LG Köln zur Rolle des Betriebsarztes bei arbeitsmedizinischen Untersuchungen und den Grenzen der ärztlichen Schweigepflicht

25.08.2020

LG Köln, Urteil vom 25.08.2020, Az. 3 O 208/19. Schlagworte: Betriebsarzt, Amtsarzt, Polizeiarzt, PÄD, Arbeitsmedizinische Untersuchung, Schweigepflicht, ASiG.
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Leitsätze: Das Urteil enthält keine Leitsätze 

Zur Sache: Die spätere Klägerin wurde durch den Arbeitgeber einer arbeitsmedizinischen Untersuchung zugeführt. Die Klägerin leistete der Aufforderung Folge, entband die Ärztin allerdings nicht von der ärztlichen Schweigepflicht. 

Im Anschluss teilte die Betriebsärztin dem Arbeitgeber folgendes Ergebnis mit (vgl. RN9 ff.): "Im Rahmen des Termins wurde [die Klägerin] von mir ausführlich beraten. Eine Entbindung von der Schweigepflicht liegt leider nicht vor. Aus arbeitsmedizinischer Sicht ist [die Klägerin] körperlich einsetzbar für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten (...). Die Einschätzung (...) psychischer Einsatzfähigkeit sollte durch einen psychiatrischen Fachgutachter erfolgen. 

Bis eine Stellungnahme zur Einschätzung der Einsatzfähigkeit des Fachgutachters vorliegt, empfehle ich Ihnen aus arbeitsmedizinischer Sicht [die Klägerin] freizustellen." 

Als Gutachter empfehlen wir: (...)" 

Der Arbeitgeber folgte der Empfehlung, die Klägerin kam der Aufforderung zur Untersuchung bei einem Facharzt/-gutachter nicht nach und erhob Klage mit Hinweis auf die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht. 

RN43 zur Aufgabe des Betriebsarztes und den Grenzen der ärztlichen Schweigepflicht bei der arbeitsmedizinischen Untersuchung: „Betriebsärzten obliegt es nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ASiG, Arbeitnehmer für den Arbeitgeber zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und unter dem arbeitsmedizinischen Untersuchungsauftrag des Arbeitgebers auszuwerten. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sind Betriebsärzte nach § 8 Abs. 1 S. 3 ASiG nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen und haben die Regeln der ärztlichen Schweigepflicht zu beachten. Hieraus folgt, dass der Betriebsarzt in dem Fall, dass eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht durch den Arbeitnehmer nicht vorliegt, den Arbeitgeber ausschließlich über das Ergebnis der Auswertung der arbeitsmedizinischen Untersuchung unterrichten darf, nicht jedoch die dem berichteten Ergebnis zugrunde liegenden Erkenntnisse aus der Untersuchung - insbesondere festgestellte oder vermutete Erkrankungen oder sonstige Befunde - weitergeben darf.“ 

RN44 zur Bewertung in der Sache: „Die in dem Untersuchungsbericht der untersuchenden Ärztin der Beklagten an die S weitergegebenen Informationen gehen über die Weitergabe des Ergebnisses der arbeitsmedizinischen Untersuchung jedoch nicht hinaus. Sie betrafen ausschließlich die von der S in Auftrag gegebene arbeitsmedizinische Bewertung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin. Zum einen mit Bezug auf die physische Arbeitsfähigkeit, dessen Umfang die Beklagte feststellen konnte und der S konkret mitteilte, und zum anderen auf die psychische Arbeitsfähigkeit, bzgl. derer die Beklagte tatsächlich - die Klägerin scheint anderes geltend zu machen - keinerlei Auskünfte erteilt, sondern nur auf eine psychiatrische Begutachtung verwiesen hat. Über das Ergebnis der Auswertung der Untersuchungsergebnisse hinausgehende Auskünfte, insbesondere diejenigen Diagnosen, Verdachtsmomente oder sonstige Befunde, die Anlass zu der Empfehlung einer psychiatrischen Begutachtung der Klägerin gegeben hatten, wurden jedoch gerade nicht erteilt und hierbei sogar ausdrücklich auf eine fehlende Entbindung von der Schweigepflicht hingewiesen.“ (noch ausführlicher RN45 f.) 

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