VGH BW Regel- und Anlassbeurteilungen sowie grundlegenden Mängeln eines Auswahlverfahrens

17.06.2014

VGH BW, Beschluss vom 17.06.2014, Az. 4 S 494/14. Schlagworte: Beurteilung, Altersgrenze, Bewerbungsverfahren, Auswahlverfahren, Quotierung, Dokumentationspflicht, Absageschreiben.
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Leitsätze: 

  1. Die regelhafte Erstellung von Anlassbeurteilungen von Amts wegen - ohne Bewerbung des Beamten - zur Vorbereitung eventueller späterer Beförderungsentscheidungen kommt nach Erreichen der Altersgrenze für die Erstellung von Regelbeurteilungen (hier: Nr. 2.3 Spiegelstrich 1 VwV-Beurteilung Pol) grundsätzlich nicht in Betracht.
  2. Ist das Auswahlverfahren durch mehrere grundlegende Mängel (hier: fehlende Dokumentation der Auswahlentscheidung, zum Auswahlstichtag fehlende Beurteilungsgrundlage, fehlerhafte Handhabung der vorgegebenen Richtwerte bei Erstellung der Regelbeurteilungen sowie fehlerhafte regelhafte Erstellung von Anlassbeurteilungen von Amts wegen) gekennzeichnet, sind die Erfolgsaussichten des unterlegenen Bewerbers bei einer erneuten Auswahl regelmäßig als offen anzusehen.

 

Das Gerichtsverfahren wurde im Bereich des Landespolizei (LKA BW) geführt. 

Aus dem Urteil ergeben sich verschiedene Ableitungen des Innenministeriums BW: 

  • Beförderungsmöglichkeiten sind auszuschreiben.
  • Die Bewerbungsfrist soll regelmäßig zwei Wochen betragen.
  • Keine automatische Einbeziehung in Beförderungsrunden, d. h. die Beamtinnen und Beamten müssen sich aktiv bewerben.
  • Anlassbeurteilungen können dazu nur erstellt werden, wenn eine solche Bewerbung vorliegt.
  • Eine Anlassbeurteilung wegen der Wahrnehmung einer neuen Aufgabe kommt nur in Betracht, wenn die Aufgabe länger als ein Jahr wahrgenommen wurde.
  • Regelbeurteilungen im PVD im zweijährigen Rhythmus sind grundsätzlich hinreichend aktuell.
  • Die VwV Beurteilung Pol regelt die Ausgestaltung des Verfahrens bei den Regelbeurteilungen darf aber bei Anlassbeurteilungen „nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben“. Demnach sind Quotierungsvorgaben entsprechend anzuwenden.
  • PVD mD und ghD in Abordnung: Bei Abordnungen zum Beurteilungs-Stichtag von mehr als einem Jahr ist die neue Dienststelle für die Beurteilung zuständig.
  • Die VwV Beurteilung Pol enthält keine Regelung zum Zeitraum bei der Einholung von Beurteilungsbeiträgen. Dies soll schriftlich erfolgen, wenn eine Abordnung zu einer anderen Dienststelle von mindestens sechs Monaten bestand oder im gleichen Zeitraum eine neue oder zusätzliche Tätigkeit bei einem anderen Vorgesetzten ausgeübt wurde.
  • Die Einbeziehung eines Beurteilungsberaters oder einer -beraterin kann unterhalb dieses Zeitraumes schriftlich oder mündlich erfolgen.
  • Beurteilungsbeiträge unterliegen der Würdigung des Beurteilers – er muss sie aber in seine Überlegungen miteinbeziehen (BVerwG Az. 2 A 2/10).
  • Ein Beurteilungsvorgespräch wird dringend empfohlen.
  • Die Zeitspanne zwischen Beurteilungskonferenz und Unterzeichnung der Beurteilung muss möglichst kurz sein.
  • Mindestens Auf- und Abrundungsvorgänge bei der Gesamtnote sind zu begründen.
  • Die Auswahlentscheidung muss ausführlich dokumentiert werden.
  • Absageschreiben sind an alle unterlegenen Bewerberinnen und Bewerber zu richten. Die Zahl der Beförderungsmöglichkeiten und Auswahlkriterien sind aufzuführen. Die Nennung der Ausgewählten ist nicht erforderlich.

 

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