Innenpolitischer Austausch im geschäftsführenden Landesvorstand

19.06.2023

Das zweite Präsenztreffen des geschäftsführenden Landesvorstands in diesem Jahr war geprägt vom innenpolitischen Austausch zu unseren Themen und Positionen. Hierzu begrüßten wir den innenpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg, Björn Lakenmacher.
Innenpolitischer Austausch im geschäftsführenden Landesvorstand
Innenpolitischer Austausch im geschäftsführenden Vorstand © Alexander Kuchling

Im Schnitt alle sechs Wochen trifft sich der geschäftsführende Landesvorstand seit Beginn der aktuellen Wahlperiode. Als Ankerpunkte dienen uns die vier Mal im Jahr stattfindenden Präsenztreffen, die abwechselnd in den vier Polizeidirektionen stattfinden. Dazwischen finden immer wieder auch Onlinetreffen statt. Im Flächenland Brandenburg, in dem sonst auch schnell einmal vier Stunden Fahrzeit auf den Autobahnen des Landes auflaufen um an einer Sitzung teilzunehmen, hat sich diese hybride Art der Sitzungsplanung für uns als ideal erwiesen.

Zur Präsenzsitzung des ersten Quartals 2023 fanden wir uns in der PD West ein. Auf Einladung unseres Partners Debeka trafen wir uns dafür in den Räumen der Potsdamer Geschäftsstelle. Hier standen vor allem organisatorische Fragen auf dem Plan: Wie läuft es mit der Eintragung ins Vereinsregister? Welche Arbeitsraten wollen wir uns für das Jahr 2023 vornehmen? Wie sieht die längerfristige Planung aus? Wer übernimmt Verantwortung für die redaktionelle Arbeit des Landesverbandes? Wie wollen wir uns inhaltlich positionieren und eigene Themen für die Landtagswahl einbringen?

Für die Präsenzsitzung des aktuellen Quartals hatten wir uns als Tagungsort die PD Süd ausgewählt. Anfang Juni trafen wir uns schließlich am Standort der Fachhochschule für Finanzen in Königs-Wusterhausen. Während für den frühen Vormittag und für den Nachmittag allgemeine Arbeitsroutinen wie das Abarbeiten der letzten Protokolle und organisatorische Fragen auf der Tagesordnung standen, erfolgten am späten Vormittag die letzten Vorbereitungen für unser anstehendes Fachgespräch mit dem innenpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion.

Dass hier inhaltlich ein straffer zeitlicher Rahmen abzuarbeiten ist, trifft uns Brandenburger nicht unvorbereitet. Das Jahr 2024 wird ein Superwahljahr, in dem auch die Landtagswahl sämtliche politischen Diskussionen dominieren wird. Der Wahlkampf wurde zwar noch nicht offiziell eröffnet, inoffiziell klopft er aber bereits sehr gut wahrnehmbar an die Türen. In Kürze werden sich in den Parteien die Programmkommissionen zur Erstellung der Wahlprogramme sondieren - und wir wollen thematisch mitmischen.

Zeitlich liegen wir dafür bisher gut im Plan: Bereits im Dezember 2022 hat unser Landesvorstand umfangreiche Positionen verabschiedet, mit denen wir in die Gespräche mit den Parteien einsteigen konnten. Hinzu kommen zahlreiche Forderungen unserer Bezirksverbände. In Anbetracht der nun anstehenden Wahlkampfmonate möchten wir daher wissen:

  • Wer will die Polizei nicht nur verwalten, sondern sie tatsächlich auch gestalten?
  • Und welche Parteien haben verstanden, dass es unterschiedliche Bereiche und dementsprechend völlig unterschiedliche Kompetenzprofile innerhalb der Polizei gibt, für die gezielt die besten Köpfe geworben und ausgebildet werden müssen?

Für den Austausch und die Diskussion dieser und weiterer Fragen konnten wir Björn Lakenmacher gewinnen.

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Björn Lakenmacher, MdL © CDU-Fraktion des Landtages Brandenburg

Zur Person

Björn Lakenmacher, MdL, ist studierter Kriminalpolizist. Er war von 2000-2010 beim Land Berlin sowie beim Bundeskriminalamt in unterschiedlichen Bereichen der Kriminalpolizei im Einsatz, u.a. mehrere Jahre im Staatsschutz und beim KDD. In seiner Zeit beim BKA vertrat er den BDK im Personalrat. Nach der Ernennung von Johanna Wanka zur niedersächsischen Ministerin für Wissenschaft und Kultur zog er für sie im April 2010 in den Brandenburgischen Landtag ein. Seit zwei Legislaturperioden ist er der innenpolitische Sprecher seiner Fraktion, sowie ihr stellvertretender Fraktionsvorsitzender.

Bereits während der Vorstellungsrunde kamen die Anwesenden ins Fachsimpeln. Schnell war klar: hier sitzen wir einem erfahrenen Kollegen gegenüber. Neben den spannenden Seiten, die uns im Alltag im Berufsbild Kriminalpolizei begegnen, werden jedoch immer wieder kleinere und größere Probleme deutlich. Im lebhaften Austausch stiegen wir somit in die moderierte Diskussionsrunde ein. Auszugsweise möchten wir im Folgenden auf einige der diskutierten Punkte eingehen.

Die Rahmenbedingungen für die Arbeit in der Kriminalpolizei müssen endlich verbessert werden  

So zählt eine Verwendung in der Kriminalpolizei des Landes Brandenburg weiterhin zu den unattraktivsten in der gesamten Polizei. Hier gilt es, neue Arbeitsmodelle zuzulassen und die Rahmenbedingungen, beispielsweise durch das Ermöglichen von Home-Office-Regelungen, zu verbessern. Zudem sind Bereiche, in denen psychisch besonders herausfordernde und mitunter stark belastendende Ermittlungen geführt werden, auch besonders zu honorieren. 

Innerhalb der Kriminalpolizei müssen Stellen, in denen keine Schichtzulage gewährt wird, attraktiver gestaltet werden. Großraumbüros sind für die Arbeit der Kriminalpolizei ein absolutes KO-Kriterium und weit davon entfernt, als adäquater Arbeitsplatz bezeichnet zu werden. Und auch wenn sich die Tätigkeit in der Kriminalpolizei größtenteils hervorragend für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eignet, kann dies nicht das einzige ausschlaggebende Argument sein, neue Kolleginnen und Kollegen für einen Wechsel zur Kriminalpolizei zu motivieren, hier müssen zwingend die fachlichen Argumente überwiegen. 

Qualitätsoffensive für das Studium zu Kriminalkommissarinnen und Kriminalkommissaren 

In diesem Zusammenhang sprachen wir erneut über unsere Forderung zur Einführung der zweigeteilten Laufbahn nach dem Berliner Modell, die Zulassung zum Studium ohne Abitur sowie den gestiegenen Bedarf an sprachlich gut ausgebildeten Ermittlerinnen und Ermittlern. Kriminelle sind in der Regel international hervorragend vernetzt und mehrsprachig. Sie kommunizieren mündlich und schriftlich, digital und analog in mehreren Sprachen, wobei Englisch als international anerkannte Lingua Franca sehr häufig auch das Kommunikationsmittel der Wahl zwischen Nicht-Muttersprachlern darstellt. Die Hochschule der Polizei ist auf diesen Bedarf nicht eingestellt. Zwar wird im größeren Umfang während des Bachelorstudiums und im Ausbildungsgang Englischunterricht erteilt, dies jedoch aufgrund der geltenden Studien- und Prüfungs- bzw. Ausbildungsordnung weit unterhalb der geltenden Standards der Kultusministerkonferenz. Dass unsere Kolleginnen und Kollegen über die gesamte berufliche Karriere hinweg keine Chance haben, ihre bereits vorhandenen Sprachkenntnisse kontinuierlich und systematisch weiter zu perfektionieren und zu festigen, kritisieren wir scharf. Zudem fehlt ein grundlegendes und auf Dauer angelegtes Konzept zur Vermittlung weiterer Fremdsprachen in Studium und Weiterbildung.

Eingliederung des Ausbildungsganges in regionale Oberstufenzentren mit Erwerb der Fachhochschulreife 

Im Bereich des Mittleren Dienstes fehlt die Möglichkeit, ausbildungsbegleitend die Fachhochschulreife zu erwerben. Wer also mit Mittlerer Reife in Brandenburg in die zweieinhalbjährige Ausbildung startet, landet sprichwörtlich für den Rest seiner Dienstzeit in einer beruflichen Sackgasse, weil immer der nächst höhere, formelle Schulabschluss fehlt. Der aus der Not heraus geborene, sechsmonatige Aufstiegslehrgang schließt nicht mit einem formellen Schulabschluss ab. Dieser Zustand ist untragbar und muss dringend aufgelöst werden. In den übrigen Bundesländern, in denen am Mittleren Dienst festgehalten wird, erfolgt der Unterricht in Ausbildungszentren. Eine solche Reform dürfte die Kapazitäten der HPol aber bei Weitem überschreiten. Auf der anderen Seite gibt es bereits entsprechende Bildungsmöglichkeiten im Bereich der Oberstufenzentren. Wir empfehlen deshalb, die schulische Ausbildung aus der Hochschule der Polizei heraus zu lösen und in eine "Fachoberschule Polizei" zu überführen, die in mehreren regionalen Oberstufenzentren integriert wird. Entsprechende Programme laufen bereits in anderen Bundesländern (z. B. Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen) und können als Orientierungshilfen dienen. 

Umfangreiche Befugnisse zur Bekämpfung der Kriminalität im digitalen Raum   

In der Diskussion um kriminalpolitische Strategien sprachen wir vor allem über die zunehmende Verlagerung der Kriminalität hinein in den digitalen Raum. Bereits seit einigen Jahren fordern wir umfangreiche Befugnisse beispielsweise zur Durchführung von Online-Durchsuchungen oder beim Zugriff auf Daten von Messenger-Diensten zur Abwehr terroristischer Angriffe und zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität.

Ebenfalls einig waren wir uns mit Herrn Lakenmacher in dem Punkt, dass die Anhebung von Personalstellen allein nicht ausreicht, um die Arbeit der Polizei zu verbessern. Hier sind umfassende strukturelle Anpassungen notwendig. Die Strukturreform muss als gescheitert betrachtet werden. 

Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit schaffte es dann noch das Thema Clankriminalität in die Diskussion. Hier sehen wir die konkrete Gefahr, dass sich die Fehler, die anderen Bundesländern in den vergangenen Jahrzehnten unterlaufen sind, auch in Brandenburg wiederholen werden. Angst vor einer Stigmatisierung vulnerabler Gruppen oder das fehlende politische Interesse an der Beleuchtung des Dunkelfeldes sind aus unserer Sicht ganz klar die falschen Berater. Wir möchten, dass das Thema unter Wahrung der erforderlichen Sensibilität auf die politische Agenda kommt.

Fazit und Ausblick 

Immer wieder verwies Herr Lakenmacher während des Gesprächs auf die Arbeit seiner Fraktion und auf eingebrachte Gesetzesinitiativen des Innenministeriums. Hier mussten aus Sicht seiner Fraktion Abstriche gegenüber den Koalitionspartnern gemacht werden. Andere Punkte waren aber auch für ihn neu. So regte Herr Lakenmacher an, das Thema Clankriminalität weiter zu vertiefen und mögliche Definitions- und Handlungsspielräume gemeinsam abzustecken.

Bezugnehmend auf die angesprochenen bildungspolitischen Problemfelder innerhalb der Polizei schlug Herr Lakenmacher eine weitere Austauschrunde vor, zu der auch der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion eingeladen werden soll.

Mit einigen Hausaufgaben im Gepäck rief dann nach mehr als zwei Stunden intensiver Diskussion der nächste Termin. Wir bedanken uns sehr herzlich bei Herrn Lakenmacher für den Besuch sowie für die Gelegenheit, im geschützten Rahmen so offen miteinander in den Austausch zu treten. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit.