Wer braucht schon Fachlichkeit?

15.12.2023

BDK sieht bedenkliche Entwicklungen bei der Kriminalitätsbekämpfung
Vernehmung

Führungskräfte seien eher Manager. Fachwissen habe für sie nicht so eine Bedeutung. So wird es zumindest in der einen oder anderen Führungskräftefortbildung und auch von der einen oder anderen Führungskraft selbst geäußert. Tatsächlich scheinen gewisse Entwicklungen in der Polizei Berlin genau in diese Richtung zu gehen. Gerade in den örtlichen Direktionen scheint die Laufbahnzweigzugehörigkeit bei der Besetzung der Funktionen im höheren Dienst zunehmend weniger eine Rolle zu spielen. Im gehobenen Dienst sind die Nachwuchsführungskräfte, die sich über das PFK-Programm qualifizieren, teilweise sehr jung und haben dann kaum Berufspraxis gesammelt und somit nur wenig Fachwissen erworben. Innerhalb des Qualifizierungsprogramms und danach verbringen sie bisweilen kaum mehr als ein Jahr auf einer Dienststelle, was dem Hineinwachsen in einen bestimmten Bereich kaum förderlich sein dürfte. Zudem werden auch Kommissariatsleiter (m/w/d) nach wenigen Jahren - nachdem sie sich gerade in ihr Fachgebiet eingearbeitet haben – wieder versetzt. Eine Identifikation mit einem Fachgebiet oder einer Dienststelle ist so nicht mehr möglich. Diese, oftmals dem Führungskräftemangel oder sonstigen Zwängen geschuldeten, schnellen Wechsel fördern tatsächlich den vermeintlichen „Alleskönner“, der mehr Manager ist, als dass er Fachkompetenz entwickeln kann.   

Diese Entwicklung betrifft jedoch nicht nur Führungskräfte, sondern auch die Sachbearbeitung – bis hin dazu, dass Kriminalisten die angebliche „Komfortzone der Kriminalitätsbekämpfung“ verlassen müssen, um Lücken in traditionell fachlich schutzpolizeilichen Bereichen zu schließen. Beispielhaft werden Kriminalbeamte eines Kriminalreferats trotz der Überlastungsanzeige zweier Schwerpunktkommissariate längerfristig zur Notrufannahme abgestellt.

Warum aber Fachlichkeit? Wenn mangels Fachwissen bestimmten Kriminalitätsbereichen nicht mehr mit einem gewissen Maß an Qualität begegnet wird, wenn mangels Expertise bestimmte Kriminalitätsphänomene gar nicht mehr erkannt oder adäquat bekämpft werden, führt dies zu einer teils schleichenden, teils offensichtlichen Verschlechterung der Kriminalitätsbekämpfung mit Auswirkungen auf die Sicherheit der Bevölkerung.

Fachlichkeit ist kein verzichtbares Gut. Kriminalitätsbekämpfung ist keine Komfortzone.

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