Speicherung von IP Adressen - Zeit zu handeln

12.10.2023

In den Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages war der BDK als Sachverständiger eingeladen. Unsere stellv. Bundesvorsitzende Marina Hackenbroch stellte dort die Haltung des BDK zum Thema Speicherung von IP-Adressen unter anderem im Kontext sexuellen Missbrauchs dar.
Speicherung von IP Adressen - Zeit zu handeln

Am 11.10.2023 fand im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages eine öffentliche Anhörung statt. Auf Antrag der CDU/CSU Fraktion ging es dabei um das Thema

"IP-Adressen rechtssicher speichern und Kinder vor sexuellem Missbrauch schützen"

Im Vorfeld war auch der BDK um einer Stellungnahme gebeten worden, die unsere stellvertretende Bundesvorsitzende, Marina Hackenbroch im Rechtsausschuss vertrat. 

Gemeinsam mit anderen Sachverständigen vertritt der BDK die Auffassung, dass ein angedachtes Quick-Freeze Verfahren1 keine Alternative zur Datenspeicherung darstellt, gleichwohl aber kein gänzlich ungeeignetes Mittel kriminalpolizeilicher Sachbearbeitung ist. Er ist allenfalls ein flankierendes Instrument. Marina Hackenbroch dazu:

"Immer dann, wenn wir unbekannte Tatverdächtige über das Internet ermitteln müssen, wird Quick Freeze nicht zum Erfolg führen, so lange die deutschen Provider so speichern, wie sie es aktuell tun."

Aktuell ist das Zeitfenster, in denen IP-Adressen erfolgreich lokalisiert werden können, zu kurz. Bedauerlicherweise ist es bei einer Vielzahl von Fällen im Zusammenhang mit Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen, die über das Internet geteilt und verbreitet werden, bei Weitem nicht so, dass IP-Adressen immer tagesaktuell oder innerhalb einer Woche übermittelt werden.

So gab es in der Vergangenheit immer wieder Beispiele, in denen deutsche Strafverfolgungsbehörden IP-Adressen entweder durch eigene Ermittlungen feststellen konnten oder von ausländischen Partnerbehörden übermittelt bekommen haben, die aber bereits mehrere Wochen oder Monate alt waren. In solchen Fällen laufen Abfragen zu den IP-Adressen regelmäßig ins Leere.
Marina Hackenbroch führte dazu in der Anhörung aus:

"Wir verlieren als deutsche Strafverfolgungsbehörden im internationalen Kontext auch zunehmend an Ansehen, wenn wir übermittelte Daten immer wieder nicht nutzen können. Wenn ausländische Partnerbehörden IP-Adressen übermitteln und wir als deutsche Strafverfolgungsbehörden immer und immer wieder sagen müssen, dass wir leider keine Informationen mehr dazu haben. Für eine effektive Bekämpfung von Kriminalität, die über das Internet begangen wird, sind wir häufig auf internationale Zusammenarbeit angewiesen. Die fehlenden Regelungen erschweren diese Zusammenarbeit zunehmend."

Aus fachlicher Sicht ist es daher dringend erforderlich, dass die Speicherung von IP-Adressen zur Verfolgung schwerer Straftaten gesetzlich geregelt wird. IP-Adressen sind häufig der einzige Ermittlungsansatz bei Kriminalität, die über das Internet begangen wird, insbesondere im Bereich der Darstellung sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Oft hört man, die Polizei würde die Diskussion um die Mindestspeicherfristen von IP-Adressen durch den Verweis auf den Phänomenbereich der Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen künstlich dramatisieren. Hierzu fand Marina Hackenbroch ganz klare Worte:  

"Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen als Polizistin sagen, dass es nach meinem persönlichen Empfinden wenige Deliktsbereiche gibt, die vergleichbar schrecklich sind. Was aus fachlicher Sicht aber wirklich dramatisch ist, ist meines Erachtens, dass die vom EuGH eingeräumten Möglichkeiten nicht ergriffen werden, wir aus diesem Grund nicht selten nur wirklich langwierige und eben nicht erfolgreiche Ermittlungen führen können und deshalb schwerer sexueller Missbrauch nicht unterbunden wird."

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter sieht in der Entscheidung des EuGH einen klaren Auftrag an die Regierungskoalition, die seit 2015 bestehende Regelungslücke bei der Vorratsdatenspeicherung zu schließen. Ziel muss es nun schnellstmöglich sein, einen EU-konformen und praktikablen Rechtsrahmen zu schaffen.

1Beim Quick-Freeze-Verfahren werden Telekommunikationsanbieter verpflichtet, bei einem Anfangsverdacht Daten zu einzelnen Nutzern für einen bestimmten Zeitraum zu speichern. Möglich soll dies bei schweren Straftaten wie etwa Totschlag, Erpressung oder Kindesmissbrauch sein, wenn ein Richter der Maßnahme zugestimmt hat. 

diesen Inhalt herunterladen: PDF