Nachersatzverfahren 2010 - BDK fordert Behördenleiter und Leiter der Direktionen K zur Verstärkung und Verjüngung der Kripo auf

28.07.2010

Düsseldorf, 29.07.2010 - Der BDK-Landesvorsitzende Wilfried Albishausen hat in Schreiben an die Behördenleiterinnen und Behördenleiter sowie an die Leiter der Direktionen Kriminalität mit Nachdruck die Verstärkung der Kriminalpolizei um mindestens 10 % in diesem Jahr gefordert.
Nachersatzverfahren 2010 - BDK fordert Behördenleiter und Leiter der Direktionen K zur Verstärkung und Verjüngung der Kripo auf

Aufgrund der Altersstruktur, der schon bald beginnenden Pensionierungswelle und nicht zuletzt aufgrund der gestiegenen Arbeitsraten in den Kriminalkommissariaten ist sofortiges Handeln notwendig.

Der BDK drängt dabei unter anderem auf die Einhaltung des seit 2007 bestehenden Erlasses zum Nachersatzverfahren, nach dem 75 % des Nachersatzes durch junge Beamtinnen und Beamte (U30) zu erfolgen hat. Die Behördenleitungen tragen eine besondere Verantwortung für die Kriminalitätsbearbeitung und sind nicht an die prozentualen Verteilpotenziale der Belastungsbezogenen Kräfteverteilung (BKV) gebunden. Dies hat das Innenministerium alljährlich immer wieder deutlich gemacht.

Wilfried Albishausen erklärte in Düsseldorf: "Ich möchte nicht in der Haut von Behördenleitern stecken, wenn 2015 kriminalistischer Sachverstand in "Kommissariatsstärken" die Behörden verlässt. Dann wird das ganze Ausmaß der bisherigen desaströsen Personalpolitik in der Kripo auch nach außen hin spürbar."

Auszüge aus dem Schreiben an die Behördenleiter/innen

... in Kürze werden Sie darüber entscheiden müssen, wie das den Polizeibehörden im Nachersatzverfahren zugewiesene Personal auf die Fachdirektionen nach sachlich nachvollziehbaren Kriterien zu verteilen ist. Diese Frage stellt sich in der aufgabenorientierten Polizeiorganisation vor allem dem Polizeibehördenleiter, der letztlich nach Vortrag der Sachargumente entscheiden muss, wie er das Personal zwischen den Direktionen K, GE und V verteilt.

Als Anhaltspunkt dient dabei nach wie vor die so genannte "Belastungsbezogene Kräfteverteilung" (BKV), ein aus Sicht des BDK ungeeignetes Kräfteverteilungsmodell, das selbst vom Innenministerium nicht mehr als ernsthafte Verteilungsgrundlage angesehen werden kann. Nicht ohne Grund wird seitens des Innenministeriums immer wieder deutlich gemacht, dass die BKV zwar für die Verteilung des Personals auf Landesebene bindend ist, für die Verteilung des Personals in den Kreispolizeibehörden jedoch keine zwingende Richtschnur darstellt. Damit tragen Sie die Verantwortung für den Personaleinsatz in den Direktionen Ihrer Behörde.

Diese BKV differenziert weder qualitative Kriterien noch das jeweilige Arbeitsvolumen in den unterschiedlichen Bereichen polizeilicher Kernaufgaben. Der BDK hat die BKV nie als Verteilungsgrundlage akzeptiert, weil sie die Entwicklung der Kriminalitätslage und das erheblich gestiegene Arbeitsvolumen der Direktion Kriminalität nicht berücksichtigt.

... Die Kriminalpolizei befindet sich zunehmend in der Situation, eine Vielzahl von Ermittlungsansätzen mit bereits konkret vorliegenden Verdachtsmomenten oder sicher zu ermittelnden Tatverdächtigen nicht oder nur verspätet bearbeiten zu können.

... Die Kriminalpolizei leidet seit Jahren - sicher auch in Ihrer Behörde - an einer starken Überalterung. Landesweit sind von den 8.300 Kriminalbeamtinnen und Kriminalbeamten 4.000 50 Jahre alt und älter, 4.000 sind zwischen 39 und 49 Jahre alt, nur 300 sind jünger als 39 Jahre. Dass die Gruppe der über 50 Jahre alten Beamtinnen und Beamten in den Kriminalinspektionen 1 und 2 in nicht wenigen Behörden deutlich überrepräsentiert ist, zeigt die Dramatik der bevorstehenden "Pensionierungswelle" ab 2015 sehr deutlich.

Der zurzeit gültige Erlass über das Nachersatzverfahren, nach dem 75% des Nachersatzes für die Kriminalpolizei aus jungen Beamtinnen und Beamten gedeckt werden soll, hat bisher nicht dazu geführt, die Altersstruktur der Kriminalpolizei zu verbessern.

Der BDK hat das Problem des Nachersatzes in der Kriminalpolizei gegenüber dem Innenminister in den letzten Jahren immer wieder deutlich gemacht. Unter Hinweis auf Ihre Verantwortung zur Verteilung des zugewiesenen Personals (ohne Bindung an die BKV) ist es Innenminister Dr. Wolf leicht gefallen, dieses Problem weitgehend zu ignorieren.

... es ist zwischenzeitlich "5 nach 12", die Kriminalpolizei ist in einer Form belastet, die auch aus Gründen der Fürsorgepflicht und des Legalitätsprinzips nicht mehr vertretbar ist.

Besondere Aufbauorganisationen, zunehmend aus Rückversicherungsgründen voluminös besetzte Einsatzabschnitte Aufklärung, Ermittlungen und Gefangenensammelstellen sowie Sondereinsätze nehmen zusätzlich Personalstunden für die ohnehin mit kaum noch zu vertretenen Vorgangszahlen überlastete Sachbearbeitung in Anspruch.

Komplizierte rechtliche Entwicklungen wie zuletzt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung, die deutliche Verlängerung der Bearbeitungszeiten für normale ED-Behandlungen, zusätzliche Aufgaben, die sich unter anderem aus dem Projekt "KURS" ergeben, führen zu weiterer Arbeitsverdichtung in den Kriminalkommissariaten.

... ich habe in den letzten Wochen und Monaten öffentlich häufig erklärt, dass ich ab 2015 nicht "in der Haut eines Behördenleiters oder einer Behördenleiterin" stecken möchte. Ich hoffe, Sie verstehen diese bildhafte Formulierung richtig. Sie tragen Verantwortung für die Polizei, für die Innere Sicherheit und damit auch und besonders für die Kriminalpolizei. Diese Verantwortung werden Politik, Medien und Bürgerinnen und Bürger unüberhörbar einfordern, spätestens dann, wenn die Defizite der Verbrechensaufklärung und der Prävention öffentlich spürbar werden.

Schauen Sie in Ihre Kommissariate und überzeugen Sie sich von der täglichen Arbeitsbelastung Ihrer Kriminalbeamtinnen und Kriminalbeamten. Ich bin sicher, Sie werden großes Verständnis für den Appell des BDK NRW in Sachen Nachersatz und Verstärkung der Kriminalpolizei haben ...

Auszüge aus dem Schreiben an die Leiter/in der Direktion K

... ich habe den/die Behördenleiter/in Ihrer Behörde angeschrieben und ihn gebeten, aufgrund der Entwicklungen der Kriminalität in den letzten Jahren im Nachersatzverfahren 2010 das Personal der Direktion Kriminalität um mindestens 10 % zu verstärken, wobei ich nicht der Auffassung bin, dass dieser Prozentschlüssel ausreichend ist, die tatsächlichen Bedarfe der Kriminalpolizei nach mehr Personal bei der Überalterung der Kommissariate und den vielen neuen Herausforderungen zu decken. Deshalb ist es gerade wichtig, schon das diesjährige Personalverteilungsverfahren zu nutzen, um die Kripo zu verstärken.

In 2011 und den Folgejahren wird es unser Ziel sein, die dann möglicherweise um die 1.100 Absolventen des Bachelorstudiengangs zu größeren Teilen von 200-400 Beamten unmittelbar in die Kriminalpolizei zu geben. So kann relativ schnell die dringend notwendige Verjüngung der Kripo erreicht werden. Auch eine solche Maßnahme erfordert eine Aufstockung der Sollstellen bei der Kriminalpolizei.

... In diesem Zusammenhang möchte ich den Erlass zum Nachersatzverfahren in Erinnerung rufen. Demnach ist der Nachersatz zwingend zu 75 % aus jüngeren Beamtinnen und Beamten zu rekrutieren, wobei die Belastungsbezogene Kräfteverteilung (BKV) keine Bindung für Ihre Behörde entwickelt. Die Behördenleitungen sind - so hat das Innenministerium immer wieder deutlich gemacht - frei in der Verteilung des Nachersatzes auf örtlicher Ebene.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kriminalpolizei sind zu großen Teilen mit Vorgängen überlastet. Sie können eine zeitgerechte, erfolgsorientierte und hochwertige kriminalistisch-kriminologische Bearbeitung der Vorgänge nicht mehr garantieren und stehen immer häufiger vor der Situation, dass sie vorliegenden Hinweisen zu Straftaten nicht nachgehen können. Selbst gegen bekannte Täter kann nicht in dem erforderlichen Maß ermittelt werden ...