Tarifabschluss in Hessen – Eine Analyse

17.03.2024

Am Nachmittag des 15.03.2024 verkündeten die Verhandlungspartner das Ergebnis der Tarifverhandlungen in Hessen, das sich erwartungsgemäß sehr stark am Ergebnis der Tarifverhandlungen der Länder (TdL) und des Bundes orientiert. Die Übernahme des Ergebnisses auf die Beamtinnen und Beamte sowie Versorgungsempfängerinnen und -empfänger wurde bereits angekündigt. Die Gesetzesvorlage soll zeitnah auf den Weg gebracht werden.
Tarifabschluss in Hessen – Eine Analyse

Das Ergebnis für die ca. 45.000 Beschäftigten, ca. 120.000 Beamtinnen und Beamte sowie ca. 95.000 Versorgungsempfängerinnen und -empfänger in Hessen sieht wie folgt aus:

  • Der Tarifvertrag hat eine Geltungsdauer von 24 Monaten, also vom 01. Februar 2024 bis zum 31. Januar 2026
  • 3.000 Euro werden als einmalige steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in drei Tranchen zu je 1.000 Euro am 15. Mai, 1. Juli und 1. November 2024 ausgezahlt.
  • Ab Februar 2025 wird ein Sockelbetrag von 200 Euro monatlich ausgezahlt, der einer prozentualen Steigerung von ca. 4,8% entsprechen soll
  • 5,5 Prozent monatlich mehr Gehalt ab August 2025
  • Die Jahressonderzahlung wird für die Entgeltgruppen 1-8 auf 90 % und für die Entgeltgruppen 9a-16 auf 60 % angehoben
  • Das Landesticket sprich Hessen-Ticket wird weitergeführt bis 31.12.2026

Zusätzlich wurden folgende Änderungen verhandelt:

  • Anhebungen der Zulagen für Fachkräfte ( z. B. für Ärztinnen und Ärzte, IT-Expertinnen und -Experten, Laborantinnen und Laboranten)
  • Überarbeitung der geltenden Entgeltordnung, mit dem Ziel Arbeitsplatzbeschreibungen zu aktualisieren
  • Beschäftigte können weiterhin einen Teil ihrer Jahressonderzahlung in zwei freie Tage umwandeln
  • Eltern können nach einer Adoption von Kindern bis zum 3. Lebensjahr – wie bei der Geburt von Kindern – einen Tag Freistellung und bis zu acht Elterntage nehmen
  • Unbefristete Beschäftigungsverhältnisse für Studentische Hilfskräfte im wissenschaftlichen und künstlerischen Bereich werden ausgeweitet
  • Gewerkschaftliches Engagement wird im Tarifbereich mit weiteren Freistellungsregelungen honoriert

Der detaillierte Tarifvertrag kann hier eingesehen werden: 

>>>>>Tarifvertrag Hessen neu 01.02.24 - 31.01.26 <<<<<

Das hessische Innenministerium hat folgenden Beitrag zum Tarifabschluss veröffentlicht:

https://innen.hessen.de/presse/fairer-tarifabschluss-zwischen-land-und-gewerkschaften

 Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, sind die Abschlüsse von Bund, Ländern und Hessen sehr ähnlich:

HE_20240316_Vergleich Tarifabschluss Hessen mit Länder und Bund.jpg

Fazit:

Wurde die Forderung von +10,5% erreicht? Ja, aber erst ab Februar 2025, also 12 Monaten nach der Laufzeit. Ohne die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie, wäre das erste Jahr eine komplette Nullrunde. Je nach Gehaltsstufe können es dann auch 12% oder mehr sein.

Dass es beim Bund und den anderen Ländern 13 Monate bis zur ersten Erhöhung dauert, hilft da nur wenig. Die volle Steigerung um 10,5% und mehr wird ab August 2025, also 6 Monate vor Ablauf des neuen Tarifvertrages erreicht, also 18 Monate nach Beginn der Laufzeit. Das hinterlässt schon einen bitteren Beigeschmack, ebenso wie die geforderte, aber nicht umgesetzte Gefährdungszulage für die Kolleginnen und Kollegen der Wachpolizei.

Im Konkurrenzkampf mit Bund und Ländern um qualifiziertes Personal hat Hessen zwar nachgezogen, aber es verpasst, sich „attraktiver“ zu machen. Seien wir ehrlich, spätestens seit der Einführung des Deutschlandticket ist das Hessenticket nicht mehr als nettes Beiwerk. Dass man in anderen Bundesländern und beim Bund in vergleichbaren Entgeltstufen und Besoldungsstufen weiterhin netto mehr Geld verdient, gehört auch zur Wahrheit dazu.

Fassen wir zusammen, die Beschäftigten in Hessen bekommen einen Abschluss wie bei Bund und Ländern, allerdings wird Hessen weiterhin nicht in der ersten Liga bei der Vergütung mitspielen. Damit wurde unserer Ansicht nach eine Chance vertan, um auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt um neues Fachpersonal und Auszubildende deutlich zu punkten.