Polizeiausbildung in Afghanistan bleibt Stückwerk - Das weitere Scheitern ist vorprogrammiert

05.02.2010

Die in den vergangenen Tagen von der Bundesregierung so optimistisch verkündete Entwicklungsoffensive ist weder neu, noch innovativ und schon gar nicht geeignet, den "Afghanistan-Blues" zu beenden. Sie birgt vielmehr die Gefahr des endgültigen Scheiterns, da durch die Entsendung weiterer Polizeiausbilder und Ausdehnung des extrem gefährlichen FDD-Programms das Anschlagsrisiko auf Deutsche schon statistisch deutlich steigen wird und damit ein vorzeitiger deutscher Abzug vorprogrammiert ist. Dann hätte Deutschland endgültig seine internationale Glaubwürdigkeit verloren.

In den offiziellen deutschen Verlautbarungen sind einige richtige und wichtige Punkte enthalten. Eindeutig zu begrüßen ist, dass die Mittel für den zivilen Aufbau verdoppelt werden sollen und dass die Verantwortung zunehmend in die Hand der Afghanen gelegt werden soll. Die Taliban "Abwrackprämie" scheint aus der Distanz sinnvoll jedoch wirft in der praktischen Umsetzung vor Ort einige Fragen auf, z.B: Wer bestimmt diejenigen, die Leistungen empfangen wie will man die Umsetzung überprüfen und wie das erneute Überlaufen zu den Taliban?

Leider bleibt auch diese Initiative Stückwerk und droht daher wie alle bisherigen (deutschen) Anstrengungen zu scheitern. Kein Wort zum Grundübel Korruption, keine Idee zur Unterbindung des Drogenanbaus bzw. zum Drogenschmuggel und der damit verbundenen Dauerdestabilisierung der afghanischen Gesellschaft.
Ohne ganzheitliches Konzept wird man die bisherigen Machtstrukturen nicht verändern und die Afghanische Polizei wird trotz FDD in alte Verfahrensmuster zurückfallen. Dann ist sie wieder Teil des korrupten Systems und vielerorts leider auch Teil der organisierten Kriminalität. Genau das wird von großen Teilen der afghanischen Bevölkerung kritisiert. In der Wahrnehmung der Bevölkerung subventioniert der Westen das korrupte "System Karzai", während der zivile Wiederaufbau weitestgehend auf der Strecke bleibt.  

Es geht in Afghanistan um Vieles: Internationale deutsche Glaubwürdigkeit, Stabilisierung einer strategisch wichtigen Region, die Bekämpfung des internationalen Terrorismus, Hilfe für ein Volk, dass seit mehreren Generationen nur Krieg und Gewalt kennt und letztlich um das Leben unserer Kolleginnen und Kollegen, die wir nach Afghanistan schicken. Wir müssen uns ehrlich fragen, ob in dieser Mission die Bedingungen  für einen zivilpolizeilichen Missionseinsatz noch gegeben sind und ob das enorme Risiko in vernünftiger Relation zum dürftigen Ergebnis steht.

Der deutsche Ansatz ist daher dringend zu überarbeiten und in engem Verbund mit den afghanischen Verantwortlichen und den im deutschen Zuständigkeitsbereich tätigen NGO`s zu einem internationalen Vorzeigemodell auszubauen.

Der BDK schlägt daher für den deutschen "Zuständigkeitsbereich" unter Nutzung von FDD-Elementen erneut  vor:

 

  1. Erstellen eines umfassendes Gesamtkonzept unter Einbindung aller vor Ort befindlichen Akteure und Beginn des Aufbaus von
    • Infrastruktur,
    • Polizei
    • Justiz,
    • öffentliche Verwaltung,
    • Bildung,
    • Wirtschaftsförderung / Arbeitsbeschaffung/ (Agrar-) Anbaualternativen
    in ausgesuchten Distrikten und sukzessiver Erweiterung auf Provinzebene
  2. Nachjustierung" des FDD Programms als Teil dieses ganzheitlichen Konzeptes und eine (vorübergehende?) Aussetzung der Mentorentätigkeit (PMT) in den Distrikten und Konzentration auf die Polizeirekruten/ Trainerausbildung in sicheren Trainingscentern
  3. Der gesamtdeutsche Ansatz ist vor Ort zu koordinieren. Diese Koordinierungsstelle sollte von einem kompetenten, international anerkannten und mit (auch finanzieller) Handlungsvollmacht ausgestatteten deutschen "Special Representative" der Bundesregierung geleitet werden.

 


Ansprechpartner für redaktionelle Rückfragen:
Thomas Mischke, Tel. 0177 88 33 99 6

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