Vorweihnachtliche Gesprächsrunde im Präsidium

13.01.2015

BDK zu Gast bei der Abteilung Kriminalitätsbekämpfung: Am 18.12.14 kam es in den Diensträumen des BPOLP zu einem Gedankenaustauch zwischen der Abteilungsspitze der Kriminalitätsbekämpfung der Bundespolizei und dem BDK.
Vorweihnachtliche Gesprächsrunde im Präsidium
Vorweihnachtsrunde v.l.n.r.: Dr. Karl-Heinz Blümel, Nicolai-Steve Schipfer, Jan-Henrik Minor, Maik Heratsch, Manfred Günther, André Schulz, Thomas Mischke, Stefan Dietlin

Die Abteilung war durch ihren Leiter Herrn Dr. Karl-Heinz Blümel, dem Leiter der Projektgruppe des Polizeilichen Informations- und Analyseverbunds (PIAV), Herrn Nicolai-Steve Schipfer, dem Referenten des Ref. 31 Herrn Jan-Henrik Minor, Herrn Maik Heratsch sowie Frau Sabine Kauerhoff vom Ref. 31 und Herrn Manfred Günther vom Ref. 34 vertreten. Für den BDK nahmen der Bundesvorsitzende André Schulz, der Vorsitzende des Verband BPOL, Thomas Mischke und dessen Stellvertreter Stefan Dietlin an dem zweistündigen Gedankenaustausch teil. Dieses verlief in sehr angenehmer, vorweihnachtlicher und von vielen Gemeinsamkeiten geprägte Atmosphäre.

Nach einer gegenseitigen Vorstellungsrunde nutzte Dr. Blümel die Gelegenheit, einige Projekte seiner Abteilung vorzustellen. So hatte zunächst POR Schipfer Gelegenheit, das Projekt PIAV BPOL vorzustellen. Auch in diesem Feld der Kriminalitätsbekämpfung habe die BPOL in den letzten Monaten sehr intensiv gearbeitet und sei auf einem guten Weg. Wenn PIAV am Ende viele veraltete INPOL Fall-Anwendungen ablösen könne,  dabei eine optimierte Einmalerfassung von Ermittlungsdaten sicherstellt und zudem eine bundesweite Datenvernetzung ermöglicht, sei ein großer Schritt vollzogen. Der BDK nahm diesen positiven Ausblick sehr gerne entgegen und wird, sobald dieses extrem ehrgeizige Bund-Länder-Projekt erfolgreich abgeschlossen sein wird, gemeinsam mit allen Kriminalisten/innen der Republik die Sektkorken knallen lassen.

Anschließend hatte EPHK Günther Gelegenheit, einige ausgewählte Deliktsfelder einer näheren Betrachtung zu unterziehen. So schilderte er das Phänomen des Transportgutdiebstahls, also einem modus operandi, bei dem Täter aus auf Autotransportzügen verladenen Kraftfahrzeugen die Radio-Navigationssysteme, Lenkräder und sonstige Kfz-Teile entwenden. Die Ausführung der Diebstähle erfolge in der Regel während der Abstellzeiten der Autotransportzüge in den Rangierbahnhöfen. Diese gingen arbeitsteilig vor und agierten grenzüberschreitend. Problematisch sei bisher die zeitliche Differenz zwischen der Tatausführung und der Feststellung der Diebstähle gewesen. Häufig seien die Diebstähle erst ca. einer Woche nach Tatausführung und nach Ankunft der Autotransportzüge im europäischen Ausland festgestellt worden, so dass die konkreten Tatorte nicht mehr ermittelt werden konnten. Zwischenzeitlich stünden jedoch technisch Möglichkeiten für die zeitnahe Bestimmung der Tatorte zur Verfügung. Da die Autotransportzüge europaweit verkehrten, sei eine umfangreiche Koordination der Ermittlungen mit den Polizeibehörden der europäischen Nachbarstaaten erforderlich gewesen. Aufgrund der intensiven Ermittlungen hätten aktuell entsprechende Täterhinweise gewonnen und einige Täter festgenommen werden können.

Ein weiteres im besonderen Fokus der BPOL stehendes Phänomen sei das des Taschendiebstahls. Dazu wurde jüngst durch das BKA die "Koordinierungsstelle Reisende Täter Eigentum"  (KoSt RTE) eingerichtet. Dazu soll zeitnah beim BKA eine (bundesweite) Datei über diese reisenden Täter eingerichtet werden. Dies sei dringend notwendig, da dieses Delikt in der 1. Jahreshälfte 2014 um ca. 20 % zugenommen habe.
Dem hatte der BDK nichts hinzuzufügen, zumal eine solche Datei vom BDK seit Jahren gefordert wird.

Seinen sehr interessanten Vortrag beendete Kollege Günther mit einer kurzen Beleuchtung des Phänomens Fahrausweisautomatenaufbrüche (FAA). Dieses sei stark rückläufig und habe um etwa 30 % abgenommen. Zurückführen würde man dies auf verstärkte Anstrengungen der DB AG und der Festnahme einiger Täter, die im Jahr 2014 zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt worden sind. 

Der BDK hatte anschließend Gelegenheit über die geplante Ausweitung seiner „Kripo Akademie“ zu berichten und warb beim Abteilungsleiter dafür, dass derartige Fachveranstaltungen und Seminare des BDK zukünftig Eingang in die Fortbildungspalette der BPOL finden sollten. Zumindest sollten aus Sicht des BDK diejenigen Kollegen/innen der BPOL, welche in bestimmten Deliktsfeldern, wie z.B. TKÜ, Vermögensabschöpfung, internationale Zusammenarbeit etc. arbeiten würden, zukünftig derartige BDK-Veranstaltungen als normale dienstliche Fortbildung besuchen können. Das sei schon deshalb notwendig, weil die dienstliche Fortbildung im kriminalistischen Bereich aus Sicht des BDK völlig unzureichend ist und eine Besserung keineswegs zu erwarten sei.

Herr Dr. Blümel nahm dieses Angebot des BDK interessiert auf und versprach eine gewissenhafte Prüfung, wobei er die Meinung äußerte, dass sich derartige Fachseminare überwiegend an Spezialisten richten würden.

Auch das Thema Fachaufsicht in den Dienststellen wurde angesprochen. Bisher hatte sich die Fachaufsicht des Abteilungsleiters 3 grundsätzlich auf die BPOLD und BPOLIKB beschränkt. Der BDK - Bundespolizei ist jedoch der Meinung, dass die Kluft zwischen den BPOLIKB und den Ermittlungsdiensten in den Flächeninspektionen immer größer wird und dass von einer einheitlichen Kriminalitätsbekämpfung der BPOL keine Rede sein kann. Zu groß die Unterschiede in den Aufgabenschwerpunkten, zu unterschielich aber auch die Aufstellung und Organisation der unterschiedlichen Ermittlungsdienste. Es könne, so Thomas Mischke nicht sein, dass eine Kriminalitätsbekämpfung in der Inspektion X völlig anders organisiert und durchgeführt wird, als in der Nachbarinspektion Y. Das sei nach Meinung des BDK unprofessionell und müsse deutlich optimiert werden. Eine Kriminalitätsbekämpfung nach Gutdünken des jeweiligen Inspektionsleiters könne der BDK - Bundespolizei keineswegs gutheißen.

Die Abteilung 3 vertritt hier eine andere Auffassung: Seit 2008 würde sehr aktiv und erfolgreich gemeinsam mit den Bundespolizeidirektionen (BPOLD), Bundespolizeiinspektionen Kriminalitätsbekämpfung (BPOLIKB) und Bundespolizeiinspektionen (BPOLI) an einer Standardisierung der Kriminalitätsbekämpfung in der BPOL gearbeitet. Diese Standardisierung schließe jedoch aufgrund der unterschiedlichen regionalen Kriminalitätsschwerpunkte auch unterschiedliche Schwerpunktsetzungen zur erfolgreichen Kriminalitätsbekämpfung in den einzelnen BPOLI unbedingt mit ein. Eine daraus resultierende Aufstellung und auch Arbeitsweise der jeweiligen Ermittlungsdienste sei gelebte Führungsverantwortung der Inspektionsleiter und Leiter Ermittlungsdienste.

Herr Dr. Blümel zeigte sich dem Vorschlag des BDK, die Fachaufsicht des Bundespolizeipräsidiums (BPOLP) in den Flächeninermittlungsdiensten zu verstärken sehr aufgeschlossen und befindet sich bereits in der Prüfungsphase, zumal dieser Aspekt bereits beim letzten Treffen besprochen worden war.

Zur Enttäuschung des BDK und etwas überraschend schloss sich  Herr Dr. Blümel den langjährigen Forderungen des BDK nach einer Wiedereinführung der BKA-Aufstiegsausbildung nicht an. Er kenne die Überlegungen des BDK, halte aber die Wiedereinführung derzeit nicht für erforderlich. Die Ermittlungsbeamtinnen und Beamten der Bundespolizei seien exzellent qualifiziert, wofür die Aus- und Fortbildung durch die Bundespolizeiakademie (BPOLAK) eine solide Grundlage bilde. Dass im Einzelfall auch Angehörige der Bundespolizei an der BKA Aufstiegsausbildung teilnehmen, hält Herr Dr. Blümel jedoch durchaus für sinnvoll, da dies zusätzliche Impulse geben könne.

Dem widersprachen alle drei BDK-Vertreter natürlich, da es nach unserer Meinung eben nicht ausreichend ist, mit „learning by doing“ die Bekämpfung der Kriminalität in all ihren Facetten, Feinheiten und zunehmend schwierigeren juristischen Fallstricken zu durchblicken, geschweige denn die kriminalistischen Grundlagen und ein kriminologisches Verständnis als Basis für eine spätere Spezialisierung nutzen zu können. Hier vermochte der Abteilungsleiter den BDK nicht zu überzeugen und es wird weitere Gespräche zu diesem Thema geben, zumal der BDK in diesem Punkt nicht zurückweichen wird. Ob es nun eine Aufstiegsausbildung beim BKA sein muss, sei dahingestellt. Eine Spezialisierungsaus-/bzw. -fortbildung wird es auch in der BPOL geben müssen, wenn wir nicht den Anschluss an die Länder verlieren wollen, die zunehmend diese wichtige BDK-Forderung umsetzen.

Die kontroverse Sichtweise in einigen der diskutierten Punkte machte das Gespräch lebhaft und interessant. Am Ende bestand Einigkeit, die Gespräche regelmäßig fortzusetzen. Der BDK bedankt sich einmal mehr für den offenen und ehrlichen Gedankenaustauch. Aus Sicht des BDK ist es deutlich angenehmer und zielführender, unterschiedliche Meinungen nicht hinter höflich-diplomatischen Floskeln  zu verbergen, sondern diese offen anzusprechen und gemeinsam nach Lösungen oder Kompromissen zu suchen.