diesem Grunde erfolgten sie auch überwiegend in Uniform und unter Verwendung grün-weißer Dienstfahrzeuge (bundesweit 300), um weitestgehende Wahrnehmbarkeit und somit den Transport der Botschaft: "Der Zoll geht energisch gegen Schwarzarbeit vor!" zu erreichen. Der tatsächliche Schwerpunkt soll hingegen auf Betriebsprüfungen anhand der buchhalterischen Unterlagen liegen, um auf diesem Wege Hinweise auf Schwarzarbeit zu erlangen und diese insbesondere unter fiskalischen Gesichtspunkten zu verfolgen.
Noch offen ist die Fragestellung, inwieweit und in welcher Ausgestaltung von der Option der Bildung gemeinsamer Ermittlungsgruppen aus Zoll, Polizei und Finanzbe- hörden Gebrauch gemacht werden wird. Hier dürften länderspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen sein, zumal die Polizeibehörden der Länder auch bisher in höchst unterschiedlicher Weise an der Bekämpfung der Illegalen Beschäftigung / Schwarzarbeit beteiligt waren. Die FKS-Führung in Köln präferiert eine eher projektbezogene Zusammenarbeit vor einer festen Institionalisierung etwa nach Vorbild der Gemeinsamen Ermittlungsgruppen Rauschgift (GER).
In jedem Falle wird den Polizeien der Länder mit Einrichtung der Zentralen Prüfungs- und Ermittlungsdatenbank gem. § 16 SchwarzArbG eine Schnittstelle angeboten, die die automatisierte Datenübermittlung gem. § 17 II SchwarzArbG ermöglichen soll. Mit der Realisierung ist gem. Planungsstand zum Gesprächszeitpunkt zum Jahresbeginn 2005 zu rechnen.
Letztlich wurde der Aus- und Fortbildungsbedarf der neuen Behörde thematisiert. Zwar stehen nach Auffassung des BMF genügend "Alt-Zöllner" bereit, die über ausreichend Erfahrungen im Bereich der Strafverfolgung verfügten und auch in den Zoll überführte ehemalige Mitarbeiter der Bundesanstalt für Arbeit seien mit der Materie vertraut, aber eine "Nadelörsituation" bei der Ausbildung insbesondere auch von anderen ehemaligen Bundesbehörden (Bahn, Telekom, Post) rekrutierten bediensteten sei unbestreitbar. Hier setze man insbesondere auch auf Ausbildungshilfe aus dem polizeilichen Bereich.
Die BDK-Vertreter machten deutlich, dass es bei allem Verständnis für die derzeitige akute Situation, in der selbstverständlich auch geeignet erscheinende Unterstützung des BDK angeboten wird, dauerhaft nicht vertretbar ist, nur wenige Wochen lang "ausgebildete" Mitarbeiter gegen z. T. auch organisiert vorgehende Wirtschaftskriminelle einzusetzen. Hier wird im politischen Raum dringend nachzubessern sein, um auf Dauer die notwendige kriminalistische Qualität zu erreichen bzw. sicherzustellen. Und nicht zuletzt machte der BDK -Bundesvorsitzende Klaus Jansen auch darauf aufmerksam, dass sich der BDK über viele Jahre letztlich erfolgreich für die zweigeteilte Laufbahn der Kriminalpolizei eingesetzt hat. Eine "Billig-Kripo" im Finanzbereich passt da nicht ins Bild. Auch das Thema Besoldung bzw. Überführung des derzeit den Zoll zahlenmäßig noch dominierenden Mittleren Dienst in den gehobenen Dienst gehört somit auf die Agenda der Bundesregierung.
Die Gesprächsrunde endete in einer von freundlicher Sachlichkeit geprägten Atmosphäre und der Verabredung, den aufgegriffenen Gesprächsfaden weiter zu verfolgen.