Kernbefunde zur Dunkelfeldstudie Kriminalität vorgestellt
01.12.2015
Dazu hatten im Vorfeld die Universität Greifswald, die Fachhochschule Güstrow und das Landeskriminalamt in einem Gemeinschaftsprojekt landesweit mehr als 8.000 Einwohner u. a. zu ihren Erfahrungen mit der Kriminalität, zum Sicherheitsgefühl und zu ihrer Einschätzung der polizeilichen Arbeit im Jahre 2014 befragt. 3.170 Antworten erwiesen sich als statistisch auswertbar und repräsentativ.
Auch wenn der endgültige Bericht erst im 1. Halbjahr 2016 vorliegen wird, sind bereits jetzt wichtige Schlussfolgerungen möglich. Minister Caffier erklärte bei der Veröffentlichung, dass die Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nur das Hellfeld der Kriminalität widerspiegeln, vieles aber im Dunkelfeld verbleibt und der Polizei nicht angezeigt wird. Außerdem habe die Kriminalität eine andere Zusammensetzung als dies aus der PKS bekannt war. Diese Ergebnisse seien nicht überraschend.
Bei der Dunkelfeldbefragung wurden verschiedene Delikte zur Beantwortung ausgewählt. Es handelte sich um
-
verschiedene Formen des Diebstahls
-
Sachbeschädigungen
-
Raubtaten
-
Körperverletzungen
-
Sexualstraftaten
-
Häusliche Gewalt
-
Computerkriminalität und
-
ausgewählte Formen des Betrugs.
Also um Straftaten, die sich besonders beim Opfer einprägen und das Sicherheitsgefühl erheblich beeinflussen. Die durch die Studie ermittelten Dunkelfeldanteile erstaunen zumindest uns als Berufsverband der kriminalpolizeilich Beschäftigten wenig. So liegt der Dunkelfeldanteil aus der Studie bei allen abgefragten Delikten bei mehr als 50%:
-
Diebstahl 57,1%
-
Sachbeschädigung 73,1%
-
Raub 64,3%
-
Körperverletzung 70,3%
-
Sexualstraftaten 98,9%
-
Häusliche Gewalt 98,4%
-
Computerkriminalität 99,2%
-
Betrug 85,3%
Die Dunkelfeldstudie zeigt auf, dass 2014 zwei von fünf Bewohnern des nordöstlichsten Bundeslandes Opfer einer Straftat oder eines Versuches der Begehung einer Straftat wurden. Darüber hinaus belegt eine Hochrechnung der untersuchten Delikte, dass nur jede 14. Straftat überhaupt angezeigt wurde und die Gesamtzahl mit etwa 750.000 Straftaten die PKS mit erfassten 116.609 Taten weit übertrifft (Quelle)
Eine gute Beurteilung gab es für die Arbeit der Polizei in unserem Bundesland. Etwa 80% der Befragten vergaben für ihren letzten Kontakt mit der Polizei die Noten „sehr gut“ bis „befriedigend“. Fast 90% bewerteten die Bürgerfreundlichkeit, die Konsequenz des Verhaltens und die Kompetenz der Polizei im gleichen Notenspektrum, wobei dabei mindestens die Hälfte der Antworten wiederum die Note „gut“ ankreuzte.
Schon jetzt wurde natürlich Handlungsbedarf erkannt. So sollen u. a. die Kriminalprävention intensiviert, die Anzeigenbereitschaft erhöht und weitere, regelmäßige Dunkelfeldbefragungen durchgeführt werden. Dabei sollen insbesondere die Delikte der Computerkriminalität stärker in den Focus gerückt werden. Das abschließende Fazit unseres Ministers für Inneres und Sport wird an dieser Stelle gerne zitiert: „Aufgrund der Ergebnisse der Studie und des sich hieraus ergebenen Dunkelfeldes wird deutlich, dass eine Diskussion zur inneren Sicherheit nur anhand der Polizeilichen Kriminalstatistik zu kurz greift“, so Innenminister Caffier abschließend. „Die Studie zeigt hierbei deutlich die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an unsere Polizei und damit auch an die Politik. Neben einer Priorisierung in der Kriminalitätsbekämpfung ist daher eine angemessene sachliche und personelle Ausstattung mindestens aufrecht zu erhalten. Straftatenverfolgung und polizeiliche Prävention bleiben weiterhin wesentliche Aufgabenfelder der Polizei, müssen aber auch im gesamtgesellschaftlichen Maßstab verankert sein.“
Dem wäre eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, wenn sich nicht gerade der BDK zurück erinnert - erinnern muss.
Seit Jahren weisen wir darauf hin, dass die jährliche Jubelmeldung über den Rückgang der Zahlen der PKS fragwürdig in seiner Deutung sei und unser Bundesland nicht unbedingt sicherer geworden ist, eben weil nur das Hellfeld der PKS betrachtet wurde. Und ebenso Jahr für Jahr verhallte unser Appell, auch das Dunkelfeld zu betrachten. Im Gegenteil, es brachte einigen Funktionären des BDK sogar vermeidbare und rechtswidrige Nachteile ein. Jetzt scheint sich zumindest, ob nun mit oder ohne unsere Einwände, die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass die PKS tatsächlich nur ein wenig brauchbarer Indikator für die Kriminalität ist. Ein wahrlich langwieriger und wohl schwieriger Prozess außerhalb des BDK.
Unser Innenminister will die sachliche und personelle Ausstattung mindestens aufrechterhalten. Wir meinen, dass nach den ersten Ergebnissen dieser Dunkelfeldbetrachtung eine deutliche personelle Aufstockung unserer Landespolizei unvermeidlich scheint, insbesondere in den Sparten der Kriminal- und Schutzpolizei. Bis jetzt wurde das Personal für die Kripo nach der Faustregel - ein Kriminalist für 250 PKS-Fälle - zugewiesen. Nun zeigt sich aber, dass die Kriminalitätsbelastung deutlich höher ist. Wenn das kein Wink mit dem Zaunpfahl ist.
Doch zur aktuellen Stellenproblematik werden wir uns in Kürze gesondert äußern.