Justizministerin Marion Gentges (CDU) will mehr Personal für die Justiz

04.07.2021

Aufarbeitung der Stuttgarter Krawallnacht vor rund einem Jahr. Bilanz des Pakt für den Rechtsstaat. Wo bleibt die Personalforderung aus dem Innenministerium?
Kriminalpolizei

Anfang des Jahres 2019 wurde der sogenannte Pakt für den Rechtsstaat (Justiz) zwischen Bund und Ländern beschlossen. Im Juni dieses Jahres steht nun die positive Bilanz fest. Auszugsweise darf an dieser Stelle aus der Veröffentlichung zitiert werden: 

„Unter anderem wurden in den Jahren 2017 bis 2021 weit mehr Stellen in der Justiz aufgebaut, als im Pakt vorgegeben, was spürbare Wirkungen entfaltet. Die Länder haben im richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Bereich rund 2.700 Stellen neu geschaffen und knapp 2.500 Stellen neu besetzt. Das vereinbarte Ziel von 2000 neuen Stellen wurde damit deutlich übertroffen. Der Bund unterstützt den Stellenaufbau, indem er den Ländern Mittel in Höhe von insgesamt 220 Mio. Euro zur Verfügung stellt. Außerdem haben die Länder im Bereich des nicht-richterlichen und nicht-staatsanwaltlichen Personals gut 3.800 Stellen geschaffen, von denen 2.500 besetzt sind. Der Bund hat die Stellen in der Bundesjustiz aufgestockt und beim Generalbundesanwalt um 71 erhöht sowie 24 neue Stellen für zwei neue Senate beim Bundesgerichtshof geschaffen.“ 

Das sind auch für die Polizei erfreuliche Nachrichten. Die Justiz ist und bleibt ein wichtiger Partner bei der Bekämpfung von Straftaten und vieles muss Hand in Hand angegangen werden. Trotz Gemeinsamkeiten muss jedes Ressort auch selbst dafür sorgen, dass die personelle Ausstattung den tatsächlichen Aufgaben angepasst wird. So ist die aktuelle Forderung (vgl. dazu Artikel in der LTO) von Justizministerin Gentges im Zusammenhang mit der justiziellen Aufarbeitung der Stuttgarter Krawallnacht – die sie klugerweise mit den neuen Herausforderungen wie dem Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität (prognostizierter Zuwachs von 17.500 Ermittlungsverfahren) und weiteren 2.000 Verfahren im Bereich der Kinderpornographie (Stichwort: NCMEC-Meldungen) verknüpft, konsequent und richtig. 

Nur durch die gezielte Schaffung von Neustellen im Haushalt und deren Besetzung findet tatsächlich ein personeller Aufwuchs statt. Dies ist die geeignete Kennzahl und nicht die reinen Einstellungszahlen, die leider in der Vergangenheit durch das Innenministerium genutzt wurden, um vermeintliche Zuwächse darzustellen (siehe BDK-Faktencheck „Die größte Einstellungsoffensive der Polizei“). 

Aber gehen wir einen Schritt zurück. Bevor es zur Abgabe eines Ermittlungsverfahrens an die Justiz kommt, ist polizeiliche Sachbearbeitung erforderlich. Die Stuttgarter Krawallnacht hat die letzten Monate unglaubliche polizeiliche Ressourcen in Anspruch genommen, um richtigerweise möglichst viele Straftäter zu ermitteln und dann auch vor Gericht zu bringen. Die im Artikel genannten Herausforderungen der letzten Wochen in den Städten im Südwesten, bei denen es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam – das ist in erster Linie eine polizeiliche Lage, die zu bewältigen ist. Einsätze binden Personal, da ist das Fertigen einer Strafanzeige der kleinere Arbeitszeitanteil. Präsenz und Kontrollen, das bindet Personal. Die von Justizministerin Gentges angesprochenen zusätzlichen Ermittlungen im Bereich der Hasskriminalität und der Kinderpornographie landen zunächst beim polizeilichen Sachbearbeiter – Sie liebe Leserin, lieber Leser ahnen was jetzt kommt. Warum konnten wir denn aus dem Innenministerium in Zusammenhang mit der Stuttgarter Krawallnacht, der aktuellen Lageentwicklung zum Schutz der Innenstädte und den jetzt anstehenden neuen Ermittlungsverfahren im fünfstelligen Bereich keine derartige Forderung hören? Das macht nachdenklich.

Der Pakt für den Rechtsstaat für die Justiz kann aus unserer Sicht ein erfolgreiches Modell für die Polizei sein. Im Übrigen hat der Bund in den letzten Monaten intensiv in Polizeipersonal beispielsweise im BKA investiert, die Aufforderung auch in den Ländern personell aufzustocken, blieb oftmals ungehört, wie Diskussionen im BDK-Bundesvorstand zeigen. 

Es ist deswegen aus Sicht des BDK BW an der Zeit, über einen bundesweiten Pakt für den Rechtsstaat – Polizei – zu sprechen und diesen in den kommenden Jahren anzupacken. Über echte Neustellen für die Polizei und deren Besetzung ist zu sprechen!

 

 

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