Von der Zerschlagung der Gewerkschaften zu deren Gleichschaltung vor 80 Jahren - Mahnung bis heute oder „nur“ Geschichte?

12.05.2013

Am 2. Mai 1933 zerschlugen die Nazis die bis dahin freien Gewerkschaften. Gewerkschafter mussten sich entscheiden, ob sie Mitläufer, Mittäter oder ob sie mutige Oppositionelle werden.
Von der Zerschlagung der Gewerkschaften zu deren Gleichschaltung vor 80 Jahren - Mahnung bis heute oder „nur“ Geschichte?
Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Unter dem Hakenkreuz führte der Irrweg in die vom sog. „Führerprinzip“ geprägte Deutsche Arbeitsfront (DAF). Nach Kriegsende wurde in der damaligen sowjetischen Besatzungszone (SBZ) der sog. „Freie“ Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) zentralistisch organisiert. Beide Verbände waren in der jeweiligen Ausprägung hierarchische Bestandteile und Instrumente der Machtgefüge, denen sie angehörten.

Die Diskussion über Einheits- und Richtungsgewerkschaften hält bis heute an, wobei die konfessionellen Zugehörigkeiten heute eine untergeordnete Rolle zu spielen scheinen – im Gegensatz zu gewissen politischen Orientierungen, denen sich offenbar nicht jeder entziehen will oder kann.

Einigkeit macht stark! Ist aber „Einigkeit“ unbedingt gleichbedeutend mit „Masse“? Lassen sich in einer komplexeren Welt die vielfältigen Berufsbilder mit ihren spezifischen Facetten noch in einer „geschlossenen Front“ zusammenfassen, um dem „Kapital auf Augenhöhe entgegen zu treten“? Oder ist es zielführender, wenn sich spezielle berufliche Identitäten aufgabenbezogen organisieren und möglichst auch Minderheiten durch Einigkeit stark machen? Gewerkschaften, die eigentlich dem Schutz der Arbeitnehmer dienen sollen, dürfen nicht zum Unsicherheitsfaktor werden, wenn Beschäftigte wiederum ggf. berufliche Nachteile befürchten, weil sie ihnen nicht beitreten.

Die Frage, ob ein Arbeitnehmer einer Berufsorganisation beitritt und wenn ja, welcher, ist eine freie Entscheidung, die jeder für sich treffen kann. Koalitionsfreiheit hat Verfassungsrang und das ist gut so. Dieses Grundrecht hat von allen geachtet zu werden, nicht nur von den Arbeitgebern, auch von den Gewerkschaften.

Gewerkschaftspluralismus ist eine logische Folge
des politischen Lebens in einer Demokratie.

Er ermöglicht sowohl die Option, gewerkschaftliche Gemeinsamkeiten zu betonen und „einheitlich“ zu vertreten sowie spezifisch-berufliche Bedürfnisse gezielt zu erkämpfen.

Dies bedeutet auch, dass sich Gewerkschaften (wie politische Parteien) in der Sache auseinander setzen können. Für Arroganz, unlautere Methoden, Versuche, Andersdenkende mundtot zu machen, ist kein Platz. Nach unseren Gesetzen darf niemand wegen Betätigung für eine Gewerkschaft oder einen Berufsverband dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt werden. Diese Maßgabe gilt für alle.

Eine Veröffentlichung charakterisiert die Zerschlagung der Gewerkschaften 1933 als „Zerstörte Vielfalt“ (zerschlagung-gewerkschaften1933.de) Besser kann man es nicht ausdrücken. Bewahren wir diese Vielfalt. Lasst uns bei Versuchen, sie erneut zu unterdrücken, nicht mitlaufen oder gar mitmachen, sondern Widerstand leisten. Es ist unser Recht. Damals haben einige ihren Widerstand mit dem Leben bezahlt. Soviel Mut brauchen wir heute nicht: Zivilcourage reicht.