Keine Polizeibeamten für Berlin
25.05.2020
Hintergrund:
"Kein Mensch darf im Rahmen öffentlich-rechtlichen Handelns aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen Zuschreibung, der Religion und Weltanschauung, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der Sprache, der sexuellen und geschlechtlichen Identität sowie des sozialen Status diskriminiert werden."
So kann man im § 2 der Gesetzesvorlage des Landesantidiskriminierunsgesetz (LADG) im Abgeordnetenhaus Berlin (Drucksache 18/1996, https://www.parlament-berlin.de/ados/18/Recht/vorgang/r18-0175-v.pdf) lesen.
Soweit so gut oder eher schlecht!?
Die Definition für solche Diskriminierung liefert das LADG gleich im § 4 mit:
„Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person wegen eines oder mehrerer der in § 2 genannten Gründe eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde und die Ungleichbehandlung nicht nach § 5 gerechtfertigt ist. … Eine unmittelbare Diskriminierung liegt ebenfalls vor, wenn die Person, die die Diskriminierung begeht, das Vorliegen eines oder mehrerer der in § 2 genannten Gründe nur annimmt.“
Darf die Frage erlaubt sein, ob die Parlamentarier in Berlin mit Erlass des Gesetzes unmittelbar gegen dasselbe verstoßen? Weil mit diesem Gesetz die Beamt*innen und Beschäftigten des Landes Berlin eine weniger günstige Behandlung erfahren als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation!
Dieses Gesetz wurde im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses Berlin mit Stimmen der rot-rot-grüne Mehrheit am 13. Mai 2020 beschlossen und soll demnächst in Kraft treten. Mit diesem Gesetz will der Senat verhindern, dass im Land Berlin Bürger durch Verwaltungshandeln diskriminiert werden.
§ 7 des Gesetzes dreht aber die Vermutungsregelung um. Wenn ein Bürger einen Beamten oder Angestellten wegen Diskriminierung anzeigt, muss er dafür keine Beweise liefern und hat keinerlei Prozessrisiko. Der beschuldigte Beamte oder Angestellte, muss dann nachweisen, dass er nicht diskriminiert hat. Dies mit dem formulierten Ziel, sich als Land gesellschaftlichen Ausgrenzungen und Stigmatisierungen entgegen zu stellen, um eine gleichberechtigte Teilhabe in einer weltoffenen, solidarischen und vielfältigen Gesellschaft zu verwirklichen.
Und damit wird eine ganzen Berufsgruppe, der „Öffentliche Dienst“, ausgegrenzt!
Im neuen Antidiskriminierungsgesetz wird zudem auch die Verbandsklage zugelassen: Aktivisten und Vereine, die selbst nicht betroffen sind, können stellvertretend für einen Bürger eintreten, der sich diskriminiert fühlt.
Justizsenator Dirk Behrendt von den Grünen, so die Berliner Zeitung am 17.05.2020: „…wischte alle Einwände rigoros vom Tisch. Die Sorgen der Polizisten ließ er nicht gelten. Er wünsche, dass die „Verwaltungen ihr bisheriges Verhalten auf mögliche Diskriminierung hin reflektieren“.
Der DGB erläutert in seiner Stellungnahme zum Gesetz
„Wenn das geplante LADG seine Funktion als sinnvolle Ergänzung zu den bestehenden Regelungen im AGG ausfüllen soll, so müssen mögliche Rechtsfolgen und Probleme mit bedacht und bearbeitet werden. In Hinblick auf befürchtete negative Auswirkungen des Gesetzes gab es in den letzten Monaten erhebliche, teils sehr kontroverse Debatten. Nach den Rückmeldungen, die uns erreichen, liegt das u.a. darin begründet, dass der Haftungsrahmen für das Land Berlin (nach § 8 Abs. 2 LADG i.v.m. § 7 LADG) grundsätzlich anders gestaltet ist, als im Dienstrecht der Beschäftigten. Der immaterielle Schadensersatzanspruch nach § 8 Abs. 2 LADG ist verschuldensunabhängig ausgestaltet. Durch die Beweislasterleichterung nach § 7 ist die Glaubhaftmachung von Tatsachen ausreichend. Die prozessuale Folge ist, dass es der beklagten öffentlichen Stelle obliegt, den Beweis des Gegenteils zu erbringen. Sie muss also das Nichtvorhandensein von (zuvor glaubhaft gemachten) Tatsachen beweisen. Das ist nicht nur prozessual ein Problem.“
Und weiter:
„Der DGB plädiert dafür das verwaltungsinterne Verfahren landeseinheitlich zu regeln. Dabei ist es wichtig klar zu stellen, dass die im Gesetz verankerte prozessuale Beweislasterleichterung nicht den Haftungsrahmen der Beschäftigten aushebelt. Es muss verdeutlicht werden, dass einem Urteil gegen das Land Berlin (zum Beispiel auf Zahlung eines Schadenersatzes nach § 8) ein prozessual geprägter Sachverhalt und Beweis zu Grunde liegt. Dieser prozessuale Sachverhalt kann nicht die Tatsachenbasis für eine mögliche Regressforderung des Landes gegen Beschäftigte bilden. Hierfür wäre eine klarstellende Regelung im LADG hilfreich, die sicherstellt, dass das Beschäftigtenverhältnis von den Ergebnissen der prozessualen Beweislasterleichterung nach § 7 unberührt bleibt.
Der DGB regt daher an, die o.g. Verfahrensregelungen in einer umfassenden Dienstvereinbarung zwischen dem Land Berlin und dem Hauptpersonalrat (DV LADG) landesweit und einheitlich zu regeln.“
Eine klarstellende Regelung im LADG erfolgte bisher nicht. Für die Landesbeamt*innen aus Sachsen-Anhalt muss es – sollten sie in Berlin eingesetzt werden, eine entsprechende Dienstvereinbarung mit unserer Landesregierung geben, um sie zu schützen.
Ein Szenario, dass ein Polizeibediensteter aus Sachsen-Anhalt, der z. B. im Rahmen eines Bereitschaftspolizeieinsatzes in Berlin von Demonstranten der Diskriminierung beschuldigt wird – zum Gegenstand eines Disziplinarverfahrens und damit z.B. nicht befördert werden kann – muss verhindert werden!