Modernisierung der Landespolizei Schleswig-Holstein

01.04.2024

Modernisierung und Digitalisierung der Landespolizei bedeutet unserer Meinung nach, dass die Aufgaben der Polizei, ihre Mitarbeitenden sowie deren Arbeitsbedingungen stets im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen müssen. Wir stellen fest: Es besteht erheblicher Nachholbedarf!
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Modernisierung und Digitalisierung der Landespolizei Schleswig-Holstein

Mit großem Interesse wurde der Bericht der Landesregierung zum Vorantreiben der Modernisierung der Landespolizei (Link - Internet) zur Kenntnis genommen und war auch Anlass für den BDK im Dezember 2023 im Innen- und Rechtsausschuss hierzu Stellung zu beziehen und in vielen weiteren Gesprächen in Politik und Polizei in den konstruktiven Austausch zu gehen.

Modernisierung und Digitalisierung der Landespolizei bedeutet nach Auffassung des BDK, dass die Aufgaben der Polizei, ihre Mitarbeitenden sowie deren Arbeitsbedingungen stets im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen müssen. Weder das eine noch das andere darf dabei zu einem Selbstzweck verkommen, sondern soll dort vorangetrieben werden, wo es den Zielen der Organisation oder den Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden nutzt.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass bei der IT-Ausstattung - auch für das mobile Arbeiten - viele Fortschritte im Rahmen der Modernisierung gemacht wurden, jedoch bei dem Zustand vieler Dienstgebäude ein erheblicher Nachholbedarf besteht.

Im Hinblick auf einige IT-Projekte wurden von unseren Mitgliedern wiederholt Unsicherheiten bzw. Befürchtungen geäußert, die der Landesvorstand jetzt zum Anlass nahm, den Sachstand dieser Projekte bei den Projektverantwortlichen zu erfragen. Im Ergebnis (Sachstand Februar 2024) ist festzustellen, dass seit dem Bericht der Landesregierung aus Mai 2023 einiges erreicht werden konnte.

I. Programm E-Akte

Das Programm E-Akten in der Landespolizei besteht aktuell noch aus dem Projekt „elektronische Akte in Strafsachen (EAS)“. Gegenstand des Projekts EAS ist die Führung elektronischer Akten im Strafverfahren, die aufgrund rechtlicher Vorgaben bis zum 01.01.2026 umzusetzen ist.

Innerhalb des Programms Polizei 2020 wurde im Dezember 2019 ein Bundesprojekt EAS mit der Entwicklung einer zentralen E-Akten-Lösung beauftragt, mit dem Ziel einen einheitlichen Austausch von Akten und Aktenbestandteilen zwischen Polizei und Justiz zu gewährleisten und die Aktenhaltung der Polizei zu digitalisieren.

Im Februar 2023 erfolgte im Vergabeverfahren der Zuschlag für die Software e²A der Firma Sinc GmbH. Schleswig-Holstein beabsichtigt, die Software in weiten Teilen in das Vorgangsbearbeitungssystem @rtus zu integrieren.

Mit der Justiz in SH wurde am 04.01.2023 eine Vereinbarung zur Einführung der EAS geschlossen, die u.a. folgende Meilensteinplanung vorsieht:

  • Spätestens zum 30.06.2024 steht ein gemeinsames Testsystem für den Austausch elektronischer Akten zwischen Polizei, Gerichten und Staatsanwälten zur Verfügung. Mit diesem Testsystem werden alle grundlegenden Kommunikationsfälle i.S. Akten- und Dokumentenaustausch abgebildet und getestet.
  • Bis spätestens zum 31.03.2025 sind Polizei und Justiz in der Lage, für alle notwendigen Kommunikationsanlässe an die Dienststellen des Vereinbarungspartners elektronisch zu versenden und zu empfangen
  • Der flächendeckende Rollout der elektronischen Akte soll spätestens bis zum 31.12.2025 abgeschlossen sein.
  • Der Austausch erfolgt mittels Versand von OSCI-Nachrichten mit Vorgängen und PDF-Dokumenten einschließlich des XJustiz-Datenmodells.

Zudem ist der Aufbau einer gemeinsamen Datencloud für Polizei und Justiz in Planung, um asservierte Massendaten revisionssicher zwischen den Behörden austauschen zu können.

Der BDK hat die Erwartungshaltung deutlich gemacht, dass die Digitalisierung von Akten und deren Bestandteilen nicht zulasten der ohnehin knappen personellen Ressourcen in der Polizei führen darf!

Gerade mit Blick auf komplexe und umfangreiche Ermittlungsverfahren, die nicht selten etliche Papieraktenordner umfassen, bedarf es hierfür einer technisch ausgereiften Lösung.

II. Projekt Spracherkennung

Der Freistaat Sachsen agiert als Themenführer des Projektes Spracherkennung in P20. Schleswig-Holstein verfolgt und begleitet die Fortschritte, nachdem eine Eigenentwicklung des Fraunhoferinstituts in Kooperation mit Dataport nicht die gesetzten Erwartungen erfüllte.

Im Rahmen einer EU-weiten Ausschreibung für das aktuelle Projekt wurde als Kriterium die Bereitstellung eines Systems in einer On-Premise-Lösung formuliert (d.h. kein kommerzieller Cloud-Dienst), damit die Datensouveränität und -hoheit von polizeilichen Daten gewährleistet bleibt. Aufgrund dieser Kriterien schieden die bekanntesten Anbieter von Spracherkennungssoftware wie z.B. Apple, Amazon oder Google aus dem Bewerberfeld aus.

Das BKA testet zurzeit das Open Source KI-Produkt „Whisper“ der Firma Open.AI (Hersteller von Chat GPT). Inwieweit die ASEL (Automatische Spracherkennungslösung) und „Whisper“ sich ergänzen bzw. auf einander aufbauen können, bleibt abzuwarten.

Auch hier hat der BDK wiederholt deutlich gemacht, dass eine verlässliche Speech-to-Text-Anwendung dringend erforderlich ist. Das langwierige und personalintensive Verschriften von Vernehmungen, Diktaten, TKÜ-Inhalten und Sprachnachrichten in Datenauswertungen muss endlich durch eine intelligente technische Lösung ersetzt werden.

III. „Online-Wache“

Bereits heute ist die Bearbeitung einer online erstatteten Anzeige durch einen automatisierten Ablauf - ohne direkte Schnittstelle zum iVBS @rtus - für die Sachbearbeitung vereinfacht. Eine Backoffice-Anwendung sichtet nach Eingang die Anzeige und macht einen ersten Zuständigkeitenvorschlag. In der Folge wird mit einer Sachbearbeitervorlage ein Vorgang in Artus erzeugt und zur jeweiligen Dienststelle abverfügt. In dieser Sachbearbeitervorlage sind die Objekte aus der Online-Anzeige ausgefüllt, sowie der Originalauszug als Anlage an diese Vorlage angehängt.

Nach dem Übergang des Produktes in das Programm P20 zum 01.01.2024 sind noch Weiterentwicklungen angedacht:

  • Im Laufe von 2024 wird das Modul „Anonyme Anzeige“ bereitgestellt werden.
  • Eine Übersetzung der Anzeigen in 16 Sprachen inklusive Rückübersetzungen nach Bearbeitung im Backoffice soll ab dem vierten Quartal 2024 zur Verfügung stehen.
  • Eine Schnittstelle in das iVBS @rtus soll im ersten Quartal 2025 in Betreib genommen werden.
  • Für das dritte Quartal 2025 ist eine Chat-Bot-Integration vorgesehen.

Durch den BDK wurde deutlich gemacht, dass in vielen Dienststellen der Wunsch besteht, dass die inhaltliche Qualität der Sachverhaltsaufnahme bei der Anzeigenerstattung verbessert wird.

Die Bürgerinnen und Bürger sollten durch ein intelligentes System in die Lage versetzt werden, die für die Polizei wesentlichen Informationen ("die 7 goldenen Ws") schon bei der Anzeigenerstattung mitteilen zu können, damit die Anschlussermittlungen zeitnah und zielgerichtet erfolgen können.

Als BDK begrüßen wir die technischen Fortentwicklungen ausdrücklich und werden uns hierzu weiterhin konstruktiv einbringen.

Mit der Taskforce Digitale Transformation und der neu eingerichteten Fachbesprechung Digitalisierung scheinen die Handlungserfordernisse auch entsprechend erkannt zu sein.

Flankierend empfehlen wir hierzu eine weitreichende Beteiligung der Fachlichkeiten aus den Ämtern und Behörden sowie eine umfassende interne Öffentlichkeitsarbeit.

 

Der Landesvorstand

Kontakt
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