Die dienstliche Regelbeurteilung – eine unendliche Geschichte
23.03.2017
In unserer Landespolizei stehen im aktuellen Jahr wieder die Regelbeurteilungen für alle Beamten und viele Tarifbeschäftigte an. Und damit beginnen auch wieder die alle drei Jahre stattfindenden Fragestunden. Auch drei nicht unwesentliche Fragen werden regelmäßig gestellt:
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Weshalb erfolgt eine Leistungseinschätzung in dieser Form?
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Was bedeutet diese Beurteilung für mich und meine Zukunft?
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Geht´s nicht auch anders oder einfacher?
Seit Jahrzehnten werden die Leistungen, Eignung und Befähigung von Beamten hauptsächlich durch die Erstellung einer dienstlichen Beurteilung bewertet. Diese regelmäßige Beurteilung entscheidet damit primär bei allen zukünftig anstehenden Personalentscheidungen. Grundlage für die Leistungseinschätzung ist ein verfassungsmäßiges Recht. Nach Artikel 33 Absatz 2 hat jeder deutsche Staatsangehörige nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte, frei nach dem Prinzip der Bestenauslese. Im Absatz 5 ist festgelegt, dass das Recht des öffentlichen Dienstes zu regeln und fortzuentwickeln ist.
Unbestritten sind Generationen von Beamtinnen und Beamten nach fast unveränderten Rahmenbedingungen beurteilt worden, wobei die Gerichte Formen, Inhalte oder Grenzen immer wieder präzisiert haben. Aber praxisaktuelle Beurteilungen bedeuten leider auch ein hohes Maß an Subjektivität, Stigmatisierung oder Fehleinschätzungen, was viele fähige Kolleginnen und Kollegen an einer zufriedenstellenden Karriere hindert und „vorgesetztennahen“ oder charakterlich wenig geeigneten Beschäftigten frei nach dem Peter-Prinzip zu Funktionen und Ämtern verhilft, die (weit) über ihren Fähigkeiten liegen.
Erst die gültige Rechtsprechung hat die Regelbeurteilungen zur fast ausschließlichen Entscheidungsgrundlage bei der Personalauswahl heraufstilisiert. Aufgrund des überall grassierenden Planstellenmangels führt diese strenge Vorgabe nach unserer Auffassung zu einer zumindest fraglichen Bedeutung der dienstlichen Beurteilungen und dank der Quotierung zu einer Chancenlosigkeit vieler Mitbewerber um andere oder besser bezahlte Stellen. In der heutigen Zeit der strengen Spezialisierung – leider vielfach von Verantwortlichen ausgeblendet – stört besonders die allumfassende Gemeingültigkeit dieser Art von Leistungseinschätzungen, wonach der herausragend Beurteilte auch alle Funktionen oder Stellen innerhalb einer Polizei ausfüllen kann. Auf der anderen Seite führen niedrigere Beurteilungsnoten nach gerade erfolgten Beförderungen oder die Einreihung eines Mitarbeiters in den Opferstatus eines mittelprächtigen „Eckpfeilerbeamten“ dazu, dass diese Beamten in den kommenden drei, sechs oder neun Jahren keine bis wenige Chancen besitzen, einen Beförderungsposten oder eine angestrebte Stelle zu ergattern. Denn im Vergleich der aktuellen Beurteilung ist vielfach keine Entscheidung möglich, so dass frühere Beurteilungen auf der Suche nach der oder dem Besten herangezogen werden müssen.
Selbst Entscheidungsträger sind nach unserer Kenntnis der Ansicht, dass die heutigen Beurteilungen nicht unbedingt eine brauchbare Leistungseinschätzung darstellen. Allerdings kommt dann unisono der Nachsatz, aber etwas anderes haben wir ja nicht. Was uns zur dritten Frage bringt.
Der Absatz 5 im Artikel 33 des Grundgesetzes könnte nach unserer Auffassung schon eine rettende Formel enthalten. Nach diesem Passus ist das Recht des öffentlichen Dienstes zu regeln und fortzuentwickeln, also auch die Art und Weise der Leistungsbewertungen. Wie üblich in Deutschland ist alles geregelt, es fehlt offenbar aber an der Fortentwicklung. Diesbezüglich dürfen schon Fragen gestellt werden.
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Entspricht eine Quotierung dem grundgesetzlichen Leistungsgedanken?
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Ist ein Vergleich aller Inhaber des gleichen Dienstranges einer Dienststelle, einer Behörde oder einer Polizei überhaupt möglich?
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Reicht nicht auch eine Einteilung wie etwa tauglich, bedingt tauglich und untauglich aus?
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Wird die Regelbeurteilung so herausgehoben, um sich umfangreiche Auswahlverfahren zu ersparen?
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Sind sich die Verantwortlichen des Fakts bewusst, dass viele aus den Beurteilungsrunden als Verlierer herausgehen, ohne das verdient zu haben?
Der Fragenkatalog könnte sicher noch erweitert werden und soll nur beispielhaft gelten.
Wir wollen einen Neuanfang wagen. Als Landesverband des BDK haben wir dem Ministerium unsere Vorschläge unterbreitet. Wir sahen es als gerechter an, für die Mitarbeiter einen Karriereplan zu entwickeln, der auf einer grundsätzlichen Einschätzung von Leistungen, Eignung und Befähigung fußt. Leider fanden diese Vorschläge kein Gehör. Wir werden als Landespolizei folglich weiter im Kreis rudern und noch mehr Unzufriedenheit rund um die dienstlichen Beurteilungen erzeugen.
Natürlich geben wir nicht auf. Wir erkennen darüber hinaus an, dass unsere Meinungen und Auffassungen zum Thema Beurteilung zum Teil provokant, aber eben auch innovativ sind. Nicht jeder muss und wird diese, unsere Auffassungen zu teilen vermögen. Wichtig ist schon, dass wir zunächst zum Nachdenken anregen und damit beginnen, eines der wesentlichsten Probleme in unserer Polizei zu lösen.