Kritische Situation der Kriminalpolizei des PP Koblenz - PP Koblenz reagiert mit Workshop

03.06.2016

Personalmangel, Überstunden, Arbeitsüberlastung und empfundene mangelnde Wertschätzung - die bereits mehrfach aufgezeigte kritische Situation der Kriminalpolizei ist nun hoffentlich an einem Wendepunkt angelangt.
Kritische Situation der Kriminalpolizei des PP Koblenz - PP Koblenz reagiert mit Workshop

Nach der Personalversammlung in Koblenz, in der sich Vertreter der Kriminalpolizei sehr kritisch und frustriert geäußert hatten, wurde nun auch in der Personalversammlung der PD Montabaur deutlich, dass die Kripo in manchen Bereichen nur eingeschränkt  handlungsfähig ist. 

Eine Handlungsunfähigkeit, die nicht nur die Kriminalpolizei trifft, sondern von der in der Folge auch die Schutzpolizei betroffen ist. Denn hier müssen Aufgaben aufgefangen und Unterstützung geleistet werden bei den Fällen, für die die Kripo  kaum noch Personal hat.

Die Leitung des Polizeipräsidiums Koblenz hat nun als erste Polizeibehörde in Rheinland-Pfalz reagiert und einen Workshop unter dem Thema „Personalzumessung für die Kriminalpolizei“ mit dem Ziel initiiert, diesen Trend zu stoppen und Alternativen zu finden. Teilnehmer waren alle Führungskräfte der Kriminalpolizei im PP Koblenz sowie Vertreterder Personalräte und der BDK.

In der Einführung zitierte Präsident Fromm insgesamt vier Aussagen zur Misere der Kriminalpolizei - zwei Darstellungen aus Kommissariaten, ein Bericht aus den Medien sowie eine Veröffentlichung des Bundes Deutscher Kriminalbeamter.

Eine Auswertung der Personalzahlen durch den Leiter der PD Neuwied machte deutlich, dass von den vorgesehenen 408 Beamten aktuell  57 Stellen unbesetzt sind und weitere Abgänge aufgrund bevorstehender Ruhestandsversetzungen zeitnah bevorstehen. 

Nach Darstellung der Probleme bei der KI Montabaur sowie der ZKI Koblenz wurden aus den Teilnehmern fünf Gruppen aus verschiedenen Organisationseinheiten gebildet, die sich in anschließenden Workshops jeweils mit den Fragestellungen „Ist-Zustand der Kriminalpolizei“, Möglichkeiten der Personalzumessung und Lösungsansätze  auseinandersetzten. 

Während die Veranstaltung vor Beginn von vielen Teilnehmern mit erheblicher Skepsis gesehen und Zweifel an der Sinnhaftigkeit geäußert wurden (…es ändert sich ja eh nichts, …das ist doch bekannt, ….das wurde schon mehrfach angesprochen), zeigte sich jedoch bereits in den Workshops ein hohes Engagement aller Teilnehmer, so dass der Zeitansatz in einigen Gruppen weit überzogen wurde. 

Am Nachmittag wurden schließlich die Ergebnisse der Gruppen präsentiert. Aus unserer Sicht keine Überraschung war, dass viele Punkte und Lösungsansätze genannt wurden, die vom BDK in der Vergangenheit schon mehrfach aufgezeigt wurden. 

Als wesentliches Problem wurde übereinstimmend der Personalmangel in allen Organisationseinheiten genannt, der eine angemessene und qualifizierte Sachbearbeitung kaum noch ermöglicht. Arbeitserfüllung ohne Leistung von Mehrarbeit ist nicht mehr möglich, Präsenzdienst sowie Sondereinsätze schaffen zusätzliche Personallücken und Praktikanten werden nicht mehr betreut, sondern als Hilfskräfte für die Massenverwaltung eingesetzt.

Das Ergebnis war eindeutig: Es muss sofort etwas getan werden!

Und so sehen die Lösungsansätze der Workshops  im Kern aus: 

Kurzfristig 

  • die Anzahl der derzeitigen Dienstzweig-Wechsler muss erhöht werden

  • Verwendung geeigneter Bewerber bei der Kriminalpolizei unmittelbar im Anschluss an die Bachelor-Ausbildung

  • Konsequente Umsetzung der ORGPOL (ebay-Anzeigen müssen bei S bearbeitet werden und nicht kategorisch mit Verweis auf Internet-Kriminalität durch K4)

  • Rotationskräfte auch für die Kripo

     

    Mittelfristig

  • Direkteinstieg zur Kripo über einen eigenen Studiengang Kripo an der HdP

  • Steigerung der Attraktivität der Kripo, um mehr Bewerber für den Dienstzweigwechsel zu gewinnen (insbesondere dienststellenbezogene Ausschreibung)

  • Umsetzung eines sich selbst tragenden KDD

  • Einrichtung eines „Schwangeren-Pools“ bei der Kripo analog zu S

  • Schaffung von Möglichkeiten einer Teilzeitarbeit bei freiwilliger Dienstzeitverlängerung geeigneter Kolleginnen und Kollegen. Mehr und längere Hospitationen von Praktikanten bei K, um die Kripoarbeit auch mal von ihrer positiven Seite aus kennen zu lernen

  • Ausweitung des Spezialistenprogramms (Es müssen zur Entlastung der Beamten mehr Externe auch mit entsprechender Besoldung eingestellt werden, insbesondere im Bereich K15/K14. Eine Besoldung nach E9 oder E10 ist bei der Wettbewerbslage der freien Wirtschaft nicht zielführend)

Zugleich gilt es, die größten Hinderungsfaktoren für einen Wechsel zu K zu beseitigen. Hierzu zählen insbesondere:

  • Die ungewisse Verwendung ohne dienststellenbezogene Ausschreibung bei weitläufigen Präsidialbereichen

  • Der hohe Arbeitsanfalls, Beförderungsstaus nach A10, finanzielle Nachteile und unflexible Arbeitszeiten

  • Unzureichende Einstellung von Tarifbeschäftigten im Bereich Bürokoordination, die die Emrittlungsbeamten durch leichte Sachbearbeitung entlasten könnten

  • Zählung eingeschränkt Dienstfähiger im Personalstand als VZÄ

  • Fehlende Möglichkeit einer vereinfachten Bearbeitung von „08/15“ – Straftaten

  • Realitätsferne Priorisierung der Deliktsbekämpfung (Die Einrichtung der EG Bande hat zur faktischen Auflösung der EG Intensivtäter geführt. Auch eine zentrale Bekämpfung Menschenhandel gibt es nicht mehr. Diese Priorisierung muss dann aber auch transparent gemacht werden mit dem Bekenntnis, dass nicht alles machbar ist)

Die dreigliedrige Struktur der Kriminalpolizei mit ZKI, RKI und Kriminaldienst bei den PI´en hat sich bewährt. Eine Angliederung aller K-Beamten an die KD bei örtlichem Verbleib auf den KI´en und PI´en muss hinsichtlich der sich ergebenden Vor- und Nachteile näher geprüft werden.

 

Vorläufiges Fazit 

Im Anschluss an die Präsentationen wurde durch die Behördenleitung festgestellt, dass dringender Handlungsbedarf besteht - und zwar jetzt und sofort. Polizeipräsident Fromm versprach, dass man in einem ersten Schritt prüfen werde, ob alle 34 Bewerber für den Dienstzweigwechsel für das aktuelle Verfahren zugelassen werden können. 

Die Ergebnisse der Workshops sollen nun durch SB12 zusammengefasst und, soweit sie durch das PP selbst angegangen werden können, zeitnah umgesetzt werden. Die Punkte, die nicht im Verantwortungsbereich des PP liegen, werden an das MdI weitergeleitet.

 

Bewertung der Veranstaltung aus Sicht des BDK  

Das hohe Engagement der am Workshop beteiligten Kriminalbeamten führte zu einer Vielfalt von Lösungsansätzen, die im Vorfeld von kaum jemandem erwartet wurden. Dies zeigte jedoch auch, wie schlecht die Situation der Kriminalpolizei derzeit tatsächlich ist. Mit Bedauern wurde durch einige Teilnehmer festgestellt, dass der GPR trotz Einladung nicht vertreten war und die örtlichen Personalräte, mit Ausnahme PD und PP Koblenz, an der Präsentation der Ergebnisse nicht mehr teilnahmen.

Es bleibt jetzt zu hoffen, dass die Arbeit, die an diesem Tag geleistet wurde, durch die Behördenleitung entsprechend bewertet wird und dass die Vorschläge im PP Koblenz auch umgesetzt werden. Die Ankündigung, alle Bewerber für den Dienstzweigwechsel zuzulassen, nährt diese Hoffnung.

Darüber hinaus besteht aber auch die Erwartungshaltung, dass Änderungsvorschläge, die über die Zuständigkeit des PP hinausgehen, auch beim MDI mit dem erforderlichen Nachdruck transparent gemacht werden. 

Im PP Koblenz wurde die prekäre Lage der Kriminalpolizei nun endlich transparent gemacht. Die Fakten liegen auf dem Tisch und es besteht berechtigte Hoffnung auf Verbesserung. Vielleicht folgen ja auch andere Präsidien diesem Beispiel. Der BDK wird jedenfalls weiterhin jeden unterstützen, der die Situation der Kriminalpolizei verbessern will. Der Einfluss von Gewerkschaften, die in direkten Gesprächen mit dem Innenminister die Lage vor Ort ohne Vorbehalte ansprechen können, sollte nicht unterschätzt sondern genutzt werden! 

 

Der Bezirksvorstand Koblenz