Verwaltungsgericht Gießen zur Entlassung eines Polizeibeamten wegen Beteiligung an einer Chatgruppe

04.08.2021

VG Gießen, Urteil vom 04.08.2021, Az 5 K 509/20.GI. Schlagworte: Polizei, Rechtsextremismus, Rassismus, Chat-Gruppe, Entlassung aus dem Beamtenverhältnis.
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Leitsätze: Das Urteil enthält keine Leitsätze. 

Zum Sachverhalt: Der Polizeibeamte war Beamter auf Widerruf und in Vorbereitung auf den gehobenen Polizeivollzugsdienst an der Hessischen Polizeiakademie als Student. In einer WhatsApp-Gruppe, die von Mitstudierenden genutzt wurde, wurden mehrere strafrechtlich relevante, rechtsextreme bzw. rassistische Bilder geteilt. Der Angeklagte beteiligt sich aktiv daran. 

Das VG Gießen stellte fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Probe im ghD des Landes Hessen hat. 

RN40: „Der Begriff der (charakterlichen) Eignung ist durch die Rechtsprechung hinreichend definiert und mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975, – 2 BvL 13/73 –, juris, Rn. 47; Beschluss vom 21. Februar 1995, – 1 BvR 1397/93 –, juris). Entscheidend ist die prognostische Einschätzung, inwieweit der Bewerber der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird (BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2016, – 2 B 17/16 –, juris, Rn. 26). Dies erfordert eine wertende Würdigung der Verhaltensweisen des Einstellungsbewerbers, die einen Rückschluss auf die für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulassen. Dabei setzt die Ablehnung der Einstellung nicht die Feststellung voraus, dass ein Bewerber ungeeignet ist, vielmehr genügen bereits berechtigte Zweifel an seiner (charakterlichen) Eignung (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19. Dezember 2018, – 1 B 2011/18 –, nicht veröffentlicht; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. September 2019, – 6 B 651/19 –, juris, Rn. 6; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 5. November 2018, – 2 MB 17/18 –, juris, Rn. 11).“ 

RN42: „Für eine Einstellung als Polizeibeamter in den Polizeivollzugsdienst darf der Dienstherr die Fähigkeit und innere Bereitschaft eines Bewerbers verlangen, die dienstlichen Aufgaben nach den Grundsätzen der Verfassung wahrzunehmen, insbesondere die Freiheitsrechte der Bürger zu wahren und rechtsstaatliche Regeln einzuhalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975, – 2 BvL 13/73 –, juris, Rn. 47; Hess. VGH, Beschluss vom 28. November 2019, – 1 B 372/19 –, juris, Rn. 24; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. März 2018, – OVG 4 S 19.18 –, juris, Rn. 6). Dabei sind für die Einstellung in den Polizeidienst hohe Anforderungen an die Gesetzestreue zu stellen, denn die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gehört zu den Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes. Eigene Verstöße in diesem Bereich sind grundsätzlich geeignet, Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbers zu begründen. Dies umfasst auch Verstöße, die nicht zu einer Verurteilung geführt haben, sondern bei denen das Ermittlungsverfahren eingestellt worden ist (Hess. VGH, Beschluss vom 28. November 2019, – 1 B 372/19 –, juris, Rn. 25; Bay. VGH, Beschluss vom 2. Mai 2019, – 6 CS 19.481 –, juris, Rn. 17; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. März 2018, – OVG 4 S 19.18 –, juris, Rn. 6). Die Einstellungsbehörde muss Sachverhalte mit strafrechtlicher Relevanz nicht außen vorlassen, nur weil sie zu keiner strafrechtlichen Verurteilung geführt haben. Selbst ein einmaliges Fehlverhalten kann Zweifel an der charakterlichen Eignung begründen, wenn es die charakterlichen Mängel des Bewerbers deutlich zu Tage treten lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2016, – 2 B 17/16 –, juris, Rn.10).“ 

 

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