„Entwicklung der linksextremen Szene im Hotspot Leipzig“
15.11.2022
Wo könnte man über dieses Thema besser referieren, als im Hotspot selbst, unserer Messestadt Leipzig. Und so kam es, dass am Anfang Oktober die Fachveranstaltungsreihe Kripo Konkret unter genau diesem Arbeitstitel einen Fachmann aus dem Dezernat 51 des Landeskriminalamtes Sachsen eingeladen hatte.
Herr Spitzner reiste aus Dresden an und sprach in einer sehr offenen, direkten und ruhigen Art erst einmal über die Aufgabenverteilung im Dezernat 5 seiner Heimatdienststelle.
Im Anschluss zeigten unterschiedliche Statistiken bezogen auf politisch motivierte Kriminalität im Freistaat Sachsen seit 2015 einen Trend, der die gespannten Zuhörerinnen und Zuhörer zum Nachdenken anregte. Spitzner verglich Deliktszahlen aus dem Bereich PMK - Links in Leipzig mit Fallzahlen u.a. aus Berlin und Hamburg. Hier befand sich Leipzig im Mittelfeld. Betrachtet man aber die sogenannten Häufigkeitszahlen als Maßstab, d.h. die Anzahl der Fälle je 100.000 Einwohner, so geht Leipzig mit Abstand in Führung.
Im Vortrag sehr eindrücklich enthalten waren Mitschnitte und Videos aus unterschiedlichen Fernsehberichten, es wurden darin zum Teil massive Steinbewürfe auf Beamtinnen und Beamten im Einsatzgeschehen der Leipziger Südvorstadt gezeigt. Auch Aufnahmen solcher Einsätze aus der Perspektive der Einsatzkräfte hinterließen die Zuhörer vorerst sprachlos im Raum.
Spitzner erläuterte sogenannte „Kleingruppentaktiken" und präsentierte Videoclips von wilden Zerstörungsorgien, welche durch die Szene als „Vergeltungsmaßnahmen“ und „Hausbesuche“ bezeichnet wurden und somit versuchten, den Anspruch auf gesellschaftliche Legitimation zu erlangen. Ohne Hemmungen wurden dabei ab ca. 2016 auch Teer und Buttersäure in Leipziger Wohnungen der vermeintlichen „Gegner“ versprüht. Der berüchtigte G20-Gipfel im Hamburg im Jahr 2017 mit den Angriffen auf die Infrastruktur des Staates, aber auch den unzähligen Sachbeschädigungen und Brandstiftungen im Stadtgebiet von Hamburg, waren ein vorläufiger Höhepunkt dieser gewaltsamen linksextremen Angriffe auf das Eigentum anderer und den Staat sowie dessen Organe und Bediensteten.
Worin liegen die Gründe für derartige gewalttätige Ausbrüche und wieso sind diese auf gewisse Stadtteile begrenzt? Die Antworten sind sehr vielschichtig, können nicht durch die Polizei allein gegeben werden. Vielmehr ist die Gesellschaft gefragt! Spitzner versuchte im Folgenden einige Themenfelder der linksextremen Ideologie, wie Gentrifizierung, Nazis, die Polizei und der Kapitalismus genauer zu beleuchten. Aber auch Schlagworte, wie Antimilitarismus, Queerfeminismus, Anti- Atom- und Umweltbewegungen, wie „Extinction Rebbellion“ oder „Fridays for Future“ sowie „Die letzte Generation“ sind Themenfelder. Die geplanten Vortragsstunden vergingen für die Zuhörerinnen und Zuhörer wie im Flug.
Leipzig erlebte den absoluten Höhepunkt im Brandanschlag auf einer Großbaustelle der CG - Gruppe und somit auf die Immobilienbranche mit einem Schaden von ca. 10 Millionen Euro. Hier wurde durch User auf einschlägig bekannten Internetplattformen, wie Indymedia, versucht eine Rechtfertigung für diese Gewalttaten zu deklarieren, welche letztlich auch im hinzugekommenen Überfall auf eine Immobilienmaklerin ihren absoluten und traurigen Gipfel fanden. Hier wurden eindeutige unsichtbare Grenzen durch die sogenannten Gentrifizierungsgegner überschritten.
Für ebenso bundesweites Aufsehen und Beachtung sorgt der andauernde Prozess um die Gruppe um Lina E. am Oberlandesgericht in Dresden. Unzählige, mehr als 70 Verhandlungstage schlagen derzeit zu Buche. Ausgang des Verfahrens - unbekannt. Ende eventuell April 2023 in Sicht.
Derzeit sicher scheint nur, dass mit Ausschreitungen zu rechnen ist bzw. es zu gewalttätigen Reaktionen aus dem Umfeld kommen kann, sollte es zu einer Verurteilung von Lina E. kommen. Bekannt ist auch, dass ein bundesweit sehr aktives und organisiert vorgehendes Antifa Rechercheteam Informationen sammelt und veröffentlicht, nicht selten über ihre vermeintlichen Gegnerinnen und Gegner, oftmals aber auch von Staatsbediensteten. Die Bereitstellung dieser personenbezogenen Informationen in der Öffentlichkeit begünstigt die Umsetzung gewalttätigen oder einschüchternden Verhaltens von Personen der Szene, die nicht selten eine „Menschenjagd“ als Folge haben.
Dies führt nicht zuletzt auch zu Einschüchterungen. Weitere Hintergründe und Einblicke scheint der Abschluss des Verfahrens gegen Lina E. erwarten zu lassen.
Verständliches Problem für viele Beamtinnen und Beamte ist, dass bei gerade solchen Gerichtsprozessen mit Klarnamen und personenbezogenen Daten der Zeugen gearbeitet wird und diese nicht selten sich im Nachgang dann im Internet ihre Veröffentlichungen finden. Eine neue Qualität des Phänomens zeigt auch, dass Angriffe im privaten Umfeld der Staatsdiener immer häufiger werden, so wurden abgeparkte Privatfahrzeuge vor Dienststellen bereits angegriffen oder diverse Mordaufrufe veröffentlicht. Eine Radikalisierung sei zu verzeichnen, Grenzen scheinen kaum mehr vorhanden, so Spitzner. Hier sollte dringend von Seitens der politischen Akteure darüber nachgedacht werden, wie man damit zum Schutz der eigenen Staatsdiener umgeht und ob hier im Sinne der Privatsphäre der Beamten, der Zeugen und/oder Geschädigten nicht eine Änderung der Gesetzeslage einhergehen sollte und kann. Daten-, Persönlichkeits-, und Privatsphärenschutz und somit Schutz derer Familien sollten vor allem in Richtung dieses Personenkreises gelten.
Am Ende galt es mal wieder festzustellen; ein bei genauerer Betrachtung nervenaufreibendes vielschichtiges Thema, ein geduldiger und guter Referent in einer tollen Location, sowie ein sehr gespanntes Publikum waren erschienen und zum wiederholten Male ging die Veranstaltungsreihe „Kripo Konkret“ erfolgreich zu Ende. Die abschließende Fragerunde hätte man noch weitere Stunden fortsetzen können. Wir bedanken uns hierfür ausdrücklich bei allen Anwesenden!