Was will uns der Wert einer Polizeidichte sagen?
17.01.2016
Nach unserer Auffassung ist der Artikel lediglich dazu geeignet, dem Leser zu erklären, dass im Osten offensichtlich viel mehr Polizisten oder Polizeibedienstete arbeiten als im Heimatland der Zeitung. Was bedeutet dieser Artikel in Zeiten eines starken Flüchtlingsandrangs oder ausufernder Kriminalitätsfelder wie der Computerkriminalität, die nahezu alle Polizeien an den Rand des Machbaren bringen oder schon darüber hinweg führen? Soll der Osten Personal abbauen und der Westen sein Polizeipersonal erhöhen? Sind die erwähnten Zahlen, die aus einer Abfrage der Zeitung stammen, überhaupt richtig und verwendbar?
Wir können alle Besucher unserer Webseite beruhigen. Nach unserer Auffassung und Prüfung sind mathematische Vergleiche zwischen Personal und Bevölkerung wenig aussagekräftig hinsichtlich einer Frage nach einer ausreichenden Belegschaft bei der Polizei. Darüber hinaus sind die angeführten Zahlen, zumindest für den Nordosten, fraglich. Vor knapp einem Jahr wohnten in Meck-Pomm nach den Angaben des Statistischen Landesamtes etwas weniger als 1,6 Millionen Einwohner. In der Landespolizei arbeiteten 2015 laut Landeshaushalt insgesamt 5855 Beschäftigte, von denen 5312 Polizeibeamte und 543 Tarifbeschäftigte waren. Somit wurden die sonst gerne und oft zu Unrecht unterschätzten Arbeitnehmer in die Berechnung der Polizeidichte einbezogen. Das ist sicherlich richtig, wurde aber nach den Recherchen der Rheinischen Post beispielsweise bei anderen Länderpolizeien nicht berücksichtigt. Somit kommen in MV auf 100.000 Einwohner 332 Polizeivollzugsbeamte und insgesamt 366 Polizeibeschäftigte. Doch egal, welche Berechnungsgrundlage favorisiert wird, die Aussagekraft bleibt gering.
Denn was bleibt bei der Polizeidichte alles unberücksichtigt?
Sicherlich mehrere, entscheidende Faktoren wie
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der tatsächliche, durchschnittlich tägliche Aufenthalt von Personen im jeweiligen Bundesland durch Größen wie Arbeitsplatz, Tourismus, Handel oder Transitwesen,
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der Verteilung zwischen dem Einsatz als Vollzugs- oder Verwaltungskraft und dem Anteil der immer mehr ausufernden Stabsbereiche,
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ständige, sicherheitsrelevante Großereignisse wie Sport- oder andere Veranstaltungen,
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das Vorhandensein von deutschen Außengrenzen,
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der Verteilung der Beschäftigten zwischen den Sparten Bereitschafts-, Kriminal-, Schutz- oder Wasserschutzpolizei,
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der jährliche durchschnittliche Krankenstand,
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die tatsächliche, jedoch nur schwer zu schätzende Kriminalitätsbelastung über die polizeiliche Kriminalstatistik hinaus (einschließlich des Dunkelfeldes),
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der Personal- und Zeitaufwand für so genannte polizeifremde oder auch von anderen Behörden zu erledigenden Tätigkeiten oder
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der durchschnittliche Einsatz von Angehörigen der Bundespolizei im jeweiligen Bundesland.
Diese Aufzählung muss nicht vollständig sein und könnte auch die Kräfte der Zollverwaltung oder der privaten Sicherheitsdienste einbeziehen. Gerade die Sicherheitsdienste treten ja dort auf, wo sich die Polizei aus ihren früheren Aufgabenbereichen zurückgezogen hat.
Als Vertreter der kriminalpolizeilich Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern möchten wir unsere gestellten Fragen auch gerne beantworten.
Der Wert einer Polizeidichte darf in keinem Falle ohne die Betrachtung anderer, wesentlicher Einflussfaktoren beurteilt werden. Der polizeiliche Personalbedarf eines Bundeslandes oder einer Polizei sollte immer sachlich und wissenschaftlich sowie von finanziellen Zwängen befreit bemessen werden. Ein theoretisches Zahlenspiel nutzt wenig, und dann in der Regel nur den Verfechtern eines wenig nachvollziehbaren, politisch gewollten Sparkurses. Mecklenburg-Vorpommern erfährt aktuell, dass der stetige Personalabbau der letzten Jahre kontraproduktiv war und der jetzige Ruf nach mehr Beschäftigten augenblicklich nur bedingt erfüllt werden kann.