Kinderschutz?

06.04.2017

RP ONLINE; Online-Ausgabe „Rheinische Post“ vom 16.03.2017 Studie zu Kindesmissbrauch: „Bei Verdacht sollte man nicht zur Polizei gehen“
Kinderschutz?

In einem Interview zum Thema „Sexueller Missbrauch von Kindern“ wird von der  Sachgebietsleiterin einer „Fachberatungsstelle für Familien mit Gewalterfahrung“ an Eltern oder sonstige Zeugen von Verdachtsfällen des sexuellen Missbrauchs die Empfehlung gegeben:

„Ganz wichtig ist, dass man bei einem Verdacht nicht zur Polizei gehen sollte“.

Dieser Ratschlag wird damit begründet, dass der Täter durch die polizeilichen Ermittlungen vom gegen ihn bestehenden Verdacht erfahre, was dann „schlimme Konsequenzen für das Kind haben“ könne. Damit wird suggeriert, dass während eines strafprozessualen Ermittlungs-verfahrens ein mutmaßliches Missbrauchsopfer weiterhin dem ungehinderten Zugriff und Einfluss eines Tatverdächtigen ausgesetzt wird, solange dieser nicht rechtskräftig verurteilt sei.

Dabei dürften gerade einer langjährig im Bereich des Kinderschutzes tätigen Mitarbeiterin die in einem solchen Verfahren obligatorischen und aufeinander abgestimmten Opferschutzmaßnahmen von Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendämtern bereits im Zuge der ersten Interventionen hinlänglich bekannt sein.
Angesichts der herausragenden Bedeutung des Themas wirken nach Auffassung des BDK zwei Faktoren besonders schwer.
Zum einen tritt in diesem Interview eine als Expertin vorgestellte Vertreterin aus dem Bereich nichtstaatlicher Opferschutzeinrichtungen auf, was die Wirkung auf Laien, insbesondere auf die sich ohnehin in einer psychischen Ausnahmesituation befindlichen Angehörigen von Missbrauchsopfern, erheblich verstärken dürfte.
Zum anderen ist davon auszugehen, dass in ihrem Verantwortungsbereich die Beratungstätigkeit im Sinne ihrer Empfehlung ausgeübt wird, was aus polizeilicher Sicht problematisch erscheint.

Nach kriminalistischer Erfahrung handelt es sich bei Triebverbrechen wie dem sexuellen Missbrauch von Kindern nahezu nie um Einzeltaten, sondern um über längere Zeiträume erstreckende Tatserien, von denen oftmals mehrere Opfer betroffenen sind.

Die Identifizierung von Missbrauchstätern, die Aufdeckung ihrer Übergriffe sowie deren wirksame Sanktionierung durch die Justiz stellen als präventiver Opferschutz eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe dar.

Anerkanntermaßen helfen sie ehemaligen Opfern bei der Bewältigung ihrer Traumata.

Der BDK wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass im Sinne eines effektiven Opferschutzes missbrauchte Kinder im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen dem Zugriff der Täter entzogen werden.

 

Der Landesvorstand

 

RP ONLINE; Online-Ausgabe „Rheinische Post“ vom 16.03.2017      

„Bei Verdacht sollte man nicht zur Polizei gehen“[1]

 


 

[1] http://www.rp-online.de/leben/gesundheit/psychologie/bei-verdacht-sollte-man-nicht-zur-polizei-gehen-aid-1.6693187