Verfassungsschutzbericht 2023

30.06.2024

LfV Baden-Württemberg veröffentlicht Jahresbericht.
Kriminalpolizei

30.06.2024

Kommentar und Kurzbetrachtung

Fast alle Kapitel des Verfassungsschutzberichts haben eine mittelbare oder gar unmittelbare Relevanz für die Polizei. Dabei ist das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten in den letzten Jahren immer wieder ein Thema in der politischen Diskussion gewesen – oder auch Gegenstand von Betrachtungen wie beispielsweise einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes „Zum Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten - Ausprägung im Bereich der Cyberabwehr“.

Der BDK BW bekennt sich klar zur Einrichtung der Verfassungsschutzämter (auch das wird ja immer wieder diskutiert). An unserem Standpunkt aus dem Jahr 2020 hat sich nichts geändert (https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/standpunkt-verfassungsschutz-bdk-baden-wuerttemberg). Die institutionalisierte Zusammenarbeit, insbesondere zwischen LfV und Kriminalpolizei, ist ein wichtiger Baustein in unserer Sicherheitsarchitektur. Solange uns dies auch mit Trennungsgebot rechtsstaatlich gelingt, muss daran – vielleicht auch und besonders aufgrund des ursprünglichen geschichtlichen Entstehungsprozesses dazu – nichts geändert werden.

Dass Innenminister Thomas Strobl (CDU) in seinem Grußwort zum Jahresbericht 2023 den Antisemitismus herausgreift und betont, dass er in „allen […] extremistischen Phänomenbereichen zu finden ist“ und „damit unsere Demokratie [gefährdet]“, ist richtig und zu begrüßen. Auch wir bewerten die Entwicklungen hier als sehr bedenklich. Antisemitismus und Antiisraelismus, sind Erscheinungsformen, die der deutsche Staat nicht dulden darf. Dabei muss es durchaus erlaubt bleiben, einzelnes politisches Handeln in Israel kritisch zu hinterfragen. Hier ist Fingerspitzengefühl bei der strafrechtlichen Bewertung gefragt.

Beim Durchblättern des Verfassungsschutzberichts 2023 findet man viele Beiträge, die einen sehr nachdenklich machen. Die Entwicklungen im Links- und Rechtsextremismus, aber auch der Bereich Reichsbürger, Selbstverwalter - das Ziel den Staat und seine Institutionen zu delegitimieren. Die Einflussnahme fremder Nachrichtendienste u. a. mit dem Ziel der Destabilisation unserer Demokratie. Cyberwar, Sabotage und Spionage. Nicht zuletzt auch islamistischer Extremismus und Terrorismus, der letztendlich vor kurzem auch den Tod von Rouven L. in Mannheim verursacht hat. Immer wieder gibt es polizeiliche Einsatzlagen in all diesen Bereichen, bei denen Einsatzkräfte verletzt werden oder am Ende ihr Leben lassen müssen.

Das Personenpotenzial, das in irgendeiner Form extremistisch oder extremistisch mit Gewaltorientierung seitens Verfassungsschutz eingestuft ist, ist in den letzten Jahren mindestens auf gleichem Niveau geblieben, tendenziell eher leicht gestiegen. Die Arbeit für Verfassungsschutz und Polizei wird auch in diesem Feld nicht weniger.

Frau Bube, langjährige Präsidentin des LfV BW, schreibt in ihren Vorwort unter Bezugnahme auf einige Beispiel der jüngsten Vergangenheit, dass „ein ‚echtes‘ Ranking, aus welcher Ecke nun die größte Gefahr droht, kaum zu erstellen ist.“

Mit dem Beitrag „Lieber einmal öfter gratulieren“ https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/lieber-einmal-oefter-gratulieren war es mir ein Anliegen, unserem Grundgesetz zum 75-jährigen Geburtstag zu gratulieren. Selbstverständlich ist Demokratie, sind Menschen- und Grundrechte nämlich nicht. Die Verantwortung zum Erhalt liegt bei uns allen!

Ich gebe Frau Präsidentin Bube recht, dass es nicht einfach ist, ein Ranking zu erstellen, bin aber persönlich der Auffassung, dass die größte Gefahr derzeit von Extremisten ausgeht, die bereits in unseren Parlamenten sitzen oder das Ziel verfolgen, in die Parlamente gewählt zu werden. Hier empfehle ich die Lektüre des Unterkapitels „Rechtsextremistische Parteien“ mit den Auswertungen zu „Die Heimat“ (ehemals NPD), „Der Dritte Weg“ und „AfD“.


BDK-Landesvorsitzender Steffen Mayer

 

Externe Links:

 Zur ergänzenden Lektüre: Bundesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht 2023