Mehr Schutz durch veränderte Rechtslage?

31.05.2016

Immer wieder wird ein strengerer § 113 im Strafgesetzbuch gefordert, um Vollstreckungsbeamte besser vor Gewalt zu schützen. Nun hat auch Landesjustizministerin Uta-Maria Kuder einen solchen Vorstoß unternommen.
Mehr Schutz durch veränderte Rechtslage?

Frau Kuder möchte einen erhöhten Schutz von Staatsdienern auch in deren Freizeit erreichen. Diesem Wunsch und Ziel schließen wir uns als Berufsvertretung potentieller Opfer gerne an. Ob aber dieses hehre Ziel mit einem veränderten und in der Strafandrohung erhöhten Paragraphen zu erreichen ist, bleibt für uns zweifelhaft.

Wie die Historie leicht belegt, hat eine Erhöhung von Freiheitsstrafen oder überhaupt von Strafen noch nie zum einem gravierenden Rückgang der Taten bei den in Rede stehenden Delikten geführt. Dabei scheint es generell schon fraglich, ob härtere Strafen den erhofften Abschreckungseffekt erreichen können. Gerade Gewalttäter dürften sich vor dem Handeln kaum oder gar keine Gedanken über eine mögliche und drohende Bestrafung machen. Und dann ist da noch die Rechtspraxis. Bislang können Angeklagte nach einer Widerstandstat gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe oder zu einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren verurteilt werden, bei besonders schweren Fällen drohen sogar fünf Jahre Haft. Vor dem Hintergrund der Rufe nach einer Strafverschärfung wäre es dringend angeraten zu erheben, in wie vielen Fällen der vergangenen Jahre die Richter überhaupt eine Freiheitsstrafe aussprachen. Nur wenn die Mehrzahl der Urteile mit einem Freiheitsentzug endete, scheint uns eine Erhöhung der Strafandrohung erst einen Sinn zu ergeben.

Dann stellt sich noch die Frage, in wie weit eine veränderte Strafnorm potentielle Opfer schützen kann, die vom Zweck der Norm gar nicht erfasst werden. Der § 113 des Strafgesetzbuches bezieht sich ausdrücklich auf die Vornahme einer Diensthandlung, der Widerstand entgegengesetzt wird. Ministerin Kuder will aber auch die Freizeit der öffentlich Bediensteten besser schützen. Dazu müssten Inhalte und Schutzzwecke des bisherigen § 113 völlig neu gefasst werden, was derzeit in der Öffentlichkeit zumindest sehr kontrovers diskutiert wird.

Uns bleibt wie so oft zu sagen, dass der bisherige Strafrahmen erst einmal genügend ausgeschöpft werden sollte, bevor wir über Erhöhungen reden. Und ein wesentlich besserer Schutz von Amtsträgern und allen anderen Bürgern ist zu erreichen, wenn die Polizei wieder über so viel Personal verfügt, dass die polizeiliche Präsenz wieder ihren Namen verdient und nicht nur auf dem Papier existiert und darüber hinaus genügend Personal bei der Kriminalpolizei vorhanden ist, um auch Ermittlungsverfahren ohne bekannte Tatverdächtige mit einer umfassenden Aufklärung abschließen zu können. Denn einzig eine Aufklärung könnte abschreckend wirken, nicht eine erhöhe Strafandrohung. Hier gilt die kriminalistische Weisheit: Aufklärung ist die beste Prävention!