Urteil des Bundesverfassungsgericht geht Euch alle an - Aus der Serie: wo bleibt Niedersachsen

19.05.2015

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, wie reagiert die Politik? Das BverfG hat mit Urteil vom 05.05.2015 -2 BvL 17/09 u.a.- eine Entscheidung zur amtsangemessenen Alimentation von Richtern und Staatsanwälten gefällt, das grundsätzliche Bedeutung für die Berechnung einer amtsangemessenen Alimentation hat.
Urteil des Bundesverfassungsgericht geht Euch alle an - Aus der Serie: wo bleibt Niedersachsen

Hiernach ist die Unteralimentation erreicht, wenn folgende Kriterien zutreffen:

Die Differenz zwischen den Tarifergebnissen im öffentlichen Dienst  und der Besoldungsanpassung beträgt mindestens fünf Prozent. Die Betrachtung ist dabei auf den Zeitraum der zurückliegenden 15 Jahre zu erstrecken.

Allein die Streichung des sogenannten Weihnachts- und Urlaubsgeldes, welches im Tarifbereich weiterhin gezahlt wird, ergibt eine Kürzung um weit mehr als 5 Prozent.

Beträgt die Differenz zwischen der Besoldungsentwicklung und der Entwicklung des Nominallohnindex bei Zugrundelegung eines Zeitraums von 15 Jahren in der Regel mindestens fünf Prozent des Indexwertes der erhöhten Besoldung, ist dies ein weiteres Indiz für die evidente Unangemessenheit der Alimentation.

Die Besoldungsentwicklung seit 2000 ist immer hinter den durchschnittlichen Tariferhöhungen zurück geblieben, hinzu kommt die Streichung der Sonderzuwendungen, auch hier sind die Kriterien eindeutig erfüllt.

Bleibt die Besoldungsentwicklung im verfahrensgegenständlichen Zeitabschnitt hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindex in den zurückliegenden 15 Jahren und in einem weiteren gleichlangen überlappenden Zeitraum in der Regel um mindestens fünf Prozent zurück, ist dies ein weiteres Indiz für die evidente Unangemessenheit der Alimentation.

Allein durch die Streichung der Sonderzuwendungen ist die Besoldungsentwicklung gegenüber dem Verbraucherpreisindex um über 5 Prozent innerhalb der letzten 15 Jahre zurück geblieben.

Der vierte Parameter ergibt sich aus einem systeminternen Besoldungsvergleich.
Eine deutliche Verringerung der Abstände der Bruttogehälter in den Besoldungsgruppen infolge unterschiedlich hoher linearer Anpassungen bei einzelnen Besoldungsgruppen oder zeitlich verzögerter Besoldungsanpassungen indiziert daher einen Verstoß gegen das Abstandsgebot. Ein Verstoß liegt in der Regel vor bei einer Abschmelzung der Abstände zwischen zwei vergleichbaren Besoldungsgruppen um mindestens 10 v.H. in den zurückliegenden fünf Jahren.

Dies dürfte in Niedersachsen nicht zutreffend sein.

Quervergleich mit der Besoldung des Bundes und anderer Länder ist schließlich ein weiteres Indiz für die Bestimmung des Kerngehalts der Alimentation (fünfter Parameter). Liegt das streitgegenständliche jährliche Bruttoeinkommen einschließlich etwaiger Sonderzahlungen 10 Prozent unter dem Durchschnitt der übrigen Ländern im gleichen Zeitraum, was gemessen an der streitgegenständlichen Besoldung regelmäßig einem Besoldungsunterschied von mehr als einem Monatsgehalt entsprechen dürfte, ist dies jedenfalls ein weiteres Indiz für eine verfassungswidrige Unteralimentation.

Dies müsste eine detaillierte Berechnung  für Niedersachsen ergeben.

Die erste Prüfungsstufe deutet darauf hin, dass in Niedersachsen mindestens drei der fünf genannten Parameter gegeben sein dürften und damit auf eine Unteralimentation hinweisen.

Die objektiven Tatbestandsmerkmale sind daher als erfüllt anzusehen.


4.    Ergibt die Gesamtschau, dass die als unzureichend angegriffene Alimentation grundsätzlich als verfassungswidrige Unteralimentation einzustufen ist, bedarf es der Prüfung, ob dies im Ausnahmefall verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein kann. Der Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation ist Teil der mit den hergebrachten Grundsätzen verbundenen institutionellen Garantie des Art. 33 Abs. 5 GG. Soweit er mit anderen verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen oder Instituten kollidiert, ist er entsprechend dem Grundsatz der praktischen Konkordanz im Wege der Abwägung zu einem schonenden Ausgleich zu bringen (3. Prüfungsstufe). Verfassungsrang hat namentlich das Verbot der Neuverschuldung in Art. 109 Abs. 3 Satz 1 GG.
5.    Jenseits der verfassungsrechtlich gebotenen Mindestalimentation genießt die Alimentation des Richters oder Staatsanwalts einen relativen Normbestandsschutz. Der Gesetzgeber darf hier Kürzungen oder andere Einschnitte in die Bezüge vornehmen, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.
6.    Die Festlegung der Besoldungshöhe durch den Gesetzgeber ist an die Einhaltung prozeduraler Anforderungen geknüpft. Diese Anforderungen treffen ihn insbesondere in Form von Begründungspflichten. „

Das BVerfG hat weiterhin entschieden, unter welchen Gesichtspunkten eine Unteralimentierung noch gerechtfertigt sein könnte. Diese müssten aber im Lichte einer Gesamtschau eines Konsolidierungspaketes begründet werden, der bloße Hinweis auf die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse reiche nicht.

Wie reagiert die Politik?

Bisher ist hier nichts zu hören gewesen, der Doppelhaushalt 2015/16 ist beschlossen, ein Handlungsbedarf scheint nicht gesehen zu werden.
Nach hiesiger Auffassung müsste der Dienstherr, schon im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses und der ihm obliegenden PFLICHT zur amtsangemessenen Besoldung seiner Beamtenschaft, seine Besoldungsstruktur nach Maßgabe des Urteils des BVerfG überprüfen. Solange er dies nicht macht, muss man alle Betroffenen, insbesondere die, die noch keinen Antrag auf amtsangemessene Alimentation gestellt haben,  darauf hinweisen, dass jede/r Beamte/in jederzeit die Möglichkeit hat, bei der jeweils zuständigen Besoldungsstelle zu beantragen, seine Alimentation gemäß dem o.g. Urteil des BVerfG zu überprüfen und zu berechnen.

Letzter Absatz aus o.g. Urteil:
„Stellt das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit einer Norm oder mehrerer Normen mit dem Grundgesetz fest, folgt daraus grundsätzlich die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Rechtslage rückwirkend verfassungsgemäß umzugestalten. Ausnahmen von dieser Regelfolge der Unvereinbarkeit hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt bei haushaltswirtschaftlich bedeutsamen Normen bejaht. Speziell bei besoldungsrechtlichen Normen gilt es zu beachten, dass die Alimentation des Beamten der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln darstellt. Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes ist daher mit Blick auf die Besonderheiten des Beamtenverhältnisses nicht geboten. Sie ist jedoch sowohl hinsichtlich des Klägers des Ausgangsverfahrens als auch hinsichtlich etwaiger Kläger erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist. „

Landesweit sind viele tausend Anträge auf amtsangemessene Alimentation gestellt worden. Die hieraus möglicherweise erwachsenden Ansprüche dürften im dreistelligen Millionenbereich oder höher liegen. Dies näher festzustellen wäre Aufgabe der Regierung oder einer im Landtag vertretenen Partei, ob des dazu kommt, bleibt abzuwarten.

Der BDK bleibt stringend bei den bisher eingeleiteten Klageverfahren (siehe BDK-Infos) und wartet bis heute immer noch trotz mehrfacher Anfragen auf Antworten aus der Politik!

Der BDK bleibt weiterhin am Ball


Der geschäftsführende Landesvorstand


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