Mehr Polizei, mehr Geld, mehr Sicherheit?
29.10.2018
Innenminister Lorenz Caffier und CDU-Fraktionschef Vincent Kokert erklärten der Öffentlichkeit am 24. Oktober 2018 übereinstimmend, dass damit 400 neue Stellen für die Landespolizei in MV zusätzlich geschaffen werden. Als Vertreter der Interessen der Kriminalpolizei gestatten wir uns hier einmal genauer hinzuschauen. Schon deshalb, weil Zahlenreihen, Statistiken oder deren Interpretationen im Zusammenhang mit der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern nicht immer unter einem günstigen Stern standen, wie bereits hier vor kurzem beschrieben.
Die Zahl 400 setzt sich nach unserer Einschätzung zunächst aus den im Schweriner Koalitionsvertrag benannten 150 neuen Stellen und jenen 150 Stellen zusammen, die durch interne Umsetzungen aus Stäben und Verwaltung in die so genannte „Fläche“ (Polizei auf die Straße) entstehen sollten. Dazu gesellen sich offensichtlich noch die 100 Stellen, die im Zuge der anwachsenden Flüchtlingszuwächse bewilligt worden sind. So kommen auch wir auf die Zahl 400.
Allerdings wird mit diesen Vorhaben unsere Polizei nicht um 400 Beschäftigte reicher. Die 150 „in die Fläche“ umzusetzenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann man kaum als zusätzliches Personal betrachten, denn sie sind ja bereits im Dienst. Und an der Definition des Begriffes „Fläche“ scheiden sich die Geister. Zumindest die Kriminalpolizei ist damit ganz offenbar nicht gemeint. Die tatsächlich neuen, zusätzlichen 150 Stellen werden auch von uns begrüßt. Sie bringen nur eine häufig verschwiegene Grenze mit. Diese 150 Stellen sind nur vorübergehend geschaffen, wie der Koalitionsvertrag explizit ausweist. Praktisch bedeutet dies, dass sie nach dem Ende dieser politischen Legislaturperiode im Jahre 2021 wieder wegfallen werden. Auch die 100 im Rahmen der gestiegenen Flüchtlingszahlen neu geschaffenen Stellen sind längst nicht alle besetzt, da es entweder an geeigneten Bewerbern oder überhaupt an Bewerbern mangelt. Dies vor allem, da die Stellen im Vergleich zur freien Wirtschaft viel zu gering vergütet werden.
Ziehen wir also die 150 Stellen „aus dem eigenen Saft“ ab verbleiben von den hier kolportierten 400 maximal 250 neue Stellen und das auch nur bis 2021. Statt eines weiteren Anstiegs beim Personal unserer Polizei droht dann Stand heute vielleicht wieder ein Abbau...
Und welchen Nutzen gewinnt die Kripo aus dem angekündigten Stellenzuwachs? Offenbar gar keinen.
So wird also die „Fläche“ in Meck-Pomm nur durch eine neue Einheit in der Bereitschaftspolizei oder eine Personalerhöhung der Polizeireviere gestärkt. Allein in der Kriminalpolizei in unserem Bundesland arbeiten etwa 1.700 Beschäftigte, nur leider nicht in der Fläche und damit wohl aus Sicht der Landesregierung nicht als polizeilich tätiger Bereich. In den Augen vieler in der Kripo Beschäftigter eine Missachtung durch Verschweigen.
Zumindest die CDU in unserem Bundesland sieht die Innere Sicherheit als herausragende Aufgabe des Staates. Mit den beschlossenen neuen Stellen soll die gefühlte Sicherheitslage verbessert werden, obwohl die Kriminalität sinke. Wie immer soll an dieser Stelle der belehrende Hinweis nicht fehlen. Ob die Kriminalität sinkt, kann vermutlich niemand konkret sagen. Was sinkt, sind lediglich die durch die völlig unlogische Regeln erfassten Fälle der PKS, während sich die Internetkriminalität uferlos und überwiegend unbemerkt ausbreitet.
Auch grundlegend müssen wir Einspruch einlegen. Die bis dato beschlossene Verbesserung der Personalsituation der Landespolizei betrifft also ausschließlich die sichtbare Präsenz durch Schutz- und Bereitschaftspolizei. Die Herren Caffier und Kokert wollen mit ihrer Fraktion die Innere Sicherheit verbessern. Durch eine erhöhte Präsenz wird primär ein vorbeugender Effekt durch die ausgezeichnete Arbeit unserer Schutzleute erreicht. Die Verhütung und Verfolgung von Straftaten ist originäre Aufgabe der Kriminalpolizei. An die Verbrechensaufklärer werden weder neue Stellen vergeben, noch verbessert sich deren Ausstattung, es erfolgt keine Entlastung durch Abbau der Bürokratie oder der zahlreichen „Nebenjobs“ in der Kriminalpolizei. Somit darf und muss das Ziel, die Innere Sicherheit zu erhöhen, nur als halbherzig angegangen bezeichnet werden. Mit einer zusätzlichen Polizeipräsenz bekämpfe ich keine Schwerst- oder Bandenkriminalität, keine den Bürger teuer zu stehen kommenden Wirtschaftsdelikte und schon gar keine Internetkriminalität. Es ist den verbliebenen Beschäftigten in der Kriminalpolizei zu verdanken, dass bis heute das Schiff trotz des langjährigen Stellenabbaus und hohen Durchschnittsalters bei immer mehr Aufgaben nicht untergegangen ist.
Deshalb muss endlich auch bei der Kriminalpolizei eine deutliche Stellenerhöhung erreicht werden. Selbstverständlich darf dies nicht auf Kosten der Schutz, Wasserschutz- oder Bereitschaftspolizei geschehen. Alle Polizeisparten verfügen über einen berechtigten Personalbedarf, der nach unserer Auffassung in allen Sparten unterschritten ist. In der Vergangenheit haben die Verantwortlichen immer wieder versucht, durch Stellenumschichtungen und Organisationsänderungen den Mangel zu bekämpfen oder zu kaschieren. Damit muss endlich Schluss sein.
Zu den berechtigten Zweifeln am Wert und der Gültigkeit neuer Stellen gesellen sich noch zwei weitere Aspekte. Wie schon das damalige Wirtschaftlichkeitsgutachten zum Personalbedarf unserer Landespolizei belegte, sind eine dreistellige Zahl von Stellen und Planstellen gar nicht erst besetzt. Subtrahieren wir diese Zahl noch von den geplanten oder tatsächlichen Stellenerhöhungen, kommt am Ende vielleicht gar ein Minus heraus. Zum zweiten werden ständig Planstellen (Beamte) und Stellen (Arbeitnehmer) miteinander vermischt. Auch wenn vielfach von 5.900 Polizistinnen und Polzisten gesprochen wird, ist diese Zahl falsch. In unserer Landespolizei arbeiten geschätzte 550 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in immer wichtiger werdenden Servicebereichen für den Polizeivollzug sowie für Staatsanwaltschaften und Gerichte.
Als Fazit muss gesagt werden, dass wir als Interessenvertretung für die kriminalpolizeilich Beschäftigten nicht in Jubel ausbrechen können. Wir sehen uns weiter als ein bleibendes Opfer der jahrzehntelangen Sparpolitik und wurden bei den aktuellen, befristeten Stellenerhöhungen schlicht vergessen oder absichtlich nicht berücksichtigt.
Vor fast genau 50 Jahren wurde der Bund Deutscher Kriminalbeamter aus der Taufe gehoben, weil die Kriminalpolizei und ihre Anliegen schon damals vergessen oder ignoriert worden sind. Wir werden uns selbstverständlich weiter dafür einsetzen, die Ausbildung und die Arbeit der Kripo so effektiv wie nötig zu gestalten. Zumindest wir sind der festen Auffassung, dass unsere Bürgerinnen und Bürger ein Recht auf eine ordnungsrechtlich gut aufgestellte Polizei und eine ausreichend Sicherheit garantierende Kriminalpolizei besitzen.
Der Landesvorstand