Einführung von Langzeitarbeitskonten
10.08.2020
Wie das Innenministerium in dieser Woche bekannt gab, werden nunmehr sogenannte Langzeitkonten bei der Polizei NRW eingeführt.
Das darf jedoch nur der Auftakt sein, das gegebene politische Versprechen umzusetzen. Minister Herbert Reul hatte mehrfach öffentlich betont, keine Stunde bei der Polizei werde verfallen. Nachdem er bereits bei einer Gelsenkirchener Beamtin sein Versprechen nicht einhalten konnte, schauen nun alle Polizeibeamtinnen und -beamten sehr genau auf die derzeit noch unbekannten Details der angekündigten Langzeitarbeitskonten.
Bislang bekannt ist lediglich, dass auf diesen Konten bis zu einem Jahr Arbeitszeit angesammelt werden kann. Diese kann in der Folge zur Reduzierung der Wochenarbeitszeit oder für eine längere Freiphase (bis zu sechs Monate) eingesetzt werden. Das eröffnet nicht nur die Möglichkeit, früher in den Ruhestand zu gehen. Auch die Option insgesamt die Lebensarbeitszeit beidseitig flexibler zu gestalten, ergibt sich daraus. So kann jeder seiner aktuellen persönlichen Lebenssituation besser gerecht werden und zum Beispiel Angehörige pflegen oder mehr Zeit für die Kindererziehung gewinnen.
Ab dem 60. Lebensjahr kann der Zeitausgleich nur genommen werden, wenn der Mitarbeiter weiterhin mindestens zu fünfzig Prozent arbeitet.
Die Langzeitarbeitskonten sollen bereits bestehende Gleitzeitkonten und andere Konten zur Zeiterfassung nicht ersetzen, sondern ergänzen.
Damit bearbeitet Innenminister Herbert Reul eine langjährige Forderung des BDK und der anderen Polizeigewerkschaften.
„Gut ist, dass Minister Reul ein politisches Ziel aus dem Koalitionsvertrag umsetzt und die Attraktivität des öffentlichen Dienstes im Auge behält. Wir haben ihm jedoch bereits mehrfach deutlich gemacht, dass es bei der Kriminalpolizei in NRW eine Minute vor 12 ist und eine echte Attraktivitätsoffensive erforderlich ist.“
sagt der Landesvorsitzende Sebastian Fiedler in einer ersten Stellungnahme.
Der BDK NRW wird die weitere Ausgestaltung der Langzeitarbeitskonten in der angekündigten Arbeitsgruppe konstruktiv kritisch begleiten. Anders als vom Innenministerium verlautbart, existiert diese bislang noch nicht.
Der BDK wird weiterhin Wert darauflegen, dass es zu einer abschließenden und großzügigen Regelung kommen muss. Bereits bestehende Überstunden müssen dauerhaft gesichert und entweder flexibel vergütet oder in Form von Freizeit abgegolten werden. Einen zweiten Fall „Gelsenkirchen“, bei der eine Beamtin im Ergebnis monatelang ehrenamtlich Schwerstkriminalität bekämpft hat, darf es nie wiedergeben.
„Die vielen Überstunden bei der Kriminalpolizei sind durch den eklatanten Personalmangel entstanden. Die Kripo hat seit Ewigkeiten einen überproportional hohen Anteil am Überstundenberg. Licht am Ende des Tunnels sehen wir nicht. Ein neues und noch immer kompliziertes Vorgangsbearbeitungssystem, riesige Vorgangsberge, immer mehr neue Aufgaben, Vorschriften, politische Wünsche und Qualitätsanforderungen schaffen schlechte Rahmenbedingung. Diese sind bei der Kripo in NRW derzeit so bedrückend, dass wir für einen der schönsten Berufe der Welt kaum Bewerber finden. Immer häufiger laufen Stellenausschreibungen der Kripo ins Leere. Als wäre das nicht schon schlimm genug, belasten gebrochene Zusagen des Ministeriums bei der Zuteilung von Personal und höherwertigen Stellen das Verhältnis zwischen Kripo und Minister derzeit erheblich.“
resümiert Sebastian Fiedler.