VGH BW zu den Durchsuchungen bei „linksunten.indymedia“

12.10.2020

VGH BW, Beschluss vom 12.10.2020, Az. 1 S 2679/19. Schlagworte: Vereinsverbot, Durchsuchungsbeschluss.
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12.10.2020 

Leitsätze: 

  1. Ordnet das Verwaltungsgericht in einem vereinsrechtlichen Verbotsverfahren die Durchsuchung von Räumen gegen eine Person an, die nach Auffassung des Antragstellers Mitglied des verbotenen Vereins und Inhaber des Gewahrsams an den Räumen ist, ist ein Dritter, der an dem erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt war, aber geltend macht, selbst Gewahrsamsinhaber gewesen zu sein, ein „sonst von der Entscheidung Betroffener“ im Sinne von § 146 Abs. 1 VwGO und beschwerdebefugt.
  1. Die Beschwerde gegen eine richterliche Durchsuchungsanordnung ist auch in diesem Fall nach dem Vollzug der Durchsuchung mit dem Ziel zulässig, die Rechtswidrigkeit dieser Anordnung analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO feststellen zu lassen (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vgl. Beschl. v. 19.06.2018 - 1 S 2071/17 - juris, v. 27.10.2011 - 1 S 1864/11 - VBIBW 2012, 103, juris, und v. 14.05.2002 - 1 S 10/02 - VBlBW 2002, 426).
  1. Prüfungsgegenstand im Beschwerdeverfahren ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem die Durchsuchung angeordnet und über das „Ob“ der Durchsuchung entschieden wurde. Für einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit (auch) der anschließenden Durchführung der Durchsuchung - der Art und Weise („Wie“ der Durchsuchung) - ist in dem Beschwerdeverfahren regelmäßig kein Raum.
  1. Wenn die Verbotsbehörde eine andere Behörde um die Durchsuchung von Räumen ersuchen will, muss sie in dem Ersuchen grundsätzlich klarstellen, ob diese Räume als solche im Gewahrsam des verbotenen Vereins angesehen und deshalb mit einem gegen ein Vereinsmitglied gerichteten Antrag nach Satz 2 des § 4 Abs. 4 VereinsG durchsucht werden sollen, oder ob sie davon ausgeht, dass sich die Räume im Gewahrsam von „anderen Personen“ befinden und die Durchsuchung deshalb nach Satz 3 des § 4 Abs. 4 VereinsG mit einem gegen einen Dritten gerichteten Antrag durchgeführt werden soll. Kann oder will sie diese Frage ausnahmsweise nicht selbst beantworten, kann sie der um Hilfe ersuchten Behörde einen Spielraum bei der Durchführung der Ermittlungen und bei dem Vollzug einräumen. Dies muss aber in dem Ersuchen hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vgl. Beschl. v. 14.05.2002, a.a.O.).

 

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