Wie zielführend ist der Streit um die Zahl rechtsextremer Tötungsdelikte?

01.06.2013

Wie auch heute wieder den Artikeln der „Schweriner Volkszeitung“ entnommen werden kann, wird weiter öffentlich über die Zahl von Tötungsdelikten mit möglichen rechtsextremistischen Hintergründen seit 1990 gestritten. Die offiziellen Zahlen gehen seit der Wende von lediglich vier Tötungsverbrechen in Mecklenburg-Vorpommern aus, unterschiedliche Medienberichte erwähnen neun rechts-motivierte vorsätzliche Tötungen im Nordosten der Republik.
Wie zielführend ist der Streit um die Zahl rechtsextremer Tötungsdelikte?

Offizieller Streitpunkt scheinen die offensichtliche politische Gesinnung der Täter und die ermittelten Motive für die verabscheuungswürdigen Taten zu sein. Hierzu zwei Anmerkungen.

Ist es nicht eigentlich schon in Sachen Motivation fast gleich, ob vier oder neun Opfer verzeichnet werden mussten? Ob vier oder neun, jedes Opfer von Gewalt, egal aus welches Motiven heraus, ist ein Opfer zu viel. Es bedeutet Leid für die Opfer und natürlich für die Hinterbliebenen. Darüber hinaus muss bei jeder Straftat zwingend geprüft werden, aus welchen Motiven heraus die Normverletzung erfolgte.

Und wenn ein oder eine rechtsextremistisch vorbelastete Verdächtige(r) oder Täter(in) eine Straftat begeht, ist diese nicht schon deshalb extremistisch, weil der oder die Handelnde als extremistisch gilt. Einzig das Motiv rückt die vorgeworfene Straftat in den einen oder anderen Phänomenbereich. Wenn für fünf Tötungsdelikte seit 1996 in Mecklenburg-Vorpommern nach den Medienberichten ein rechtsextremistischer Hintergrund vorliegen könnte bleibt festzustellen, dass alle kriminalistischen Analysen in diesen Fällen ein extremistisches Motiv ausschlossen und andere, strafrechtlich relevante Beweggründe zu Tage förderten.

Es ist gewiss kein Lob an den Fertigkeiten und Fähigkeiten der Kriminalermittler, wenn die Motivlage – vermutlich ohne absolute Kenntnis der Faktenlage – so massiv in Zweifel gezogen wird. Und für alle Kritiker noch ein Hinweis - unser Innenminister Lorenz Caffier gilt als ganz entschiedener Gegner von Cybercrime, Drogenkriminalität und Rechtsextremismus. Die immer wieder erhobenen Vorwürfe der falsch klassifizierten Motive der betreffenden fünf von neun Tötungen sind gerade von Minister Caffier mehrfach zur Prüfung in Auftrag gegeben worden. Das gerade dabei keine Hinweise auf einen fremdenfeindlichen oder extremistischen Hintergrund gefunden worden sind, sollte allen Kritikern genügen, anderen, den sicher tatsächlich ermittelten Motiven, zu vertrauen.

Der BUND DEUTSCHER KRIMINALBEAMTER in Mecklenburg-Vorpommern verneigt sich vor allen neun hier in Rede stehenden Opfern. Er rät jedoch auch zur sachlichen und nüchternen Debatte um Hintergründe und Motive bei vermuteten extremistischen Tätern oder Taten. Politischer Extremismus wird nicht nur an Hand von Gewalttaten gemessen, er ist nach überwiegender Meinung der Wissenschaftler leider ohnehin in jeder Demokratie vorhanden und sollte gewiss nicht nach dem Auf- oder Absteigen von Fallzahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik gewertet werden.