Letzte Personalversammlung der Beschäftigten des Bundespolizeipräsidiums West

22.02.2008

In einigen Tagen wird es die fünf Bundespolizeipräsidien Mitte, Nord, Ost, Süd und West nicht mehr geben. Damit geht eine lange Tradition und Ära, für das Bundespolizeipräsidium West als ehemaliges Grenzschutzkommando West nach 33 bzw. Grenzschutzpräsidium West nach 16 Jahren zu Ende.
Letzte Personalversammlung der Beschäftigten des Bundespolizeipräsidiums West

eider konnte ich an diesem Tage nicht an der Personalversammlung als Vertreter des Verbandes Bund des Bund Deutscher Kriminalbeamter teilnehmen, da zum gleichen Zeitpunkt die Trauerfeier für den durch einen tragischen Unfall zu Tode gekommenen Kollegen Höckendorf, mit dem ich in den vergangenen 10 Jahren auf dem Gebiet der Kriminaltechnik zusammenarbeiten durfte, stattfand.

Sie verstehen sicherlich, meine Beweggründe nicht an der Personalversammlung teilzunehmen, um einem lieben Kollegen, der vielen von Ihnen bekannt war, Adieu zu sagen.

Ich habe den Vorsitzenden des Örtlichen Personalrates gebeten, Ihnen meine Absage und den vorgenannten Grund zu übermitteln.

Ich möchte daher die Internet-Plattform des Bund Deutscher Kriminalbeamter - Verband Bund nutzen, um Ihnen den Standpunkt unseres Verbandes zu den Themen, die nicht nur Sie, sondern alle Beschäftigten in der Bundespolizei betreffen, darzulegen.

 

Neuorganisation

 

Die Neuorganisation und insbesondere ihre Auswirkungen betreffen alle Mitarbeiter in der Bundespolizei. Obwohl die Gelegenheit gegeben war, sich konstruktiv an der Ausgestaltung zu beteiligen, müssen wir feststellen, dass die Vorstellungen und Vorschläge, die nicht nur von unserem Berufsverband, sondern von vielen Beschäftigten, eingereicht wurden, nicht beachtet wurden. Es verdichtet sich der Eindruck, als ob im BMI und bei den Entscheidungsträgern Spamfilter eingerichtet wurden, die jegliche E-Mail bestimmter Kolleginnen und Kollegen, das betrifft auch meine Person, vernichteten. Der Verband Bund hat sowohl den politischen als auch den polizeilichen Entscheidungsträgern und die in der Projektgruppe tätigen Personen seine Vorstellungen schriftlich übermittelt. Die Vorschläge zur Einrichtung kriminalistischer Dienstzweige wurden einfach negiert.

Auf dem Gebiete der Kriminaltechnik hat eine aus Fachleuten der Bundespolizei bestehende Arbeitsgruppe die Forderung erhoben, bestimmte Funktionen wie Kriminaltechniker und Urkundenfachkräfte auf Inspektionsebene im ODP auszuwerfen. Innerhalb der KB einen Leiter KT zu etatisieren. Immerhin war der KTD  im Feinkonzept als 3. Säule innerhalb der KB skizziert. 

Auch diesem Umstand wurde bisher nicht Rechnung getragen. Über die Gründe darf sicherlich spekuliert werden. Eins dürfte aber klar sein, es wagt von den Entscheidungsträgern wohl keiner dem Bundesminister des Innern zu widersprechen, denn der möchte 1.000 Bundespolizisten mehr auf der Straße sehen. Jede Funktionszuweisung bedeutet aber, dass diese Kolleginnen und Kollegen nicht zur Verfügung stehen, weil sie sich sicherlich mit sinnvollerem beschäftigen, nämlich Spuren zu suchen, Sachbeweise zu erheben, um Täter zu ermitteln und ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Und können die Kolleginnen/Kollegen, die als Urkundenfachkraft tätig werden, nicht dazu beitragen, dass schnellstmöglichst ein Verdacht, dass eine Urkunde falsch sein könnte, ausgeräumt wird, um die polizeilichen Maßnahmen für den Bürger abzukürzen?

Das will vielleicht niemand dem Minister übermitteln, weil der vielleicht so was nicht hören möchte, weil sie seine Reform ad absurdum führt? Sind Politiker eigentlich darauf angewiesen, ständig irgendwelche Reformen zu veranlassen, die der Nachfolger mit einer Gegenreform wieder in eine andere Richtung führt?

Was uns als Beschäftigten sauer aufstößt ist der Umgang mit Mitarbeitern. Ich habe bereits vor einem halben Jahr den Abteilungsleiter Bundespolizei, Herrn Dr. Kass, darauf hingewiesen, dass es an der Zeit sei, die sozialen Daten der Mitarbeiter zu erheben, um sozialverträgliche Maßnahmen durchzuführen und Härten abzufedern. Da hat sich bis heute nichts getan. Im Gegenteil, in den letzten Tagen tauchte ein Vordruck auf, wo sich Kolleginnen und Kollegen erklären konnten, wo sie denn ihre Erst-, Zweit- oder Drittverwendung finden könnten. Es versteht sich, dass diese mit einem Votum des Vorgesetzten versehen wurden; "muss bleiben oder kann gehen".

Es scheint wohl noch nicht aufgefallen zu sein, dass jetzt noch mehr Kolleginnen und Kollegen als zuvor ihre Innere Kündigung ausgesprochen haben.

Da wurden Ämter und Inspektionen aufgelöst, zusammengelegt oder fusioniert, ohne dass sich Gedanken über die Beschäftigten gemacht wurden, wo sie denn künftig ihren Arbeitsplatz haben. Das trifft die Beschäftigten in den bisherigen Ämtern, Inspektionen des Bundespolizeipräsidiums West. Nicht zuletzt sind auch die Beschäftigten des Präsidiums betroffen, hier wurden Aufgaben an andere Behörden abgegeben, ohne dass allen Beschäftigten bei der aufgabenübernehmenden Dienststelle ein Angebot gemacht oder eine neue Verwendung in Aussicht gestellt wurde.

Wir müssen nunmehr davon ausgehen, dass am 3. März 2008 sehr viele Beschäftigten ihre alte Dienststelle aufsuchen, dort ihre Zeit absitzen und vielleicht darauf hoffen, dass der Engel Aloisius, der zwar die bayerische Staatsregierung nicht erreichen konnte, vielleicht die Bundespolizei findet, um die Ratschläge und Eingebungen zu übermitteln. Hoffen wir nicht, dass er Zuflucht in einer Bahnhofsgaststätte sucht und dort von Bundespolizisten unerkannt sistiert und der Ausnüchterung zugeführt wird.

Als einen Schildbürgerstreich der besonderen Note muss die Stellenbesetzung im Höheren Dienst gesehen wird. Immerhin werden diese Posten um 14 erhöht. Was unlängst den Bundesrechnungshof erregte. Aber auch diese Reaktion wird wohlwollend im BMI überhört werden. Rechtzeitig zum Inkrafttreten sind sowohl die Dienstgrade und Schulterstücke für die Direktionsleiter und ihre Vertreter festgelegt worden. Dafür scheint wohl ausreichend Zeit gewesen zu sein?

An einem Sozialplan, der in jedem insolventen bzw. stillzulegenden Betrieb, prioritäre Verhandlungssache ist, scheint weder die politische noch die polizeiliche Führung der Bundespolizei ein Interesse zu haben. Da scheint Nokia geradezu ein Schaf, leider in einem Wolfspelz zu sein.

Der BDK fordert, dass die Stellenbesetzung sozialverträglich und mit Augenmaß abgewickelt werden, auch was gerade die Abwicklung aufgelöster Dienststellen, z.B. auch der Bundespolizeidirektion in Koblenz anbelangt. Die Aktivitäten, aber auch Nichtaktivitäten hierzu werden wir mit Argusaugen überwachen. Und wir scheuen uns nicht und ich gehe davon aus, dass die anderen Polizeigewerkschaften in der Bundespolizei dieses genauso sehen, an ausgewählten Orten mit Demonstrationen auf das Schicksal der Beschäftigen der Bundespolizei hinweisen und die Verantwortlichen öffentlich beim Namen nennen. Bereits einmal - ich erinnere, an die vom damaligen Bundesinnenminister Schily geplante Verlegung der Abteilung Staatsschutz des Bundeskriminalamtes von Meckenheim nach Berlin, haben die Proteste der Mitarbeiter des BKA dazu geführt, dass führende Mitarbeiter einer anderen Verwendung zugeführt wurden. Der überwiegende Teil der Staatsschützer erfreuen sich noch heute ihrer Posten in Meckenheim.

 

Tarifverhandlungen

 

Lassen Sie mich noch einen Blick auf die zurzeit laufenden Tarifverhandlungen werfen. Die Gewerkschaften haben für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes moderate 8 %, mindestens 200 Euro, gefordert.

Das aktuelle Angebot der Arbeitgeber von 5% ist ein Schlag ins Gesicht der Tarifbeschäftigten! Wer sich selbst 9,4 % Diätenerhöhung genehmigt, hat nicht das Recht bei seinen Tarifbeschäftigten Augenmaß zu predigen und eine Null- oder knappe Minusrunde vorzuschlagen.

Wenn wir auf die letzten Jahre zurückblicken, haben sowohl Tarifbeschäftigte wie auch Beamte erhebliche Einbußen hinzunehmen gehabt. Auch wenn das unter Führung unseres Dienstherrn stehende Statistische Bundesamt, uns und dem Bürger glauben machen will, dass die Lebenshaltungskosten nicht gestiegen sind; sie sind es! Gerade der zugrunde gelegte Warenkorb zeigt ganz deutlich die politischen Einflüsse. Produkte, die eine Teuerungsrate zu verzeichnen haben, müssen mit Produkten, die einem Preiszerfall unterliegen schön gerechnet werden. Mal ganz ehrlich: Kaufen Sie jeden Monat einen Fernseher oder einen Computer? Ich nicht. Da ich regelmäßig mit meiner Frau einkaufen gehe, weiß ich, was wir in unserem Einkaufswagen haben und was wir für unser Geld dafür bekommen. Vor Euro-Zeiten konnten Sie sich für 100 DM ihren Einkaufswagen beim Discounter picke-packe voll machen. Und was bekommen Sie für 100 Euro? Da ist gerade mal der Boden des Wagens bedeckt.

Und nebenbei die Preise für Energie sind doch in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Einkommensrunden unterhalb der Inflationsrate sind nicht länger hinnehmbar!

Und pervers ist, dass diejenigen, die den Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes einen Einkommenszuwachs verweigern, sich durch Steuer- und Gebührenerhöhungen neben der Wirtschaft als Preistreiber betätigen.

Ich kann die im Tarifstreit stehenden Gewerkschaften nur ermuntern, von ihren Forderungen nicht abzuweichen, sondern bei anhaltender Hartnäckigkeit noch einen drauf zu packen. Denn die Forderungen umfassen weder die Kürzungen der vergangenen Jahre, weder beim Weihnachtsgeld noch  der längeren Wochenarbeitzeit. Hier sollte man sich vielleicht doch nochmals an dem Tarifkonflikt der Lokführergewerkschaft GdL und der Deutschen Bahn AG ein Beispiel nehmen.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, unsere Tarifbeschäftigten bei Ausständen und Streiks nach Möglichkeit zu unterstützen, ja für Ihre Belange zu werben. Denn gemessen an dem erzielten Tarifabschluss werden auch die Beamtengehälter erhöht.

Ich wünsche Ihnen und uns allen, dass wir die Probleme, die auf uns mit der Neuorganisation zukommen, gemeinsam wuchten und vor allem, dass keiner von uns auf der Strecke bleibt.

Ihr
Hans Helbach
Geschäftsführer Verband Bund
Bund Deutscher Kriminalbeamter