Wann ist eine Statistik bzw. deren Veröffentlichung sinnvoll?

11.08.2017

Die jüngste Presseveröffentlichung „Weniger Verfahren wegen Organisierter Kriminalität in MV“ ließ uns diese Frage nicht zum ersten Mal stellen.
Wann ist eine Statistik bzw. deren Veröffentlichung sinnvoll?

In den regionalen Medien konnte nachgelesen werden, dass im Nordosten 2016 neben Thüringen die wenigsten Ermittlungsverfahren im Bereich der Organisierten Kriminalität (OK) geführt worden sind. Dem „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität 2016“ konnte eine Abnahme der Zahl der Verfahren entnommen werden. Während 2015 noch 14 OK-Verfahren bei den Staatsanwaltschaften in Mecklenburg-Vorpommern anhängig waren, zählten die Juristen im Jahre 2016 zehn Vorgänge. Dagegen wurden in Thüringen sechs, in Bremen elf und in Nordrhein-Westfalen 107 Ermittlungsverfahren gezählt. Bundesweit bewegen sich die Zahlen von 2015 mit 566 Vorgängen hin ins Jahr 2016 mit 563 Verfahren bei einem deutlichen Anstieg der Schadenssumme bundesweit.

Soweit der Inhalt der Pressemeldungen. Am Ende dürften nicht nur wir als Berufsverband uns gefragt haben: Und, was will uns diese Meldung sagen? Ist ein Mehr oder Weniger in der Verfahrenszahl ein Gradmesser für einen bestimmten Bemessungswert? Ist die Zahl der geführten Verfahren überhaupt vergleichbar? Was ist Organisierte Kriminalität eigentlich? Wo ist eine landesbezogene Wertung nachzulesen?

Für uns ist der Wert dieser Meldungen schon deshalb fraglich, weil ausschließlich auf das Hellfeld der Kriminalität, sprich auf die bekannt gewordenen Zahlen, Bezug genommen wird. In den Deliktsfeldern der OK muss das uns unbekannte Dunkelfeld jedoch im Rahmen einer ernsthaften Bewertung zwingend miteinbezogen werden. Hier handelt es sich vielfach um Kontrolldelikte, die also nicht angezeigt und erst aus eigenem Antrieb von den Strafverfolgungsbehörden ermittelt werden müssen. Damit sind diese Ermittlungen wiederum abhängig von der Ermittlerzahl, deren Ausbildungsstand und vielfach von einer gedeihlichen Zusammenarbeit unter den Bundesländern, verschiedenen Organisationen und natürlich auch mit dem Ausland.

Was wieder die Fragen nach dem Sinn oder der Aussagekraft bestimmter Sammlungen oder Statistiken aufkommen lässt. Hinzu gesellt sich noch der Umstand nach der Bestimmung von Straftaten als Bestandteil der so genannten OK. Kaum jemand außerhalb der Strafverfolgungsbehörden wird wissen, dass sich an der Definition oder Einordnung von OK-Taten so manche Geister scheiden können. Deutschland-typisch verwenden wir Strafverfolger eine lange, umständliche und wahrscheinlich nicht mehr zeitgemäße Definition zur Eingrenzung der Organisierten Kriminalität. Diese ist nach unserer Auffassung nicht einmal geeignet, zwischen Schwerer und Organisierter Kriminalität in jedem Fall zweifelsfrei zu unterscheiden. Allerdings haben auch wir hier keine andere Lösung parat. Es sei denn, wir wenden uns nach Italien und bestimmen, dass die OK Kriminalität nach Art der Mafia ist. Diese Definition böte keine fassbaren Rechtsbegriffe, vermutlich hätte aber jeder Nutzer in etwa die gleiche Vorstellung.

Vielleicht sollten die Verantwortlichen statt langer Zahlenkolonnen eher Trends, Opfergruppen, eine mögliche Prävention oder Gefahren öffentlich diskutieren und dabei stets das Dunkelfeld mit betrachten.

 

Für Rückfragen:

Ronald Buck

ronald.buck (at) bdk.de