IT-Seiteneinstieg in der Kriminalpolizei – Sind wir auf dem richtigen Weg?
30.11.2024
Leider sind auch einige der IT-Beschäftigten aus unterschiedlichen Gründen aus der Organisation (un-)freiwillig gegangen: Mal waren es bessere und schnellere Karriere-/Aufstiegsmöglichkeiten in anderen Behörden oder in der Wirtschaft. Fehlende Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Anerkennung sowie demotivierende Arbeitsbedingungen führten ebenfalls zum Wechsel und raus aus der Kripo.
Man muss sich schon die Fragen stellen: „Warum ist das so?“. „Ist es normal, weil sowieso nicht jeder bis zur Rente/Pension im gleichen Job arbeitet?“ Ab und zu hört man auch den Satz aus der Führungsriege: „Reisende soll man nicht aufhalten.“ Sieht so Wertschätzung in der Kripo aus? Wir denken: Nein.
Durch die gegenwärtige Umsetzung der Weiterentwicklung der Kripo in MV scheint dieses Problem nicht behoben zu werden. Noch immer gibt es Führungskräfte in der Kripo, die das Potenzial und den Nutzen der IT-Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger für die Kripo nicht erkennen. Wenn wir ehrlich sind, brauchen wir §16er in allen Deliktsfeldern der Kriminalitätsbekämpfung. Kein Phänomenbereich kommt mehr ohne sie aus, weil überall Daten produziert werden, die schnell interpretiert, verarbeitet und aufbereitet werden müssen, um im Ergebnis erfolgreich ermitteln zu können. Diese Kompetenzen fehlen bei vielen klassisch ausgebildeten Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen.
Die nach § 16 Polizeilaufbahnverordnung M-V eingestellten Beschäftigten haben durchgängig einen Master- bzw. Bachelorabschluss. Einige Mitarbeiter verfügen sogar über eine Promotion. Diesen hochqualifizierten Mitarbeitenden werden derzeit kaum bis keine Weiterentwicklungsmöglichkeiten geboten. Sie sind an ihren Dienstposten „verhaftet“ und reihen sich mit ihren Pflichten in die Organisation ein, ohne dass ihre vorher erworbenen Kenntnisse bei vielen Verantwortlichen eine Rolle spielt. Nach unserer Auffassung kommt die Landespolizei M-V nicht daran vorbei, Fachkarrieremöglichkeiten auch ohne primären Fokus auf Führungsverantwortung auf zu machen, wenn sie die IT-Seiteneinsteiger dauerhaft halten will. Sie brauchen eine langfristige Perspektive! Dienstposten bis A10 reichen bei Weitem nicht aus, um die IT-Spezialisten und IT-Spezialistinnen zu halten. Zu viele von ihnen warten auf einen höherwertigen Dienstposten, der ihrer Qualifikation gerecht wird.
Baden-Württemberg hat das Problem längst erkannt und eine Sonderlaufbahn des cyberkriminalistischen Dienstes eingeführt. Angehörige dieser Sonderlaufbahn können sich sogar für den Aufstieg in den höheren cyberkriminalistischen Dienst qualifizieren (§18 Laufbahnverordnung-Polizeivollzugsdienst). So sieht Anerkennung aus, gerade für die Mitarbeitenden mit Masterabschluss.
Statt den IT-Seiteneinsteigerinnen und -einsteigern eine Perspektive zu bieten, setzt der Dienstherr in M-V darauf, dass alles so hingenommen wird oder die Beschäftigten „Dienstpostenhopping“ betreiben, nur um an irgendeiner anderen Stelle aufsteigen zu können. Unsere IT-Spezis in der Kripo wollen ihre originären Aufgaben erledigen, für die sie sich beworben haben und Berufszufriedenheit in ihrer IT-Rolle erlangen und auch Anerkennung. Ein Wechsel ist meist gar nicht gewünscht.
Da die Bewerberzahlen von IT-Spezialisten und IT-Spezialistinnen in den letzten Jahren drastisch nach unten gegangen sind, sollten wir über jeden Einzelnen froh sein. Sie nehmen den nicht weniger IT-versierten Polizeibeschäftigten viel Arbeit ab, automatisieren Prozesse und gehen neue Wege, an die Andere gar nicht zu denken wagen, weil ihnen die Vorstellungskraft und Umsetzungsfähigkeit fehlt.
Unsere Landespolizei muss ebenso flexibler werden und auch geeignete IT-Spezis als Tarifbeschäftigte einstellen, wenn diese z.B. die Voraussetzung als Beamter/Beamtin nicht erfüllen (z.B. Überschreitung des Höchstalters). Zu viele Stellen in der Landespolizei sind seit Jahren nicht besetzt und lassen den Berg an Arbeit anwachsen.
Es wird Zeit für mehr Flexibilität und Anerkennung sowie Weiterentwicklungsmöglichkeiten der § 16er !!!
Stephan Gäfke
Links:
https://www.landesrecht-mv.de/bsmv/document/jlr-PolLbVMV2011V1P16
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/jlr-PolLbVBW2021V1P18