Die Saat des Misstrauens?
24.06.2020
Wenn Alltagssituationen wie die Kontrolle eines Rauschgifthändlers zu Solidarisierungsexzessen mit offener Gewalt gegen Einsatzkräfte und Plünderungen führen wie in Stuttgart, und diese in sozialen Medien noch als Heldentaten gefeiert werden, dann ist Vorsicht angesagt. Vorsicht bei der Wortwahl, Vorsicht bei der Auswahl der Zielgruppe, deren Gunst man erlangen will. Es muss Konsens sein, dass Gewalt kein Mittel der gesellschaftlichen Auseinandersetzung ist.
Kritisches Hinterfragen ohne Vorverurteilung ist eine Sache - pauschale Unterstellungen allerdings können böse Folgen haben. Widerstand gegen vermeintlich rassistisch oder anderweitig motivierte angeblich unberechtigte Polizeigewalt könnte in bestimmten Kreisen „salonfähig geredet werden“.
Die öffentliche Diskussion darf sich nicht darauf beschränken, Fehlverhalten oder vermeintliches Fehlverhalten von Einsatzkräften anzuprangern und nach längerem Prüfen und Nachdenken zu erklären, was vorher hätte anders gemacht werden müssen. Es kann nicht sein, dass Betroffene oder gar normalerweise vernunftorientierte Umstehende sich dadurch dazu hinreißen lassen, selbst zu entscheiden ob die Polizei das jetzt darf oder nicht, und dass Umstehende oftmals in das Geschehen eingreifen wollen und tatsächlich auch eingreifen.
Es muss gesellschaftlicher Konsens sein, dass bei erfolglosem Widerspruch gegen eine polizeiliche Maßnahme nicht Betroffene oder Umstehende entscheiden, wie die Polizei vorgehen darf. Eine Festnahme ist kein sportliches Kräftemessen und die Umstehenden sind nicht die Schiedsrichter. Der Rechtsstaat bietet eine ganze Palette an Möglichkeiten, polizeiliche Maßnahmen hinterher auf ihre Richtigkeit überprüfen zu lassen.
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Matthias Karsch
Landesvorsitzender