Personalengpässe nicht nur bei der Polizei
09.02.2016
Eine umstrittene Kreisgebietsreform mit fraglichen Ergebnissen, eine genau so heftig diskutierte und vielfach abgelehnte Polizeistrukturreform mit zumindest teilweise verfehlten Zielstellungen oder eine deutlich vom Bürgerwillen verschmähte Gerichtsstrukturreform durften die Einwohner im Nordosten registrieren. Hinzu kommt noch ein stetiger Personalabbau in der öffentlichen Verwaltung, der unmittelbar nach der Wende vertretbar schien, später den Sachargumenten auswich und offensichtlich nur noch der Haushaltskonsolidierung diente.
Jetzt berichten die regionalen Medien, dass Meck-Pomm über zu wenig Studenten der Rechtswissenschaften und daher auch Referendare verfügt. Das Schweriner Justizministerium habe prognostiziert, dass es besonders nach dem Jahre 2021 zu personellen Engpässen bei unseren Gerichten und Staatsanwaltschaften kommen könnte. Damit droht ein weiterer Schlag ins Kontor der Strafverfolgung, was sich letztlich wieder auf die Arbeit der Kripo auswirken wird und wie schon gewohnt negativ.
Ausschlaggebend für den zukünftigen Mangel an Juristen mit Staatsexamen dürfte unseres Erachtens ebenfalls eine Reform, dieses Mal im Bildungsbereich, gewesen sein. Seit mehreren Jahren ist einzig an der Universität Greifswald eine Ausbildung zum Volljuristen möglich, nachdem dieser Studienzweig an der Rostocker Universität „abgewickelt“ wurde. Den anstehenden Juristenmangel verstärkt wohl noch eine gewisse fehlende Attraktivität des Standortes Mecklenburg-Vorpommern, denn nunmehr ist eine Werbekampagne zur Nachwuchsgewinnung geplant. Auf den Erfolg dieser Werbung darf man sehr gespannt sein. Welcher Student oder Jurist entscheidet sich wohl für ein Bundesland mit problematischer Infrastruktur, mit einer gerade durchgeführten und personell einengenden Justizreform, mit lediglich einer Uni für zukünftige Volljuristen oder mit dem finanziell geringsten Beihilfesatz aller Bundesländer für Referendare? Und ob eine individuelle Betreuung der Referendare oder eine bessere Ausbildung mittels einer eigenen Lernplattform im Internet zukünftige Staatsanwälte oder Richter scharenweise in den Nordosten holt, bleibt zumindest erst einmal offen.
Die Fehler der Verantwortlichen sind begangen worden. Richtig und zukunftsweisend wäre es aus unserer Sicht, nach einer generellen Aufgaben- und Prozesskritik zu bewährten Mitteln und Methoden der Ausbildung zurückzukehren, statt weiter Reformen durchzusetzen, deren „Erfolge“ gering oder fragwürdig sind und die unsere Probleme nicht lösen. Wir benötigen Problemlösungen und nicht vermeintliche, vorgetäuschte Lösungen von Problemen!
So hat sich im Polizeibereich die scheinbare Neueinstellung von 100 zusätzlichen Fachleuten nicht als Personalaufstockung entpuppt, sondern lediglich als temporäre Unterstützung bei den anstehenden Aufgaben. Soweit wir aus dem Ministerium informiert wurden, gehen diese 100 Stellen zu Lasten von Beförderungen und bereits bestehender Stellen oder Planstellen. Sprich, wo jemand als Fachmann hinzukommt, wird an anderer Stelle gestrichen. Es werden sicherlich kompetente Fachleute eingestellt, doch dafür fallen andere Polizeistellen weg.
Für uns scheint klar, dass die Zukunft der Polizei weiterhin dem Rotstift der Finanzpolitik geopfert wird. Gleiches ist auch für die Rettungsdienste oder die Justiz zu befürchten. Für ein Umdenken ohne Negativ-Wirkung ist es bereits zu spät, denn das massive Fehlen von Fachleuten in den Branchen des öffentlichen Dienstes ist nicht durch eine einfache Erhöhung der Zahlen von Auszubildenden oder Studierenden auszugleichen. Dafür sind deren Kapazitäten – selbstverursacht – zu gering geworden.
Wir appellieren an die politisch Verantwortlichen, schleunigst die bestehenden Personalprobleme anzuerkennen und umgehend für eine Entspannung zu sorgen und das selbstredend noch vor der Landtagswahl im Herbst. Der Unterstützung der Berufsvertretungen und Gewerkschaften darf dabei die Politik gewiss sein.