Presseerklärung des BDK Landesverband Hamburg
08.02.2017
Auf der heutigen Pressekonferenz dürften Innensenator Andy Grote, Polizeipräsident Ralf Martin Meyer und der Leiter der Landeskriminalamtes Frank-Martin Heise voll des Lobes für die von den Kolleginnen und Kollegen der Polizei Hamburg geleistete Arbeit sein! Rückgänge im Taschendiebstahl um 8,8 % und um 16,6 % im Wohnungseinbruchdiebstahl und dagegen eine Zunahme der Rauschgiftdelikte um 11,4 % stehen für die erfolgreiche Arbeit der Schwerpunkteinsätze der Polizei Hamburg in diesen Bereichen.
Doch zu welchem Preis konnten diese Erfolge erzielt werden? Insbesondere die Erfolge der BAO „Castle“ zeigen, dass ein konzentrierter Kräfteansatz von gut ausgebildeten Kriminalisten und operativen Kräften in Kombination mit einer operativen Lageauswertung Garanten für eine erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung sind. Da aber keine Kräfteressourcen mehr vorhanden sind, werden die Kolleginnen und Kollegen in immer kürzeren Intervallen von einem Brandherd zum nächsten gejagt - immer mit der Folge, dass sie woanders schmerzlich fehlen und andere Straften nicht mehr bearbeitet werden können. Auf eine klare Aussage, welche Bereiche man für diese Erfolge nicht mehr bedient, blieben die Verantwortlichen leider schuldig. Denn hier müsste Senator Grote den vielen Opfern von Straftaten erklären, warum es die Kriminalpolizei nicht mehr schafft, diese Vorgänge angemessen zu bearbeiten, so Jan Reinecke, Landesvorsitzender des BDK. Darüber hinaus sei festgestellt, dass die PKS als solches kein tauglicher Arbeitsnachweis der Polizei ist und auch nichts über die tatsächliche Kriminalitätslage in unserer Stadt aussagt. „Da ist der Mord genauso nur ein Strich, wie die einfache Körperverletzung. Oder der Bankraub zählt nicht mehr, als der einfache Ladendiebstahl“, erläutert Jan Reinecke, Landesvorsitzender des BDK, den zweifelhaften Wert der PKS-Zahlen. Viel ehrlicher wäre es hingegen, die PKS mit der Verurteilungsstatistik der Justiz in Verbindung zu setzen, wodurch transparent gemacht würde, wie viele der von der Polizei zu Tatverdächtigen erklärte Personen, zu Beschuldigten, zu Angeklagten und schließlich zu gerichtlich Verurteilten werden. In dieser Kette gesehen, gleicht es einem negativen Lottogewinn, in Hamburg für eine Straftat verurteilt zu werden, so der Hamburger BDK Chef Jan Reinecke. Tatsächlich wird die Hamburger Kriminalpolizei dem Legalitätsprinzip in vielen Bereichen immer weniger gerecht. Denn Kriminalität wird mehr verwaltet als aufgeklärt. Beispielgebend hierfür sind die Vorgangshalden in der zentralen Betrugssachbearbeitung (LKA 55) und der Geldwäschebekämpfung (LKA 66) und dass für die Bearbeitung von Alltagsphänomenen wie z.B. der Rauschgift-, Wohnungseinbruchs- und Rockerkriminalität immer häufiger Besondere Aufbauorganisationen (BAO) oder Sonderkommissionen (SOKO) gebildet werden müssen, weil die Alltagsorganisation nicht mehr im Stande ist, derartige Phänomene zu bewältigen.Passend hierzu stellt Jan Reinecke auch fest: „Die politisch Verantwortlichen haben entschieden, dass nur noch solche Delikte in der PKS zu erfassen sind, bei denen beweisbar ist, dass der Täter in Deutschland gehandelt hat. Dieser Beweis lässt sich allerdings für Cybercrimetaten aufgrund der komplexen Internetserverstruktur und den gebräuchlichen Verschlüsselungs- und Tarnmöglichkeiten in den wenigsten Fällen führen, was dazu führt, dass diese Taten nicht von der PKS erfasst werden, obwohl es sich bei den geschädigten um deutsche Personen oder Institutionen handelt“. Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass durch die beschriebene Taktik mehr als die Hälfte aller zuvor registrierten Straftaten „mit Tatmittel Internet“ einfach aus der PKS verschwunden sind, wobei das Bundeskriminalamt sogar davon ausgeht, dass der Polizei 90% aller Fälle gar nicht bekannt werden. „Hier lohnt sich ein tieferer Blick in die Statistik. Die politisch Verantwortlichen haben bewusst entschieden, dem Bürger über das tatsächliche Ausmaß dieser heute alltäglichen Kriminalität keine ehrliche Auskunft zu geben“, ärgert sich Jan Reinecke. „Natürlich würde ein ehrlicher Umgang Handlungsdruck erzeugen und die Notwendigkeit von Investitionen in Personal und Technik offenlegen. Und genau hier liegt das Problem: Die Politik will diese Investitionen in die Innere Sicherheit nicht vornehmen oder besser bezahlen.“ Wir leben in einer hochspezialisierten Welt und haben es demnach in vielen Bereichen auch mit immer spezialisierter vorgehenden Straftätern zu tun. Doch während sich die Straftäter zunehmend spezialisieren, findet eine Fortbildung von Kriminalbeamten faktisch nicht mehr statt. Zudem sind die Ansprüche von Staatsanwaltschaft und den Gerichten an die kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit erheblich gestiegen. Doch statt die Kriminalpolizei endlich mit genügend Personal und notwendiger Technik auszustatten, reduziert man diese, indem man sie zunehmend mit Fremdaufgaben außerhalb der Kriminalitätsbekämpfung (z.B. mit dem regelmäßigen Betreuen von Gefangenensammelstellen und der Begleitung bei Abschiebungen) betraut. Dies alles kostet Arbeitszeit, die in der alltäglichen Kriminalitätsbekämpfung fehlt.Tatsächlich ist die IT-Ausstattung der Kriminalpolizei Hamburg vollkommen veraltet und unzureichend. So können kriminalpolizeiliche Ermittlerinnen und Ermittler beispielsweise immer noch nicht von ihren Arbeitsplätzen tauglich auf das Internet zugreifen. Ferner stehen Schlagwörter wie PIAV, das Fallbearbeitungssystem Crime, Messenger24 und der unsägliche Umgang mit Massendaten als Beispiele für die derzeitige IT - Inkompetenz der Polizei Hamburg. Auch sollte auch erwähnt werden, dass die Telefone der Polizei Hamburg immer wieder über Stunden nicht funktionieren und der Speicherplatz des Polizeiservers regelmäßig voll ausgelastet ist. Politik und Polizeiführung sind nur allzu gern bereit, populäre Maßnahmen wie „mehr Uniformen auf die Straße“, priorisierte Bekämpfung der Einbruchskriminalität oder „entschlossene Bekämpfung der Gewaltkriminalität“ umzusetzen. Ermittlungserfolge bei einfach strukturierte Sachverhalten lassen sich medienwirksam sehr gut verkaufen – so wie auf dieser Pressekonferenz zu erleben - Im Gegensatz zu hochkomplizierten Sachverhalten aus den Bereichen der Organisierten- und Wirtschaftskriminalität, mit denen sich Kriminalpolizei, Staatsanwalt- und Richterschaft gleichermaßen schwertun. Volkswirtschaftliche Schäden durch Korruptions- und Wirtschaftsdelikte sind wesentlich höher zu beziffern, als Eigentums- und Gewaltdelikte.Abschließend sei noch kurz Stellung genommen zum Anstieg des Anteils der Tatverdächtigen mit nichtdeutscher Nationalität an allen Tatverdächtigen auf 47,4 % bzw. nach der Bereinigung um die Tatbestände, die Deutsche nicht begehen können auf 43,0 %. So ist das Phänomen „Ausländerkriminalität“ insbesondere seit der Flüchtlingskriese 2015/2016 hinreichend durch die Wissenschaft untersucht und begründet worden. Für die Opfer von Straftaten ist es aber in der Regel nicht relevant, woher die Täter stammen. Vielmehr wollen sie vor Straftaten geschützt, bzw. dass diese verfolgt werden. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert daher die konsequente Verfolgung aller Straftaten, egal ob es sich bei den Tätern um Ausländer oder Deutsche handelt.