Gedanken zur Vereidigung der Bachelor-Jahrgänge 23/23 und 24/24
27.06.2024
Es war wieder eine tolle Veranstaltung in der Swiss Life Hall. Ich nehme sehr gerne an solchen Veranstaltungen teil, weil ich damit den jungen Menschen, die den Schritt in den nicht immer einfachen Polizeiberuf wählen, meinen Respekt zollen möchte. Es ist für mich eine Ehre, diese Menschen am Beginn ihres Berufslebens begleiten zu dürfen. Ein tolles Gefühl, in so viele lächelnde Gesichter zu sehen und auch in die der stolzen Angehörigen auf der Tribüne.
Unsere Innenministerin fand wie immer passende und würdevolle Worte für unsere neuen Kollegen und Kolleginnen, wies aber auch auf die Bedrohungen hin, denen wir gegenüberstehen und denen genau diese jungen Menschen in den Praktika während des Studiums und dann auf ihren Dienststellen ins Auge sehen müssen.
Ist die große Polizeifamilie nicht irgendwie immer öfter der „Prügelknabe“, der seinen Kopf für unsere Gesellschaft hinhalten muss? Nicht immer mit der erforderlichen Unterstützung unserer Politikerinnen und Politiker? Jetzt fragen sich unsere Leserinnen und Leser, was ich damit meine. Ich könnte jetzt eine nicht enden wollende Aufzählung anschließen, aber erfahrungsgemäß lässt das Interesse spätestens beim Umblättern nach, einen solchen Artikel zu lesen.
Natürlich möchte ich es nicht versäumen, auf den gerade in Niedersachsen vorgelegten Haushaltsentwurf hinzuweisen. Was haben uns die gewählten Politikerinnen und Politiker auf öffentlichen Veranstaltungen, aber auch bei vielen Besuchen auf unseren Dienststellen versprochen? Natürlich gibt es in unserem Land noch viele andere Bereiche, die Geld aus dem großen Topf abhaben möchten.
Aber dürfen wir einzelne Bereiche gegeneinander aufwiegen und vergleichen? Nein, sicher nicht! Aber ist die Höhe der für Polizei und Justiz zur Verfügung gestellten Mittel ausreichend? Man kann die negativen Stimmen der Kolleginnen und Kollegen in diesen beiden Bereichen verstehen.
Und damit sind wir schon beim nächsten Thema. Nein, keine Angst es wird bestimmt keine endlose Aufzählung werden. Aber mir fallen beim Schreiben des Artikels viele weitere Dinge ein, die derzeit in der öffentlichen Diskussion sind.
War da nicht etwas mit Messerattacken und Waffenverbotszonen? Hat nicht vor kurzem ein junger engagierter Kollege beim Einsatz für uns alle sein Leben verloren? Haben wir nicht genügend Gesetze, die nur konsequent umgesetzt werden müssen? Ich habe eben schon die Justiz angesprochen, auch dort fehlen in allen Bereichen Mitarbeitende.
Nächste Frage zu dem Thema, wer soll denn die ganzen geplanten Waffenverbotszonen kontrollieren? Alle wissen die Antwort: neben kleinen privaten Wachdiensten die große Familie der Polizei. Aber hat diese Familie der Polizei genügend Angehörige? Bringt die derzeitige Form des Recruitings genügend Zuwachs?
Aber ich bin mit meinen Gedanken noch bei der Vereidigung von heute Mittag. Schaut man sich die Zahl der beiden Jahrgänge an, sieht man, dass es eigentlich ein paar mehr sein sollten. Betrachtet man, dass während der drei Jahre Studium mehr als 10% das Studienziel nicht erreichen, kommt man auf den Gedanken, dass diese Familie noch viele Mitglieder braucht um das leisten zu können, was von ihr erwartet wird.
Familien können nicht alles alleine leisten, sie brauchen Hilfe und Unterstützung. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter appelliert an die Politik, der Familie der Polizei die versprochene Unterstützung nachhaltig zu gewähren. Das kostet sicher Geld, aber es ist gut investiert und erforderlich.
Ich weiß, jetzt bin ich doch schon auf der zweiten Seite angelangt und die Augen werden müde. Aber einen Teil meiner Gedanken möchte ich gerne mit anderen teilen und sie damit auch zum Nachdenken auffordern.
Danke an die Polizeiakademie für die Ausrichtung der wieder tollen Veranstaltung, danke an das Polizeiorchester und dessen Solisten für die musikalische Untermalung.
Danke der Ministerin, dem Direktor der Polizeiakademie und den beiden Studierenden, Nadja Bammann und Kilian Kofoth, die die Eindrücke der ersten Monate im Studium anschaulich und sehr eindrucksvoll dargestellt haben. Sie haben diese Veranstaltung wieder zu dem gemacht, was sie ausmacht und weswegen wir alle immer wieder gerne dorthin gehen.
Nicht zuletzt macht den Charakter einer solchen Veranstaltung auch der Kontakt zu den jungen Kolleginnen und Kollegen und deren Angehörigen aus, die mit viel Freude aber auch vielen Erwartungen im Foyer der Halle gerne das ein oder andere Wort wechseln.
Diesmal bin ich wieder einmal etwas „näher dran“ an der großen Familie, der Sohn einer lieben Kollegin aus meinem Dezernat war mit seinen Angehörigen heute auch dabei. Da kommen weitere wertvolle Eindrücke dazu. Und trotz der Widrigkeiten, die ich in diesem Text angerissen habe, bin ich weiter davon überzeugt, dass diese jungen Menschen den richtigen Beruf gefunden haben. Vielleicht ist es für viele auch mehr, eine Berufung. Das wünsche ich mir.
So, genug gelesen. Und nun auf zum Feiern, ihr habt es euch verdient!
Der BDK gratuliert allen Studierenden und wünscht ihnen für das weitere Studium alles Gute!
Stefan Franz
Stellv. Landesvorsitzender