Hallo und Guten Abend aus Afghanistan,
17.05.2013
Aber, es gibt auch gute Dinge zu berichten. Die Afghanen werden immer besser. Zumindest die, mit denen wir es hier zu tun haben und selbstverständlich gilt das nicht für das ganze Land und zweifellos nicht einmal für die gesamte afghanische Polizei. Jedenfalls, unser kleiner Elfenbeinturm hier in Mazar entwickelt sich, auch die Organisationsabläufe im Innenministerium gehen voran, wobei ich nicht verschweigen will, dass immer noch allerhand korruptive Dinge die eine oder andere Entscheidung beeinflussen. Aber ich denke, dass dies niemanden überraschen wird.
Ist schon erstaunlich, wie gut der Ausbildungsbetrieb hier bei uns klappt. Die Organisation, die Unterrichte, die Problemlösungsprozesse.
Chapeau, sage ich nur. Kritiker werden jetzt anmerken, dass es nur deswegen klappt weil die ganze Kohle, die jetzt in den Staatshaushalt und damit in die Polizei fließt fast ausschließlich von internationaler Seite kommt und dass die Afghanen ohne diese Kohle unverzüglich wieder in das Chaos stürzen würden. Das stimmt, aber die Kohle fließt nun einmal und wird noch eine Weile weiterfließen.
Leider hat diese erfreuliche Entwicklung einige Schattenseiten und die Gegenseite schläft nicht. Kein Tag vergeht, ohne dass afghanische Polizisten, Soldaten und sonstige Angehörige von Sicherheitskräften, entführt, enthauptet, erschossen oder in die Luft gesprengt werden.
Gerade jetzt hat die Frühjahrsoffensive der "Insurgents" Kaum einer der Instruktoren mit denen wir zusammenarbeiten, der nicht irgendeine mehr oder weniger sichtbare Kriegsverletzung davon getragen hat. Ist wirklich krass hier. Aber trotzdem haben sie meistens gute Laune.
Gestern war mal wieder Graduierung, also eine Ausbildung,
geht in diesem Fall nach 16 Wochen zu Ende (haben erst einen Basislehrgang gemacht (8 Wochen) und anschließend noch mal 8 Wochen Unteroffizierslehrgang.
Die jungen Männer wurden also gestern zu Unteroffizieren graduiert. (wenigstens das klappt hier einwandfrei - Blitzkarrieren würde man das bei uns nennen) . Das Ganze immer sehr feierlich mit Reden, Nationalhymnen und die Besten aus den Klassen erhalten "Letters of Appreciation" (Anerkennungsschreiben).
Gestern war es krass. 400 Menschen in einem relativ kleinen Raum bei gefühlten 70 Grad und einer Menge Geruch. Ein Fest für die Sinne!
Wie geht es weiter hier? Spannende Frage. Nach dem Abzug der Internationalen Truppen (so sie denn alle abziehen) wird das Lager hier in MeS vermutlich weiter betrieben. Die Bundeswehr spricht von 600 - 800 Soldaten die sie im Rahmen einer Nachfolgemission (Unterstützung/Beratung der afghanischen Sicherheitsbehörden) an vermutlich zwei Standorten (Kabul/MeS) längerfristig im Land behalten wird. Wenn das so sein wird, wird auch die dt. Polizei an diesen beiden Standorten bleiben, allerdings mit Sicherheit mit vermindertem Personalansatz. Es gibt einige Gerüchte über diese Zahlen, aber solange sie nicht konkret sind, ist es müssig zu spekulieren. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass auch in den kommenden Jahren dt. Polizisten hier weiter in unserem Regional Police Training Center Dienst versehen werden.
Aber jetzt mal was anderes. Der deutsche Polizist an sich ist projekt- und hilfsorientiert und so haben wir ein Kinderhilfsprojekt für die Stadt Mazar gestartet. Ich habe dazu einen Artikel auf unserer BPOL-Website geschrieben und würde mich freuen, wenn der eine oder andere Landesverband den übernehmen würde und die gute Sache damit unterstützt.
Herzliche Grüße aus der Wüste - und wir sehen uns im Herbst auf dem BDT
Euer Thomas