VGH BW zur Nutzung des Kundenportal des Landes und den Anforderungen an die Schriftform
08.06.2021
Leitsätze:
- In der Regel erfüllt eine über das Kundenportal des Landes Baden-Württemberg verschlüsselt versandte Nachricht die Anforderungen an die Schriftform gemäß § 70 VwGO.
- Dies gilt erst recht für ein PDF-Dokument, das die eigenhändige Unterschrift des Urhebers bildlich wiedergibt und als Anhang zu einer Nachricht im Kundenportal verschlüsselt übersandt wird.
- Der Verweis in § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 LBesG auf die Voraussetzungen für den Erwerb der Laufbahnbefähigung als Ausnahme von der Anerkennung bestimmter Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit kann nicht dahingehend reduziert werden, dass allein klassische Vorbereitungsdienste wie Referendariate erfasst wären; vielmehr umfasst dieser Verweis die dienstrechtlichen Voraussetzungen und damit die Tatbestandvoraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 lit. b LBG
Ergänzungen:
RN20: „Zwar erfordert die Schriftform nach herkömmlichem Verständnis grundsätzlich eine eigenhändige Unterschrift (vgl. zu § 81 Abs. 1VwGO: BVerwG, Beschluss vom 05.02.2003 - 1 B 31.03 -, Juris Rn. 1 und Urteil vom 06.12.1988 - 9 C 40.87 -, Juris Rn. 6) und den Eingang eines so unterzeichneten Dokuments bei der Behörde. Damit soll die verlässliche Zurechenbarkeit des Schriftstückes sichergestellt werden. Da aber Formvorschriften nicht Selbstzweck sein dürfen, sind Ausnahmen von dem Grundsatz der eigenhändigen Unterschrift dann anerkannt, wenn (anderweitig) gewährleistet ist, dass nicht nur ein Entwurf, sondern eine gewollte (Prozess-)Erklärung vorliegt, ferner, dass die Erklärung von einer bestimmten Person herrührt und diese für den Inhalt die Verantwortung übernimmt (…)“
RN28: „Ausgehend hiervon erfüllt in der Regel bereits eine über das Kundenportal des LBV verschlüsselt versandte Nachricht die Anforderungen an die Schriftform. In diesem Fall wird eine Textnachricht in der Eingabemaske des Kundenportals verfasst, die neben dem eigentlichen Inhalt stets den Namen, das Geburtsdatum und die Personalnummer des Urhebers anzeigt. Das sodann automatisch generierte PDF-Dokument enthält die vom Beschäftigten an das LBV gerichtete Nachricht. Sofern keine Anhaltspunkte für Störfälle oder Manipulationen - dergleichen nach Auskunft der Informatiker in der mündlichen Verhandlung bislang noch nie aufgetreten sind - ersichtlich sind, genügt in der Regel diese Nachricht den Schriftformanforderungen des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO.“
Fundstelle(n):
- Verwaltungsgerichtshof BW, Entscheidung im Volltext