Höchstrichterlich entschieden: Kostendämpfungspauschale in der Beihilfe ist in der jetzigen Form unwirksam
05.04.2024
Das derzeitige Beihilfesystem sieht eine nach Besoldungsgruppen gestaffelte „Kostendämpfungspauschale“ vor. Der Betrag wurde jährlich einmalig bei Beihilfeanträgen und deren Abrechnungen automatisiert durch die Abrechnungsstelle LBV BW in Abzug gebracht.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat im März 2024 entschieden, dass diese Regelung „nicht die Anforderungen des verfassungsrechtlichen Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes“ wahrt und deshalb unwirksam ist.
Die derzeitigen gesetzlichen Regelungen (§ 78 LBG BW) bzw. Regelungen in Form der Beihilfeverordnung (BVO BW) reichen jedenfalls nicht aus, um „Beihilfekürzungen in Form von Selbst- bzw. Eigenbeteiligungen“ vorzunehmen. Vielmehr muss der Gesetzgeber, also das Parlament direkt entscheiden – oder den konkreten Rahmen festlegen für den Erlass einer Verordnungsregelung, hier der BVO BW.
Bislang liegt nur die Pressemitteilung zum Urteil vor. Das LBV BW hat bereits reagiert und schreibt auf seiner Seite: „Die schriftliche Urteilsbegründung liegt dem Land noch nicht vor. Sobald sie vorliegt, wird das Ministerium für Finanzen die Urteilsbegründung auswerten und die Auswirkungen über den Einzelfall hinaus für alle beihilfeberechtigten Personen des Landes bewerten.“
Und weiter: „Dabei steht im Vordergrund, wie eine rechtssichere Regelung ausgestaltet werden kann. Es wird also noch etwas Zeit brauchen, bis mögliche Widersprüche bearbeitet werden können. Denn dafür muss die Urteilsbegründung vorliegen.“
Der BDK BW geht davon aus, dass die Regierung zeitnah die gesetzlichen Regelungen anpassen wird und damit zukünftig rechtssicher Selbst- und Eigenbeteiligungen geregelt werden – es ist nicht zu erwarten, dass die Regierung auf dieses Einsparpotential verzichten wird.
Da aber die bisherigen Regelungen unwirksam sind – so das Bundesverwaltungsgericht eindeutig – müsste nach unserer ersten Bewertung nicht nur eine Lösung für all diejenigen gefunden werden, die Widersprüche eingelegt haben, sondern für den gesamten Personenkreis der Beihilfeberechtigten (Nichtvollzugsbeamtinnen und -beamte, Familienberechtigte und Ruheständler).
Das Urteil ist unserer Ansicht nach vergleichbar mit der damaligen Unzulässigkeit der Absenkung der Eingangsbesoldung – und hier wurden am Ende Rückzahlungen an den gesamten Personenkreis getätigt.
Beamtinnen und Beamte müssen Widersprüche gegen Besoldung und Versorgung jeweils im laufenden Haushaltsjahr vorbringen. Zudem sind Beihilfebescheide regelmäßig mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, die die Widerspruchsfrist von einem Jahr auf einen Monat verkürzen. Damit tritt grundsätzlich Rechtskraft ein.
Wir raten zumindest für 2024 dennoch: Wer im laufenden Jahr einen Beihilfebescheid erhalten hat, bei dem die Kostendämpfungspauschale abgezogen wurde, sollte vorsorglich mit Hinweis auf die jetzige Gerichtsentscheidung Widerspruch einlegen. Wir gehen davon aus, dass bei zukünftigen Beihilfebescheiden im Jahr 2024 bis zur Neuregelung kein Abzug erfolgen wird – falls doch, auch hier die Empfehlung vorsorglich Widerspruch einzulegen.
Sollten länger zurückliegende Beihilfebescheide noch keine Rechtskraft erlangt haben, gilt auch hier: Widerspruch einlegen!
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