Führen oder managen - das Kreuz mit den Zielvereinbarungen
15.06.2017
Nun beschäftigt sich der BDK-Landesverband spätestens seit dem Jahre 2004 unmittelbar mit den auch in unsere Landespolizei „eingeschleppten“ so genannten Neuen Steuerungsmodellen und damit auch mit dem Instrument der Zielvereinbarungen, nachdem das damalige Regierungskabinett um die Jahrtausendwende die Einführung beschloss. Wir erinnern uns auch gut an die Argumente und Gegenargumente der Nutzung von Zielvereinbarungen. Die Skepsis unter den Beschäftigten war riesengroß. Die Zielvereinbarungen wurden als Zielvorgaben erkannt, die nicht den Charakter einer Vereinbarung erfüllen und nur der Abrechnung fraglicher Ziele für die Vorgesetzten dienen. Die Verantwortlichen hielten damals entgegen, dass die Argumente zwar vorgebracht werden, aber widerlegt werden konnten, wie eine im Intranet veröffentlichte Präsentation damals nach unserer Meinung selbstherrlich behauptete. Der BDK klagte gegen die Verwendung von Zielvereinbarungen, musste sich aber der Rechtsauffassung beugen, dass eine Berufsvertretung weder verwaltungs- noch strafrechtlich klagebefugt ist. Unsere Argumente sind bis heute unwiderlegt geblieben.
Nach mehr als zehn Jahren wird jetzt zumindest anerkannt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese Vereinbarungen als Zielvorgaben sehen und die Motivation entsprechend gesunken ist. Außerdem sollen keine konkreten Zahlen mehr als Ziele vorgegeben werden, da dies „Druck erzeuge“ und bei Erreichen des Zieles zur Untätigkeit führen kann. Wir erlauben uns an dieser Stelle zum x-ten Male darauf zu verweisen, dass konkrete Zahlenvorgaben bei Straftaten selbst strafbar sein können!
Nun ist es sicher legitim, sich bei der eigenen Arbeit Ziele zu setzen, um sich zu motivieren und Ergebnisse der Tätigkeit zu genießen. Das hat jedoch nicht nur nach unserer Auffassung nichts mit den Zielvereinbarungen zu tun, die sich heute – völlig zu Unrecht – durch alle möglichen Organisationen, Unternehmen und Verwaltungen ziehen.
Denn was sind diese zutiefst überbewerteten Zielvereinbarungen? Erfunden von Peter Drucker bereits im Jahre 1955 als ein Instrument des ergebnisorientierten Managements in einem Unternehmen, auch bekannt unter der Bezeichnung "management by objectives", also Führung durch Zielvereinbarungen. Dabei sind die Zahlen, also Umsatz und Gewinn, der Mittelpunkt allen Handelns. Wie die Zahlen oder Vorgaben erfüllt werden, ist unerheblich, zumindest für den „Führenden“. Darunter leidet zwangsläufig das Betriebsklima. Es darf nicht vergessen werden, dass die Zielvereinbarungen mehr als 70 Jahre alt sind und damit aus einer Zeit stammen, in der Ja-Sager die einzig akzeptierten Beschäftigten waren und selbst der bzw. die Erfinder später zugaben, dass Zielvereinbarungen keine Offenbarung darstellen. Sie wurden lediglich erfunden oder geschaffen, um Vorgesetzten oder Chefs das Führen zu erleichtern, weil sie zwar managen nicht aber führen können.
Man könnte die Ausführungen hier schon beenden. Zielvorgaben galten und gelten als Instrument betriebswirtschaftlichen Managements, die damit in einer Polizei nichts zu suchen haben. Die „Zahlen“ in der Polizei werden objektiv bestimmt von gesetzlichen Vorgaben, deren Missachtung rechtliche Folgen für den Anweisenden nach sich ziehen.
Die Abneigung der Beschäftigten gegen die Verwendung von Zielvereinbarungen ist damit nach unserer Meinung leicht erklärbar. Die Vorgabe von Zielen degradiert den Unterstellten zum bloßen Erfüllungsgehilfen, weil der Leiter offenbar sein Handwerk nicht versteht. Natürlich leidet dann auch das Betriebsklima unter den Zwängen solcher fragwürdigen Führungsinstrumente.
Statt nach neuen Methoden der Umsetzung des Instrumentes Zielvereinbarungen zu suchen, sollte die AG „Zielvereinbarungen“ des Polizeipräsidiums Rostock sinnvoller nach Führungsfehlern und –Fehlverhalten suchen, um mit deren Behebung das offensichtlich angeschlagene Betriebsklima wieder zu verbessern. Eine gute Führung wird gekennzeichnet durch Fachkompetenz und Führungsqualität. Diese gilt es bei jeder Vorgesetzten und bei jedem Vorgesetzten zu stärken und zu entwickeln. Dabei sind Werte wie Offenheit, Intelligenz und Wissen sowie Einfühlungsvermögen von größter Wichtigkeit. Leicht abrechenbare, aber unlautere oder unsinnige Vorgaben verführen nur leichter zum inkompetenten Führungsverhalten und schaffen noch mehr Ja-Sager. Beides will zumindest offiziell niemand erreichen.
Auf die Ergebnisse der Arbeitsgruppen im Polizeipräsidium Rostock sind auch wir sehr gespannt.