Knatterton 2017
09.03.2017
In diesem Jahr wurde eine Frau ausgewählt, die sich neben ihrer Haupttätigkeit als Rechtsmedizinerin im Universitätsklinikum Eppendorf, mit überragendem Engagement für kindliche Opfer von sexuellem Missbrauch und von Misshandlungen einsetzt.
Frau Dr. Nadine Wilke-Schalhorst wurde dafür am Aschermittwoch im Prinz-Heinrich-Saal des Kieler Schlosses mit der Knatterton-Ehrenmütze ausgezeichnet!
Der Landesvorsitzende des BDK SH, Stephan Nietz, überreichte Frau Dr. Wilke-Schalhorst das so genannte „Ehrengewandstück“ -die Knatterton-Ehrenmütze- und eine Urkunde, die sie als würdige Nachfolgerin des Namensgebers auszeichnete.
In seiner Laudatio zeichnete der Landesvorsitzende das Bild einer Frau, die sichin eindrucksvoller Weise für Opfer von Gewalttaten einbringt! Frau Dr. Nadine Wilke-Schalhorst hat mit großen ehrenamtlichem Engagement private Fördergelder im hohen sechsstelligen Bereich eingeworben. Mit diesen Mitteln hat sie im Kreis Pinneberg und auch im Kreis Steinburg regionale rechtsmedizinische Untersuchungsstellen ins Leben gerufen. Hierher können sich Opfer von Gewalttaten wenden. Die Spenden und Fördergelder ermöglichen eine kostenlose gerichtsverwertbare rechtsmedizinische Befund- und Spurensicherung.
Was dies im Detail bedeutet beschrieb Frau Dr. Nadine Wilke-Schalhorst den anwesenden leitenden Vertretern der Landespolizei, denen der Staatsanwaltschaften sowie dem Innenminister Studt und den insgesamt 60 Gästen der Feierstunde. „Jedes Opfer von Gewalt, unabhängig von der Art und Schwere der Verletzung, soll die Möglichkeit einer gerichtsverwertbaren Dokumentation haben.“ so die Rechtsmedizinerin.
Gemeinsam mit dem Verein Wendepunkt e.V. Elmshorn initiierte sie 2010 das Pilotprojekt „Regionale rechtsmedizinische Untersuchungs-stellen“. Im Klinikum Pinneberg und in den Räumlichkeiten des Vereins konnten Untersuchungsräume des Instituts für Rechtsmedizin des UKE Hamburg-Eppendorf eingerichtet werden. Im Zusammenwirken mit dem Verein Wendepunkt lässt Dr. Wilke-Schalhorst besonders hinsichtlich der psychotraumatologischen Versorgung von Kindern so ehrenamtlich Gewaltopfern rechtsmedizinische Hilfe zukommen.
2014/2015 konnte mit finanzieller Projektunterstützung die Einrichtung einer Untersuchungsstelle im Gesundheitsamt Itzehoe realisiert werden. 2015/2016 erfolgte dann eine Integration der Untersuchungsstellen in das Projekt „Vertrauliche Spurensicherung bei häuslicher und sexualisierter Gewalt“. Zielrichtung dieses Projektes ist, Gewaltopfern flächendeckend niedrigschwellige rechtsmedizinische Behandlungen/Beratungen und somit auch eine zunächst anonyme gerichtsfeste Beweissicherung zu ermöglichen.
Dies ist auch ohne Erstattung einer Strafanzeige realisierbar und reduziert dadurch die Hemmschwelle für die Opfer. Frau Dr. Wilke-Schalhorst betonte, dass im Deliktsbereich sexualisierter Gewalt und Missbrauch von Kindern das Dunkelfeld besonders hoch ist. Sexualdelikte werden aus unterschiedlichen Motiven heraus oft zu spät oder nicht zur Anzeige gebracht, d.h. eine erforderliche gerichtsfeste Spurensicherung ist dann nicht mehr realisierbar. Die Eröffnung niedrigschwelliger rechtsmedizinischer Hilfe erleichtert es den Opfern, sich vertrauensvoll und ohne Verfahrensdruck Vertrauenspersonen gegenüber zu öffnen.
In Gesprächen und Beratungen versucht Frau Dr. Wilke-Schalhorst die Menschen zu motivieren, Verletzungen zeitnah dokumentieren und Spuren sichern zu lassen. So kann die Glaubwürdigkeit der Opfer in späteren Verfahren untermauert werden.
„Das ist eine große Hilfe für die Frauen und sie fühlen sich vor Gericht sicherer“, erklärt sie. Denn so können Sachverhalte, die sehr viel später angezeigt und vor Gericht verhandelt werden, mit Sachbeweisen –rechtsmedizinisch dokumentierten Spuren- belegt werden.
Ihre ehrenamtliche Tätigkeit wahrt den Schutz des Opfers und seiner Daten, zugleich sichert sie professionell die Grundlagen für strafrechtliche Verfahren. Jeder einzelne Aufklärungserfolg bei Taten sexualisierter und häuslicher Gewalt ermöglicht es den Opfern ein Stück weit mehr, ihre Traumata zu verarbeiten. Gleichzeitig eröffnet es staatlichen Stellen und die Öffentlichkeit bei solchen Vorfällen und Delikten angemessen und helfend zu intervenieren.
Dr. Wilke-Schalhorst hat ein eigenes Netzwerk aufgebaut und geht auf die niedergelassenen Haus- und Kinderärzte zu, um über das Projekt zu informieren. Denn, so führte sie aus, wenn Opfer sich an ihren vertrauten Arzt wenden, kümmere sich dieser eher um die erforderliche heilende Behandlung von Verletzungen, statt sie gerichtsfest zu dokumentieren.
Die Unterstützung von Geschädigten -und dazu gehört auch eine professionelle Sicherung von Sachbeweisen- ist ein Engagement, das der BDK mit der Verleihung der Ehrenmütze auszeichnete.
Wie sehr die Anwesenden die Auswahl der Knatterton-Ehrenmützen-Trägerin anerkannten, zeigten der langanhaltende Applaus und die sich anschließenden (netzwerkbildenden) Gespräche mit der Ausgezeichneten!
Der BDK-Landesvorstand SH
#Knattertonehrenmützenverleihung