Die Kriminalpolizei im digitalen Zeitalter

26.03.2019

Im Zeitalter von Smartphones, Clouds, Verschlüsselung und Darknet werden wir zunehmend mit neuen Begehungsweisen von Straftaten konfrontiert. Speichermedien werden größer und billiger, riesige Datenmengen werden über das Internet transportiert und werden in aller Selbstverständlichkeit in Clouds hochgeladen. Die Verschlüsselung von Daten in der alltäglichen Kommunikation gewinnt immer mehr an Bedeutung. Kühlschränke, Kameras,Glühbirnen und cloudbasierte Lautsprecher sind miteinander vernetzt.In den Fahrzeugen der neuesten Generation reden wir mit Google, Siri und Co.
Die Kriminalpolizei im digitalen Zeitalter

Herzlich Willkommen in unserer schönen neuen Welt. Wir befinden uns im digitalen Zeitalter!

Wo Licht ist, ist bekanntermaßen aber auch Schatten. Kriminelle Handlungen im Internet und aus dem Internet heraus nehmen stetig zu. IT-Geräte werden dabei Tatmittel oder werden angegriffen. Denn unser polizeiliches Gegenüber nutzt geschickt die neuesten ihm zur Verfügung stehenden Werkzeuge und Methoden, sucht nach Lücken und ist dabei auch noch bestens vernetzt.

Die Aufgabe der Kriminalpolizei ist es, solche Straftaten zu erkennen, Täter und Täter-Gruppen dingfest zu machen und natürlich auch Straftaten vorzubeugen.

Die Bandbreite des digitalen Zeitalters wächst dabei beharrlich.


Die Polizei unseres Bundeslandes ist sich diesen Herausforderungen bewusst und reagierte unlängst mit der Einstellung speziell ausgebildeter Experten unter anderem in den Bereichen Cybercrime und IT-Forensik. Die Ausstattung dieser Bereiche mit Hard- und Software erfolgt, zumindest im LKA M-V, bedarfsgerecht und zeitnah.

Zusätzlich werden in den vier Kriminalpolizeiinspektionen (KPI) des Landes speziell geschulte Polizeibeamte eingesetzt, welche die Datensicherung von Mobiltelefonen vor Ort durchführen können und den Ermittlerinnen und Ermittlern zeitnah Ergebnisse zur Verfügung stellen.

Wo drückt denn nun der Schuh?

Wenn nach Straftaten jeglicher Art im Land neben den klassischen Spuren und Beweismitteln auch Smartphone, Tablet, PC und Speichermedien sichergestellt werden, sind sich die verantwortlichen Beamtinnen und Beamten bewusst: Hier könnten Spuren und Hinweise gespeichert sein, die der Aufklärung der Straftat dienlich sind. Man muss also voraussetzen, dass eine Ermittlerin oder ein Ermittler in der Lage ist, solche digitalen Spuren zu erkennen, zu analysieren und fallbezogen zu bewerten. Gerade die Auswertung von Kommunikationsdaten aus Smartphones ist dabei sehr vielschichtig und erfordert ein hohes Maß an speziellem Wissen und in Teilen auch sehr viel Zeit.

Um es kurz zum machen: Wir haben nach wie vor einen Mangel an digitaler Kompetenz.

Fast täglich hören wir zudem aus der Fläche, wie dürftig die einzelnen Kriminalkommissariate, Fachkommissariate und Dezernate mit entsprechender Technik ausgestattet sind. Entweder sind Rechner zur Auswertung und Analyse zu wenig oder gar nicht vorhanden oder die Arbeit kann nur mit veralteten Systemen erfolgen. Dann kommt auch noch die Administration dazwischen und erlaubt es den Mitarbeitern aus IT-Sicherheitsgründen nicht die Computer mit nützlicher Software zu bespielen. Es gibt aber auch Büros, in welchen aktuelle Hardware und Software zu finden ist!

Fast genauso oft erfahren wir, dass zur Auswertung solcher Daten wenig Zeit bleibt um in die Tiefe zu schauen und die Daten gründlich auszuwerten, was damit einhergeht, dass kein Personal für diese Aufgaben verfügbar ist. Beklagt wird auch die Belastung durch viele Vorgänge und die schleppende Datenaufbereitung durch die IT-Forensik. Die dort eingesetzten IT-Spezialisten schaffen es kaum noch sich mit ihren Kernaufgaben zu beschäftigen, da sie gegenwärtig in vielen Projektgruppen eingebunden sind. Datensicherung und Auswertung von Asservaten wird deshalb durch die Staatsanwaltschaften auch in einem gewissen Umfang an private Dienstleister ausgelagert, um an schnelle Ermittlungsergebnisse gelangen zu können. Das Ermittlungsverfahren wird dadurch, aus unserer Sicht, unnötig teuer.

Um Massendaten auswerten zu können, warten unsere Kolleginnen und Kollegen in den Kriminaldienststellen zudem seit Jahren schon auf eine landesweit einheitliche und vor allem anwenderfreundliche Lösung.

Andere Bundesländer sind uns bei diesem Thema leider schon um mehr als fünf Jahre voraus! Zugegeben das Thema ist komplex und viele Beteiligte in den Prozessen der Massendatenentgegennahme/-verarbeitung/-speicherung und -löschung gilt es zu berücksichtigen. Doch Daten in großen Mengen gibt es nicht erst seit gestern, sondern schon mindesten seit einem Jahrzehnt ist es absehbar gewesen, dass Datenvolumen von Speichermedien und Bandbreiten im Internet zunehmen werden.

Bei uns wird dabei immer noch mit Bindung von viel Personal in Projektgruppen gegrübelt, ob und in welcher Art die Polizei unseres Bundeslandes den Massendaten Herr werden will. Entsprechende kommerzielle Lösungen sind von verschiedenen Anbietern verfügbar. Warum also diese zähflüssige Entscheidungsfindung? Fakt ist: Benötigt wird ein System, welches in der Lage ist, große Datenmengen zu speichern, verschiedene Datenformate zu lesen und softwaregestützt zu analysieren, um schnell Zusammenhänge und Verknüpfungen bei Ermittlungen in Großverfahren zu erkennen.

Bleibt nur zu hoffen, dass die gestarteten Projekte in der Landespolizei nach Abschluss nicht in der Schublade verschwinden, weil es an Ressourcen wie etwa Geld und Personal mangelt. Denn eines sollte man sich vor jedem Projekt klar machen: Bevor man mit einem Projekt beginnt, sollte man die vorhandenen Ressourcen prüfen.

Die Kriminalpolizei unseres Landes muss den Herausforderungen des digitalen Zeitalter gewachsen sein.

Die Schulung und Weiterbildung zur Erlangung digitaler Kompetenzen muss weiter voran getrieben werden. Privates Engagement, wie ein IT-Studium sollten vom Dienstherrn unterstützt und belohnt werden. Auch der Aufstieg in den höheren Dienst mit einem Masterstudiengang aus einem nicht juristischen Fach sollte in der Führung überdacht werden, um hochqualifiziertes Personal in der Landespolizei langfristig zu halten und eine starke Identifikation mit der Landespolizei zu erreichen.

Zeitgemäße IT-Technik gehört in jedes Büro, Bedarfe müssen festgestellt und bei Mangel muss umgehend Abhilfe geschafft werden.

Eine landesweite Lösung zur Aufbereitung und Auswertung von Massendaten muss umgehend her.

Die Kriminalpolizei darf bei der Aufstockung von Personal nicht vergessen werden. Die Analyse digitaler Spuren ist in den meisten Fällen notwendig aber eben auch zeitaufwendig. Mehr Kriminalisten bedeuten auch mehr Luft für die jetzt schon am Limit arbeitenden Kolleginnen und Kollegen. Die nachhaltige spezialisierte Ausbildung junger Kolleginnen und Kollegen für den Einsatz in der Kriminalpolizei muss voran getrieben werden.

Projektarbeit ist wichtig, darf aber nicht zu Lasten des Kerngeschäftes unserer Polizei - der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr - führen.

Neue Themengebiete im digitalen Zeitalter sind Automotive-IT und das Internet der Dinge (IoT). Auch diese noch blinden Flecke gilt es auf der Karte schnellstmöglich mit Farbe zu füllen.

Digitale Kompetenz ist keine Einbahnstraße.

Jeder Polizistin und jedem Polizisten muss bewusst sein, dass ohne digitale Kompetenz die Ermittlung von Straftaten nicht mehr möglich ist. Zu viel vom alltäglichen Handeln hinterlässt digitale Spuren. So zeigte zum Beispiel in der jüngeren Vergangenheit wie Spuren eines Fitness-Armbandes zur Aufklärung eines Mordes verhalfen.

Wir als BDK sehen also nicht nur die verantwortlichen Entscheidungsträger in der Pflicht, sondern erwarten auch von den Kolleginnen und Kollegen Interesse und den Willen, sich den Herausforderungen des digitalen Zeitalters zu stellen.

 

Der Landesvorstand