Frauenförderung NRW
06.09.2016
Die „Hätten die Regierungsfraktionen im Landtag doch auf uns gehört. Nun haben sie das Kind sehenden Auges in den Brunnen fallen lassen. Wirklich gewonnen hat nämlich mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts derzeit niemand im Land. Gerade die Polizei NRW kann keine weiteren Nebenkriegsschauplätze gebrauchen. Die Herausforderungen der Verbrechensbekämpfung sind groß genug.“, resümiert der BDK-Landesvorsitzende Sebastian Fiedler kurz und knapp die gestrige Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zur neuen gesetzlichen Frauenförderung bei den NRW-Beamtinnen und -Beamten. Er hatte in der Vergangenheit bereits darauf hingewiesen, dass Frauenförderung nicht zur Männerdiskriminierung werden dürfe und dass die Ursachen der geringen Frauenanteile in Führungspositionen zunächst anschauen müsse, bevor man mit der Gießkannenmethode ein Gesetz über der kompletten NRW-Verwaltung ausgieße. "Frauenförderung - zum Erreichen echter Gleichbehandlung - ist sicher wichtig; aber man muß sie auch richtig machen. So haben die Regierungsfraktionen nur erreicht, dass gegenwärtig keine rechtmäßigen Beförderungsentscheidungen im Land getroffen werden können. Und das während die Anforderungen an den Polizeivollzugsdienst eine gesunde und leistungsstarke Personalentwicklung dringend erfordern.“, so Sebastian Fiedler.
„Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken“ hatten die Düsseldorfer Verwaltungsrichter in Bezug auf die neue Regelung im Landesbeamtengesetz NRW, als sie gestern in einer Eilentscheidung der Klage eines Oberkommissars des Landeskriminalamtes Recht gaben. Der Kollege sollte aufgrund der neuen gesetzlichen Frauenförderung nicht bei einer Beförderung berücksichtigt werden und klagte daher mit dem renommierten Verwaltungsrechtler und BDK-Anwalt Mark Fröse vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf.
Das Gericht befand, von einer an Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz orientierten Bestenauslese könne bei dem neuen Gesetz keine Rede mehr sein. Wie diese Bestenauslese ausgestaltet sein müsse, habe der Bund abschließend geregelt. Dem Land stünde nicht zu, eine abweichende Regelung zu treffen. Das Gericht machte sehr deutlich, dass es auch aus weiteren Gründen an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung zweifele. Es sei bereits fraglich, ob der Landtag hinreichend berücksichtigt habe, „dass der im Grundgesetz verankerte Leistungsgrundsatz auch dem öffentlichen Interesse an der Besetzung eines öffentlichen Amtes gerade mit dem leistungsstärksten Bewerber und damit auch der Sicherung der Qualität des öffentlichen Dienstes dient.“
Wie geht es nun weiter? Der Landtag hat die Behörden des Landes in eine Pattsituation manövriert, wie BDK-Anwalt Mark Fröse erläutert: „Trifft eine Behörde bei Beförderungen, bei denen Frauen und Männer konkurrieren und nicht ein Bewerber klar und eindeutig einen erheblichen Leistungsvorsprung hat, eine Auswahlentscheidung auf der aktuellen Gesetzesgrundlage tut sie das in Kenntnis der vom Verwaltungsgericht festgestellten Verfassungswidrigkeit. Anders entscheiden, als es die geltende Gesetzeslage hergibt, darf sie indessen aber auch nicht. Also ein Patt: Werden Beförderungen auf Grundlage des Gesetzes vorgenommen, klagen männliche Beamte mit Aussicht auf Erfolg. Treffen Behörden Beförderungsentscheidungen ohne Beachtung der angeblichen Frauenförderungen - und lassen dabei ein bestehendes Parlamentsgesetz unbeachtet, hätten Rechtsmittel von weiblichen Beamten Aussicht auf Erfolg. Im Ergebnis kann zur Zeit eigentlich niemand befördert werden.“ Rechtsanwalt Fröse stellt klar, dass es nun zwei Wege gibt einen rechtssicheren Zustand herzustellen: „Entweder der Landtag passt den § 19 Abs. 6 LBG in einem parlamentarischen Schnellverfahren unverzüglich an, indem er zum Beispiel den Satz 3 komplett herausnimmt oder wir müssen in einem (Eil-)Verfahren das Bundesverfassungsgericht anrufen, um dort die Aufhebung des Gesetzes zu erwirken.“
Der BDK-Landesvorsitzende Sebastian Fiedler hat hierzu bereits die Ministerpräsidentin sowie die Fraktionsvorsitzenden der im Landtag vertretenen Parteien angeschrieben. Er bat alle Beteiligten - auch die Oppositionsparteien - darum, trotz des anlaufenden Wahlkampfes im Interesse der Beamtinnen und Beamten auf parlamentarisches Getöse zu verzichten und schnellstmöglich einen rechtssicheren Zustand herzustellen. Mit Ruhm bekleckert haben sich in dieser Sache nur wenige Abgeordnete der SPD, die sich gegen den Strom stellten. In einer gemeinsamen Erklärung hatten die Abgeordneten Christian Dahm, Dennis Maelzer und Ernst-Wilhelm Rahe den Gesetzesentwurf abgelehnt.