Verbrechensbekämpfung im Wandel – erfolgreiche Fachveranstaltung in Lübbenau

12.11.2019

Verpflichtende audiovisuelle Aufzeichnung von Vernehmungen bei vorsätzlich begangenen Tötungsdelikten oder zur Wahrung schutzwürdiger Interessen von Minderjährigen, die ständig wachsende Gefahr von Cyberkriminalität und die zunehmende Flut digitaler Daten, aber auch Entwicklungen im Bereich der Kriminaltechnik - dies alles stellt die Kriminalpolizei vor unglaublich große Herausforderungen.
Verbrechensbekämpfung im Wandel – erfolgreiche Fachveranstaltung in Lübbenau

Wie verändert sich die Verbrechensbekämpfung?
Die Sicherheitsbehörden passen sich nur zögerlich an diese neuen Gegebenheiten an. Die Modernisierung vorhandener IT-Systeme - vor allem aber auch der Aufbau fachlicher Kompetenzen beim Personal, sind nur zwei wichtige Punkte. 

Welche Fähig- und Fertigkeiten haben wir schon heute und welche benötigen wir morgen und übermorgen? 
Ist unsere Sicherheitsarchitektur mit dem ungeschriebenen Dogma, jeder müsse alles können, noch zeitgemäß?  

All diesen Fragen haben wir uns auf unserer Fachveranstaltung am 07.11.2019 in Lübbenau gewidmet.

Pünktlich um 09.00 Uhr trat der stellvertretende Landesvorsitzende, Peter Kaiser, vor einen voll besetzten Konferenzraum, um die Veranstaltung offiziell zu eröffnen und sodann das Mikrofon an den Landesvorsitzenden Riccardo Nemitz weiterzureichen, der in seiner Begrüßung die Wichtigkeit derartiger Fachveranstaltungen, insbesondere im Hinblick auf die ständig steigenden Herausforderungen an unsere kriminalpolizeiliche Arbeit, hervorhob.

Als erstes sollten wir uns an diesem Tag mit der audiovisuellen Aufzeichnung von Vernehmungen beschäftigen. Der Leiter des Dezernats 1 in der PD Ost, Eric Herrmann, zeigte die neuen Richtlinien und Vorschriften auf, stellte den Stand der Umsetzung dar und gab den Zuhörern diesbezüglich viele wichtige praktische Tipps für ihre zukünftige Arbeit.

Dann übernahm Denny Speckhahn vom Cyber-Competence-Center des LKA Brandenburg den Platz am Rednerpult. Anschaulich und kurzweilig stellte der Leiter der Abteilung Ermittlung und Auswertung anhand eines realen Kriminalfalls die Möglichkeiten und Grenzen kriminalpolizeilicher Internetermittlungen vor, zeigte aber auch Probleme auf, mit denen die Kriminalisten in unserem Land tagtäglich zu kämpfen haben. Zwei Stunden lang produzierte Denny Speckhahn im Publikum „Ahas“ und „Achsos“ und ließ den Kugelschreibern der Veranstaltungsteilnehmer keine Verschnaufpause, gab es doch ständig Tipps und Hinweise für die eigenen Ermittlungen zu notieren.

Und während die Teilnehmer noch den letzten Worten von Denny Speckhahn lauschten, saß im Foyer des Veranstaltungszentrums bereits ein Mann, der geschäftig an seinem Laptop arbeitete.
Beim Mittagessen wird der eine oder andere meinen, dass ihm dieser Mann irgendwie bekannt vorkommt, weil man ihn schon einmal irgendwie im Fernsehen gesehen zu haben glaubt. Und diese Annahme ist ganz und gar nicht falsch, denn bei diesem Mann handelt es sich um keinen geringeren als den bekannten Blogger und Spezialisten für IT-Sicherheit, Marco di Filippo.
Ausgerüstet mit einem Koffer von der Größe eines Beautycases übernahm er die Nachmittagsunterhaltung. Und anders kann man es auch nicht beschreiben - Marco di Filippo lieferte tatsächlich eine Show ab, die nicht einmal den Gedanken an ein Suppenkoma aufkommen ließ. Er nahm uns alle mit auf eine Reise in den digitalen Untergrund.
Jeder einzelne Teilnehmer folgte hier einfach nur gebannt und schockiert der Vorstellung, immer mit der Frage im Kopf: „Bin ich eigentlich noch irgendwo im Internet sicher?“

Wir sahen, wie einfach es ist, Sparephishing zu betreiben, erlebten live, wie unser Kollege Richard Forner, ohne selbst aktiv etwas zu tun, per SMS 5€ an das DRK spendete, hörten live über eine simple DVBT Karte ein Telefonat von Heike Trautmann und Marco di Filippo mit und erfuhren so auch, was ein „early media effect“ ist. Wir erfuhren, wie leicht es ist, in Smart-Home Anlagen einzudringen, wie man das Licht und die Heizung in Häusern anderer Menschen steuern kann und welche tiefgreifenderen und durchaus auch volkswirtschaftlichen Schäden man verursachen kann, wenn man beispielsweise alle Solaranlagen in Deutschland zeitgleich vom Netz nehmen würde.
Spätestens als Marco di Filippo ein simples Handyladekabel an seinen PC anschließt, um vermeintlich sein Telefon zu laden, wird allen Teilnehmern klar: „Frag niemals einen Fremden nach einem Ladekabel!“
Denn nach dem Anschließen des Kabels holte Marco di Filippo eine kleine Antenne aus seiner Hosentasche und betätigte einen kleinen Knopf, was bewirkte, dass der PC, an den das Ladekabel angeschlossen war, eigenständig anfing zu arbeiten und ein schadhaftes Update installierte, über das der vermeintliche Angreifer anschließend die Kontrolle über den gesamten PC erlangte.
Nach prall gefüllten 90 Minuten waren wir alle sprachlos und hatten uns alle einen Kaffee verdient. Marco di Filippo wurde in der Pause umringt und ausgefragt und referierte im kleinen Kreis weiter.

Den Abschluss dieses überaus interessanten Tages bildete am Nachmittag Jaap Roos von der Firma ANDE. Der Niederländer kam extra für unsere Fachveranstaltung nach Deutschland und stellte uns neue Möglichkeiten von D N A-Untersuchungen vor, die in verschiedenen Ländern der Erde bereits fester Bestandteil polizeilicher Ermittlungsunterstützung sind. So ist es den Niederländern gelungen, ein mobiles Gerät zu entwickeln, mit dem DNA-Spuren innerhalb weniger Stunden noch am Tatort untersucht werden können. Eine Innovation, die sich Rapid DNA nennt und die zukünftige kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit durchaus bereichern könnte. Auch wenn wir in Deutschland noch lange nicht so weit sind, lohnt sich doch ein Blick über den Tellerrand allemal.

Dass wir am Ende des Tages durchweg positives Feedback erhalten haben, freut uns sehr und bestätigt uns, wie wichtig der Mehrwert derartiger Fachveranstaltungen für unsere Kolleginnen und Kollegen ist. Nicht unerwähnt möchten wir lassen, dass nicht nur Kolleginnen und Kollegen aus unserem Bundesland unsere Gäste waren, sondern dass wir uns auch sehr darüber freuten, dass Kolleginnen und Kollegen aus Sachsen-Anhalt, aus Baden-Württemberg und vom Bundeskriminalamt den Weg in den Spreewald gefunden haben.