Wir lösen keine Fälle mehr, wir verwalten sie – kann uns das Berufsbild Kriminalassistenz helfen?

17.03.2025

In der Brandenburger Kriminalpolizei sieht es nicht gerade rosig aus. Können Lösungen aus anderen Bundesländern auch uns helfen, der Situation Herr zu werden?
Akten

„Früher bin ich rausgefahren, hab Leute befragt und ermittelt. Heute klicke ich mich von einem Statistikbeleg zum nächsten, muss mich durch hunderte Katalogwerte arbeiten und komme gar nicht mehr dazu kriminalistisch zu arbeiten.“

Was wie eine überzogene Klage klingt, ist für viele Kriminalistinnen und Kriminalisten in unserem Land längst bitterer Alltag. Die eigentliche Ermittlungsarbeit – das Befragen von Zeugen, das Kombinieren von Fakten, das Erkennen von Zusammenhängen, Mustern und Serien – rückt immer weiter in den Hintergrund. Stattdessen dominiert heute oftmals die statistische Erfassung von Straftaten die Arbeit von Kriminalbeamtinnen und -beamten. Dieses Problem tritt in allen Kommissariaten, aber ganz besonders in den Bereichen auf, in denen Massenkriminalität bearbeitet wird.

Wo bleibt der Bachelorstudiengang für die Kripo?
In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die kriminalpolizeiliche Sachbearbeitung immens verändert. Die Strafverfahren sind vielfältiger und komplexer geworden. Die Anforderungen an die Kriminalpolizei steigen durch immer neue Kriminalitätsfelder und Aufgabenzuwächse stetig, während die Personaldecke immer dünner wird. Neue zusätzliche Stellen wird es in absehbarer Zeit nicht geben; die Hochschule der Polizei ist nicht erst seit diesem Jahr an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt. Der Ausbau von Kapazitäten gestaltet sich auf vielen Ebenen langwierig und kompliziert. Es wird immer schwerer, geeignete Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeiberuf zu finden. Eine tatsächliche Bestenauslese vornehmen zu können, rückt in weite Ferne. Die Abbrecherquoten der Auszubildenden und Studierenden sind derweil hoch und so bleiben tatsächliche Entlastungen in den Dienststellen meist aus.

Seit über 30 Jahren fordert der BDK einen Studiengang, der es jungen Menschen ermöglicht, direkt für die Arbeit bei der Kriminalpolizei ausgebildet zu werden. Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern hält Brandenburg aber nach wie vor an der Generalistenausbildung fest. Pro Studienjahrgang werden aktuell größtenteils nicht mehr als 15 neue Kolleginnen und Kollegen nach ihrem Abschluss an der Hochschule der Polizei direkt in die Kriminalpolizei versetzt. Das ist deutlich zu wenig, um die Altersabgänge der kommenden Jahre zu kompensieren. Wir fordern hier erneut eine deutliche Erhöhung der Anzahl der Direkteinsteiger in die Kriminalpolizei.

Personalmangel als Dauerzustand: Wer soll das alles noch schaffen?
Würde man aus der aktuellen Situation der Kriminalpolizei in unserem Land ein Zukunftsszenario entwerfen, sähe dieses wohl düster aus. Immer weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen immer mehr Aufgaben erledigen und immer komplexere Straftaten bearbeiten. Aus der Schutzpolizei zur Kriminalpolizei versetzten Kolleginnen und Kollegen fehlt es oftmals an Erfahrung und Fachwissen. Welche Strategien können wir also entwickeln, um dem düsteren Zukunftsszenario für die Kriminalpolizei zu entgehen?

Berufsbild Kriminalassistenz
Wie so oft, lohnt auch hier der Blick in andere Polizeibehörden. Die Hamburger Polizei hat im vergangenen Jahr das „Berufsbild Kriminalassistenz“ eingeführt, um dem auch dort drohenden Kollaps der Strafverfolgung wirksam zu begegnen. Seit 2024 werden in Hamburg Tarifbeschäftigte mit entsprechender Berufsvorerfahrung in die Kriminalpolizei eingestellt. Sie werden durch umfangreiche Fortbildungsmodule ausgebildet und unterstützen bereits sehr erfolgreich die kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit. So sind die betreffenden Kolleginnen und Kollegen unter anderem dazu befugt, die eigenständige und abschließende kriminalpolizeiliche Sachbearbeitung – einschließlich der Abschlusszeichnung - in einfach gelagerten Fällen durchzuführen. Dies umfasst auch die eigenständige und abschließende kriminalpolizeiliche Sachbearbeitung entsprechender Unbekannt-Verfahren. Unsere Hamburger Kollegen berichten, dass man sich in der Hansestadt über Bewerbungen für das neue Berufsbild nicht beklagen kann.

Wäre das Berufsbild Kriminalassistenz auch eine Möglichkeit, die Brandenburger Kriminalpolizei zu entlasten, damit sich Kriminalbeamtinnen und -beamte wieder mehr auf ihre Kernaufgabe, die Aufklärung von Straftaten konzentrieren können?

Kriminalassistenten müssten kein dreijähriges Studium absolvieren. Sie werden beispielsweise in Hamburg durch einen vierwöchigen Qualifizierungslehrgang ausgebildet. Hierdurch wird eine zügige Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft gewährleistet, was wiederum auch eine zügige und tatsächliche Entlastung der Kriminalpolizei an den Dienststellen ermöglicht. Wir sind überzeugt, dass dies eine sinnvolle Maßnahme darstellt, um unsere Kolleginnen und Kollegen von den vielen administrativen Aufgaben und einfach gelagerten Sachverhalten zu entlasten. Daher fordern wir das Polizeipräsidium Brandenburg auf, das Berufsbild der Kriminalassistenz schnellstmöglich zu konzeptionieren und zum Wohl der Kolleginnen und Kollegen umzusetzen.

Gerne unterstützen und begleiten wir als BDK den Prozess, um die Kriminalpolizei unseres Landes zukunftssicher und professionell aufzustellen.