Knatterton-Gespräch 2024

10.07.2024

Der forensische Chemiker und Toxikologe Dr. Folker Westphal erhält am 12. Juni in Kiel die Knatterton-Ehrenmütze für besondere Verdienste um die Kriminalitätsbekämpfung. Erstmalig in der 49-jährigen Geschichte geht der Preis an einen Wissenschaftler aus den Reihen der Landespolizei Schleswig-Holstein für sein herausragendes Engagement als Sachverständiger, seinen beispiellosen Einsatz zur Strukturaufklärung neuer psychoaktiver Stoffe und seine vorbildhafte Leidenschaft für die Aufgabe.
Knatterton-Gespräch 2024
Der Ehrenmützenträger Dr. Westphal im Gespräch mit dem Landesvorsitzendem Frank Ziegler.

Bei norddeutschem Schmuddelwetter hat der BDK Landesverband Schleswig-Holstein am 12. Juni 2024 im Restaurant „Bootshaus 1862“ an der Kieler Förde sein traditionelles Knatterton-Gespräch veranstaltet.

Die Begrüßung der Gäste, unter ihnen der Leiter der Polizeiabteilung im Innenministeriums, Ingo Minnerop, die neue Landespolizeidirektorin, Dr. Maren Freyher, der BDK-Bundesvorsitzende Dirk Peglow sowie zahlreiche weitere Personen aus den Reihen der Polizeiführung,  Politik, Gesellschaft, Justiz und natürlich aktive Mitglieder des BDK-Landesverbandes, übernahm der Landesvorsitzende Frank Ziegler, der die Festveranstaltung erstmalig in dieser Funktion eröffnete und die Gelegenheit auch dafür nutzte, sich noch einmal humorvoll und persönlich den Anwesenden vorzustellen.

Die Gäste selbst, die sich von der in Kiel herrschenden „Schafskälte“, glücklicherweise nicht hatten abhalten lassen, erschienen wie in jedem Jahr gut gelaunt und in Festtagsgarderobe. Eine besondere Freude war es auch, dass uns wieder einmal einige der gestandenen Knatterton-EhrenmützenträgerInnen aus den Vorjahren mit ihrer Anwesenheit erfreuten!

Die Stimmung war ausgelassen und der Festsaal angefüllt mit den Geräuschen angeregter Gespräche und persönlichem Austausch - die Gründungsväter, die in den 1970er Jahren auf der Suche nach einem geeignetem Format gewesen waren, um Themen der Kriminalitätsbekämpfung sinnvoll diskutieren und bewegen zu können - wären sicherlich zufrieden gewesen.

Den Höhepunkt markierte wieder einmal die Verleihung der Knatterton-Ehrenmütze, die in diesem Jahr an Dr. Folker Westphal ging- Chemiker, Toxikologe und seit 20 Jahren Leiter des Sachgebiets „Toxikologie und Betäubungsmittel“ am Kriminaltechnischen Institut des Landeskriminalamts Kiel. Der Landesverband brach mit der Entscheidung für seine Auszeichnung mit der Tradition, keine Kriminalisten aus der eigenen Organisation auszuzeichnen, um in jedem Fall den Anschein von „Eigenlob“ zu vermeiden. Die Tradition ist damit gebrochen, dem dahinterstehenden Gedanken ist der Landesvorstand des BDK jedoch weiterhin treu.

Der Vorschlag für die Auszeichnung Dr. Westphals kam aus der Fläche der Landespolizei – von Ermittlerinnen und Ermittlern, die seit vielen Jahren vertrauensvoll mit ihm zusammenarbeiten und seine große Expertise ebenso wie seine besonders menschliche, zugewandte Art schätzen.

Die Ehre, die Laudatio halten zu dürfen, kam mir, der Unterzeichnerin, zu. Und angesichts des wirklich beeindruckenden Lebenslaufes und des wunderbaren persönlichen Austauschs im Vorfeld der Veranstaltung, war es ein echtes Vergnügen, die Gründe für die Auszeichnung ausführlich darzulegen. Dr. Westphal ist nämlich nicht nur ein national sowie international anerkannte Experte auf den Gebieten der Betäubungsmittelanalytik und der Toxikologie, er ist auch ein Wissenschaftler „mit Tatkraft und Herz“. Bis dato ist er Autor von etwa 130 wissenschaftlichen Publikationen und hat ca. 90 Vorträge und Poster mit forensisch toxikologischem Hintergrund auf Kongressen oder Symposien gehalten bzw. verfasst.

Beinahe mehr noch als die wissenschaftlichen Leistungen hat den BDK Landesvorstand jedoch beeindruckt, wie Dr. Westphal in den 20 Jahren, die er bereits bei der Landespolizei verbracht hat, mit den schwierigen Arbeitsbedingungen umging, mit denen er von Anfang an konfrontiert war: 

Schon zu Beginn, 2004, konnten die Eingänge kaum bewältigt werden: 30 % aller bearbeiteten Fälle waren damals schon Haft- oder andere Eiltsachen, die priorisiert zu bearbeiten waren. Von den übrigen Vorgängen blieben unweigerlich einige liegen, wodurch sich unvermeidbar eine Halde bildete. Ab 2015 wurde es noch erheblich schwieriger - es kam beinahe zu einer Verdoppelung der Vorgänge, deren Ursache unklar bleibt. Mag es an verstärkten Ermittlungen der Sicherheitsbehörden und somit erhöhten Sicherstellungszahlen gelegen haben- die Situation konnte trotz Verstärkung des Teams nur stabilisiert, nicht verbessert werden. Und die Entwicklung des Drogenmarktes blieb rasant. Seit 2016 gibt es jährlich etwa 60 neue Designerdrogen in der EU. Für Deutschland bedeutet dies heute etwa alle zwei Wochen eine neue Droge!

Aber Dr. Westphal warf nicht irgendwann „die Flinte ins Korn“, sondern suchte stattdessen aktiv nach Lösungen, fragte sich, wie man diese Situation verbessern könne und entwickelte schließlich die Idee für ein Projekt, das kontinuierlich analytische Daten von neu auf dem Drogenmarkt aufgetretenen Stoffen erheben und diese Daten zur Ergänzung von bereits vorhandenen Datenbanken bundes- europa-, und weltweit bereitstellen sollte. Seine Idee traf auf fruchtbaren Boden, u.a. das BKA engagierte sich für die Idee und übernahm schließlich die Finanzadministration für das ab 2017 Realität gewordene, erste und sehr erfolgreich durchgeführte EU-Kooperationsprojekt ADEBAR. Es folgte ADEBAR PLUS (ab 2019) und schließlich das aktuell ab Dezember 2023 laufende Projekt „Netzwerk ADEBAR“, an dem sieben Landeskriminalämter, die Generalzolldirektion, das BKA und die Universitäten Freiburg, Mainz und Münster beteiligt sind.

Die wissenschaftliche Leitung obliegt dem LKA Kiel, in persona dem Gründungsvater Dr. Westphal, der, wie alle Projektpartner durch Einbringung eigener Arbeitsanteile, das Projekt mitfinanziert. Auf dem ersten Projekttreffen des Netzwerk ADEBAR am 17. Mai dieses Jahres in Kiel nannte der ständige Vertreter des Amtsleiters des LKA, Herr Ott, das Projekt eine reine Erfolgsgeschichte und machte deutlich, dass es unverzichtbare Arbeit für die Kriminalitätsbekämpfung dadurch leiste, Stoffe zu erkennen, zu registrieren und die Gesetzgebung hinsichtlich möglicher Verbote zu beraten.

Nach allem bleibt festzuhalten- die Gründe für die Auszeichnung Dr. Westphals mit der Knatterton-Ehrenmütze waren so vielfältig wie Dr. Westphals chemische Analysen.

Er erhielt den Preis nicht nur für sein herausragendes Engagement als Sachverständiger und in der Forschung oder für den beispiellosen Einsatz zur Strukturaufklärung neuer psychoaktive Stoffe, die dafür sorgen, dass die Ermittlungsarbeit der Polizei und die Arbeit der Justiz auf „Augenhöhe“ mit den Straftätern gelingen kann.

Er erhielt die Auszeichnung insbesondere auch für seine Vorbildfunktion – seinen Durchhaltewillen, seine Leidenschaft für die Arbeit, seine Kompetenz Lösungen zu denken und sie durchzusetzen und für seine menschliche, hilfsbereite Art.

Lieber Dr. Westphal, wir hoffen sie hatten eine tollen Abend mit uns und erweisen uns die Ehre, die Knatterton-Ehrenmütze auch in Zukunft zu tragen!

Birte Diethelm

#Knattertonehrenmützenverleihung