Internationale Fachtagung: "Wenn das Flugzeug nicht ankommt..." gibt wichtige Impulse für die Netzwerkarbeit in der Zukunft
09.02.2017
In der Thomas-Morus-Akademie in Bensberg haben drei Tage lang 137 Fachleute aus Polizei, Verwaltung, der Notfallseelsorge, Vertreter von Fluggesellschaften und Flughäfen in Deutschland und den Niederlanden die Nachsorge nach den beiden Flugzeugabstürzen von MH
17 über der Ukraine und von 4U2925 in den französischen Alpen analysiert, Erkenntnisse gewonnen und Konzepte für die Zukunft erarbeitet. Eingeladen hatten der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), die Stiftung Notfallseelsorge der Evangelischen Kirche im Rheinland und verschiedenen Partnern aus den Niederlanden. "Erstmals wurden die Flugzeugabstürze aus der Sicht der Folgen und der Belastung der Opfer und Einsatzkräfte bewertet", sagte der Sprecher
Kriminalprävention und Opferschutz im Bundesvorstand des BDK, Hermann-Josef Borjans in Bensberg. "Es ist notwendig, dass Ermittler, Seelsorger, Psychologen, Betreuungsteams der Flughäfen und Wissenschaftler zusammengekommen sind, um Konzepte für die Zukunft zu finden."
Landespfarrer Dr. Uwe Rieske (Bonn) betonte den Wert von
bilateralen Konferenzen und Begegnungen: "In der Begleitung von Angehörigen und Hinterbliebenen nach Flugunglücken brauchen wir internationale Abstimmungen - in der im März 2015 in den französischen Alpen abgestürzten Maschine saßen Passagiere aus 17 Nationen; gemeinsame Standards und Verabredungen helfen, um betroffenen Angehörigen schnellstmöglich Informationen und Hilfen anbieten zu können."
Aus Sicht der niederländischen Vertreter sagte Andrea
Walraven-Thissen, dass man für die Zukunft besser aufgestellt sein muss. "Das Organisieren der vernetzten Arbeit wird immer wichtiger.
Aber noch bedeutsamer ist es, dass wir das vorbereiten, was wirklich hilft und bedeutend ist." Hilfreich sei die professionelle
Vorbereitung der verschiedenen Beteiligten auf ein solch großes Schadensereignis.
Andreas Würbel, zuständiger Referent der Thomas-Morus-Akademie, bekräftigte: "Es gilt, die blinden Flecken in der eigenen Arbeit zu erkennen und sich gemeinsam aufzustellen." Alle Professionen müssten zusammenwirken und gegenseitiges Vertrauen aufbringen, um eine optimale Betreuung für die Opfer und Einsatzkräfte zu ermöglichen.
In Bensberg waren Vertreter von fast allen deutschen Airlines und mehrerer Flughäfen zusammen gekommen, die insbesondere in der Akutphase der Betreuung nach Bekanntwerden eines Flugzeugabsturzes gefordert sind. Wichtig sind hier die organisatorischen Vorbereitungen und die Schulung von Flughafenmitarbeitern, die nicht zuletzt durch die unmittelbar nach einem Absturz einsetzende Berichterstattung in den Medien zum sofortigen Handeln gezwungen sind. "Es darf nicht sein, dass die Angehörigen aus sozialen Medien und von Sofortbildern aus dem Fernsehen zuerst informiert werden", so Borjans.
"Die Belastung der eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Akutbetreuung und Notfallseelsorge muss ebenfalls im Blick bleiben", erklärte Dr. Rieske von der Stiftung Notfallseelsorge. Für die Mitarbeiterin einer Airline war besonders belastend, dass es "einer von uns war", der die Katastrophe verursachte. Die Stiftung Mayday berichtete zu der erheblichen Einsatzbelastung für die Angehörigen von Fluggesellschaften nach dem Absturz in Frankreich und der Vorbereitung für die Begleitung nach Absturzszenarien für die Zukunft.
Der niederländische Polizeichef von Gelderland-Süd, Lute Nieuwerth, stellte die Arbeit der Beamten der "Familienkriminalpolizei" vor, die sich im Nachbarland in Verbindung mit der staatlichen Opferhilfe (Slachtofferhulp) für die betroffenen Menschen nach schweren Straftaten, Katastrophen und Unfällen einsetzt und diese begleitet. "Bereits jetzt ist in den Niederlanden eine wissenschaftliche Studie zur Analyse der Krisensysteme für beide Abstürze in Arbeit," so Walraven-Thissen.
Im Verlauf des Kongresses wurden auch die umfangreichen
Vorbereitungen und die Durchführung der Trauerfeier im Kölner Dom und die sorgfältige Vorbereitung der Opferüberführung in den Niederlanden analysiert und das Protokoll und die internationalen Herausforderungen dargestellt . "Was in den Niederlanden bei der öffentlichen Überführung der Opfer als Würdigung für die Hinterbliebenen zelebriert und akzeptiert wird, war für Deutschland mit dem gemeinsamen öffentlichen Transport für alle eine neue Herausforderung," merkte Borjans an.
Fazit der Veranstaltung ist, die nationale und grenzüber- schreitende Netzwerkarbeit weiter fortzuentwickeln, um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein. "Alle Professionen, egal ob Ermittlungs- oder Strafverfolgungsbehörden, Notfallseelsorge und andere Betreuungssysteme müssen die Aufgaben der anderen kennen", erklärte Borjans am Ende der Fachkonferenz. "Mit den Erkenntnissen aus Bensberg sind wir auf einem guten Weg angekommen."
Rückfragen bitte an:
- Hermann-Josef Borjans, Bund Deutscher Kriminalbeamter: +49-151-12701830
- Dr. Uwe Rieske, Landespfarrer für Notfallseelsorge: +49-228-422 85 44 / +49-151 - 425 20 250
- Andrea Walraven-Thissen +49-171-3517600
- Andreas Würbel, TMA: +49-2204-408472