Innenpolitischer Gesprächsreigen in Berlin
04.07.2012
In den letzten Tagen hatte der Vorsitzende des Verband Bundespolizei, Thomas Mischke Gelegenheit, mit einigen Innenpolitikern des Deutschen Bundestages Gespräche zu führen. Berichtet wurde bereits über ein Gespräch mit Wolfgang Wieland, B 90/Grüne.
Im Gespräch mit Wolfgang Bosbach, CDU, wurde durch den BDK zunächst der desolate Zustand der Bundespolizei, die nicht enden wollende Neuorganisation und der unerträgliche Umgang mit Präsident Seeger angesprochen. Auch die vom BDK festgestellte Kontur- und Ziellosigkeit der Organisation und die selbst für die Beschäftigten an der Basis festzustellenden internen Macht- und Flügelkämpfe seien sicher nicht geeignet, die BPOL nach Außen positiv darzustellen. Das, so Thomas Mischke weiter, sei umso unverständlicher als dass es eine Menge fachlicher Herausforderungen und interner Probleme gäbe, denen sich die Polizei des Bundes zu stellen hätte.
Auch die offensichtlichen Differenzen zwischen BMI und BPOLP seien nicht dazu geeignet, das Vertrauen der Beschäftigten in ihre Führung zu stärken, geschweige denn ein „WIR-Gefühl“ zu erzeugen. Infolge des demografischen Wandels, der wenig erbaulichen Schlagzeilen und der suboptimalen beruflichen Rahmenbedingungen sei es immer schwieriger, motivierte und qualifizierte junge Menschen für diesen Beruf zu rekrutieren, während sich der Krankenstand der „Alt-Beschäftigten“ signifikant erhöht hätte und eine Identifikation mit der Behörde zunehmend verloren ginge.
Im Gespräch mit Herrn Frank Hofmann, SPD wurde neben diesen Themen auch über jetzige und zukünftige Aufgabenschwerpunkte der BPOL gesprochen. Herr Hofmann fragte, ob es nach Ansicht des BDK vorstellbar oder sinnvoll sein könne, die BPOL auf die Bundesländer zu verteilen um die Personalnöte in den Ländern zu kompensieren. Diese Überlegungen seien ja nicht neu, erwiderte der Vorsitzende und wurden ja bereits im Rahmen der Werthebachkommission diskutiert. Nach Ansicht des BDK greife dieser Ansatz jedoch fehl. Die BPOL sei in bestimmten Bereichen, wie z.B. bei der Bekämpfung der Schleusungskriminalität oder der Erkennung von ge- und verfälschten Dokumenten, besonders qualifiziert und sei im übrigen die letzte Personalreserve der Polizei in Deutschland. Wenn dieses Personal auf die Länder verteilt würde, dauerte es nur wenige Jahre bis dieser Personalüberhang der Länder wegen fortgesetzter Spardiktate ebenfalls abgeschmolzen sei und dass dann eben keine Reserve mehr übrig ist und es dann z.B. bei den unzähligen Einsatzlagen keine Bundesbereit-schaftspolizei mehr gäbe.
Im Gespräch mit Frau Gisela Piltz, FDP, ging es neben den bereits erwähnten Themen um ein gegenwärtig sehr virulentes Kriminalitätsphänomen. Schon seit Öffnung der Ostgrenzen beschleicht nicht nur den BDK der Verdacht, dass dies nicht nur positive Auswirkungen haben könnte, sondern auch von Kriminellen genutzt wird. Dieser Verdacht ist nunmehr Gewissheit geworden und schlägt sich dramatisch in den Statistiken nieder. Zynisch sprechen manche schon von einem „kompensationslosen Eigentumstransfer in Richtung Osten“. Die Schadens-summen steigen signifikant, während die örtlich zuständigen Landespolizeien zu Tode gespart wurden und die BPOL sich vor Ort auf die Einreise und die Bekämpfung der illegalen Migration konzentriert. Hier ist nach Meinung des BDK dringend eine konzertierte Aktion zwischen den betroffenen Ländern, der BPOL, dem Zoll und den europäischen Nachbarstaaten auf der anderen Seite der Grenze erforderlich.
Allen Politikern wurde daher eine Initiative des BDK angekündigt, die aus einer Konzeption gegen die internationale Kfz-Verschiebung besteht und eine Reihe von Vorschlägen beinhaltet, diesem Phänomen, welches sich im übrigen längst nicht mehr nur auf die Verschiebung von Kfz beschränkt, zu begegnen. Diese Konzeption liegt im Entwurf bereits vor und wird in den nächsten Tagen in geeigneter Weise transportiert.
Abgerundet wurden die Gespräche in historischer und sehr angenehmer Atmosphäre im Reichstag. Frau Kirsten Lühmann, SPD, übernahm die Rolle der „Gastgeberin“. Sie zeigte sich sehr daran interessiert, aus erster Hand etwas zur Situation in Afghanistan zu hören. Fragen nach der Sicherheitslage, dem Sachstand der Ausbildung der afghanischen Polizeirekruten, der Stimmung im Deutschen Polizeikontingent und zum Truppenabzug der Bundeswehr 2014 und den daraus für das German Police Project Team resultierenden Folgen bildeten den Themenschwerpunkt. Nach Auffassung von Thomas Mischke sei es wenig sinnvoll das Land im Jahre 2014 zu verlassen und die Afghanen wieder sich selbst zu überlassen.
Selbst wenn das Gros der Bundeswehr tatsächlich im Jahre 2014 dort abziehen solle, sei ein Rest internationaler militärischer Präsenz insbesondere im größten Standort des GPPT in Mazar – e – Sharif mit hoher Wahrscheinlichkeit gewährleistet, so dass ein Fortbestehen des direkt daneben befindlichen Regional Trainings Center, welches aus deutschen Steuermitteln bezahlt und knapp 20 Mio Euro gekostet hat, möglich und sinnvoll wäre.
Die Afghanen bräuchten auch weiterhin die Unterstützung der Deutschen Polizei, die dort nach Einschätzung nicht nur des BDK einen sehr guten Job als Berater, Mentor oder Trainer machte. Es würde allerdings noch viele Jahre dauern, bis die afghanische Polizei, die nach wie vor überwiegend in tradierten Denkmustern verhaftet ist, dort eigenverantwortlich die Stabilität des fragilen Staates garantieren könne.
Ein polizeilicher Verbleib im Land sei schon aus deutschem Eigeninteresse notwendig und sinnvoll. Die Produktion von Rauschgift laufe mittlerweile wieder auf Höchsttouren, exportfähige Waffen seien dort in Massen vorhanden und auch ein Nachlassen der Migrationsströme aus Afghanistan sei kurzfristig nicht zu erwarten. Daher sei es stark in deutschem Interesse, die afghanischen Behörden bei der Implementierung einer effektiven, rechtstaatlichen und gut ausgebildeten Polizei zu unterstützen.