Maßnahmenplan Gesundheitsmanagement – und immer sind andere Schuld
14.02.2017
Dieser Maßnahmenplan ist im Ministerium für Inneres und Europa entwickelt und den Behörden und Dienststellen unserer Landespolizei vorgesetzt worden. Er enthält eine Reihe von richtigen Aussagen und Schlussfolgerungen, aber auch so einige Passagen, die nach unserer Auffassung schlichtweg falsch sind.
Nicht erst seit dem fragwürdigen Gutachten zum Personalbestand unserer Polizei weiß man im Ministerium, dass der Krankenstand bei den Beschäftigten erheblich zu hoch ist. Auch die wahrscheinlichen Ursachen sind schon lange bekannt. Neben unvermeidlichen Verletzungen oder Krankheiten sind es unter anderem die allgemeine Demotivation, eine zu geringe Personaldecke bei immer größerer Arbeitsverdichtung, fehlende Perspektiven der beruflichen Entwicklung, ausbleibende Anerkennung der eigenen Arbeit, Mobbing oder nicht nachvollziehbare, autoritäre Führungsentscheidungen. Dazu gesellt sich noch die Vernachlässigung des Dienstsports über Jahrzehnte. In den letzten gut fünf Jahren wird nun mit viel (zu viel?) Druck daran gearbeitet, unsere Beschäftigten wieder gesünder zu machen.
Unter dem Begriff des Gesundheitsmanagements wird auch beschrieben, wie es richtig laufen sollte. Begriffe wie Wertschätzung, Kooperativer Führungsstil, Motivation oder Führungsschwäche finden sich darin wieder. Nur werden leider die Zusammenhänge oder Bezüge teilweise falsch dargestellt. Wie immer, wenn das Personal oder das Geld knapp ist, wird auf die Eigenverantwortung und die Pflichten der Vorgesetzten hingewiesen, was überflüssig ist. Denn hier handelt es sich um bereits vorgeschriebene Aufgaben und Pflichten von allen Mitarbeitern. Andere Inhalte scheinen uns eher Wunschdenken zu sein oder ohne Beachtung knapper Hausmittel hingeschrieben.
Richtig dramatisch wird es jedoch beim 3. Punkt der in Rede stehenden Maßnahmen. Erstmals offiziell anerkannt in unserer Landespolizei wird beschrieben, dass besonders psychische Erkrankungen ihre Ursache in der Unzufriedenheit mit der Arbeitssituation haben können, wobei hier oftmals Führungsschwäche zu Grunde liegt. Hier liege die Schuld bei höherrangigen oder unmittelbaren Vorgesetzten. Nach der bloßen Benennung scheiden allerdings die „großen“ Leiter aus der Verantwortung aus, nur den direkten Vorgesetzten wie Revierleitern oder Leitern von Kriminalkommissariaten wird vorgeschrieben, die eigenen Führungsgrundsätze permanent zu hinterfragen und zu verbessern. Sie sollen das Kooperative Führungssystem täglich durchsetzen und leben. Natürlich.
Beschäftigte und unmittelbare Vorgesetzte werden an diesen Formulierungen zu beißen haben. Und das bezeichnet die Empörung dieser Betroffenen noch höchst zurückhaltend. Hier werden Ursache und Wirkung einfach wissentlich vertauscht und der schwarze Peter den Faschen zugespielt. Die „kleinen“ Vorgesetzten versuchen tagtäglich, jene fehlerhaften und autoritären Entscheidungen aus dem Ministerium, von Dienststellen- und Behördenleitern gerade mit den Methoden des Kooperativen Führungsstils zu mindern oder zu heilen! Wenn wir krankmachende Ursachen ernsthaft beseitigen wollen, müssen wir zuallererst ehrlich zu uns selbst sein. Und dieses Ziel verfehlt der Maßnahmenplan nach unserer Wertung eindeutig und ziemlich klar. Natürlich wollen wir nicht pauschalisieren. Bei weitem nicht alle höheren Vorgesetzten begehen solche Fehler und auch nicht alle unmittelbaren oder mittleren Vorgesetzten agieren fehlerfrei. Doch die Tendenz ist eindeutig und lässt sich, wie ein kürzliches Schreiben mit ähnlichen Feststellungen einiger Suchtkrankenhelfer an die Polizeispitze belegt, nicht mehr wegdiskutieren oder gar verschweigen.
Auch andere Inhalte der geplanten Maßnahmen bleiben für uns zweifelhaft. Was nützt, wie die Vergangenheit zeigt, das schönste Führungskräftefeedback, wenn niedrig bewertete Vorgesetzte trotz ihrer offensichtlichen Schwächen und Fehler anschließend befördert oder auf bessere Posten gesetzt werden? Ein Feedback muss Konsequenzen nach sich ziehen, sowohl positiv wie auch negativ, sonst bleibt es wirkungslos und findet keinerlei Anerkennung. Auch bei diesem Thema scheint uns mehr Ehrlichkeit geboten.
Zur geforderten und zur Chefsache hochstilisieren Ablegung des Sportabzeichens wollen wir nicht mehr viele Worte verlieren. Hier verweisen wir auf den früheren Artikel.
Eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung bleibt ein Papiertiger, wenn Vorgesetzte sie nicht zulassen (wollen) und verbesserte Sportrahmenbedingungen oder gestaltete Arbeitsplätze müssen in den nächsten Jahren erst einmal geschaffen werden. Und ob unsere überalterte Polizei mit speziellen Angeboten für über 45jährige Mitarbeiter wieder jung und fit wird, warten wir höflichst erst einmal ab.
Wir müssen konstatieren, dass dieser Maßnahmenplan zum Abbau unseres Krankenstandes wohl mit ziemlich heißer Nadel gestrickt wurde und die Verantwortlichkeiten wie gewohnt „delegiert“ worden sind. Wenn wir weiter fortfahren, nicht Probleme zu lösen sondern Problemlösungen vortäuschen, werden wir nicht nur den hohen Krankenstand nicht in den Griff bekommen.